Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 173
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Nach IAS 12.38 müssen beim Investor latente Steuern abgegrenzt werden, die durch die Anwendung der Equity-Methode entstehen. Nach IAS 12 sind nicht nur zeitliche Differenzen abzugrenzen, die sich in absehbarer Zeit umkehren, sondern alle sog. temporären Differenzen, dh. sämtliche Differenzen zwischen den Steuer(bilanz)werten der Vermögenswerte und ihren Buchwerten in der IFRS-Bilanz, die sich während der Lebensdauer des Unternehmens ausgleichen können, also sowohl zeitliche als auch quasi-permanente Differenzen (IAS 12.15 und IAS 12.24). Solche Differenzen können zum einen durch Periodenverschiebungen (zB zwischen der Entstehung und der Ausschüttung des Gewinns) und zum anderen durch unterschiedlich hohe Erträge und Aufwendungen im steuerlichen Abschluss und im IFRS-Abschluss oder erfolgsneutrale Buchwertänderungen von Vermögenswerten und Schulden im IFRS-Abschluss auftreten (zB durch die Auflösung stiller Reserven).
Zu unterscheiden ist zwischen sog. inside basis differences I, inside basis differences II und outside basis differences: Inside basis differences I entstehen bei dem at equity bilanzierten Unternehmen auf Einzelabschlussebene aus Differenzen zwischen den Wertansätzen in der IFRS-Bilanz und der Steuerbilanz, mithin sind diese bereits im IFRS-Einzelabschluss des Beteiligungsunternehmens enthalten. Diese latenten Steuern werden lediglich indirekt bei der Ermittlung des Equity-Werts als Vermögenswerte und Schulden bei der Ermittlung des Reinvermögens des Beteiligungsunternehmens berücksichtigt.
Inside basis differences II resultieren bei at equity bilanzierten Unternehmen aus der Aufdeckung anteiliger stiller Reserven und stiller Lasten im Rahmen der Neubewertung des Reinvermögens. Diese latenten Steuern werden lediglich in der außerbilanziellen Nebenrechnung dokumentiert und nicht separat im Konzernabschluss ausgewiesen. Bei einer etwaigen Schuldenkonsolidierung und einer Zwischenergebniseliminierung können ebenfalls inside basis differences II entstehen.
Outside basis differences sind temporäre Differenzen zwischen dem steuerlichen Beteiligungsbuchwert des Investors und dem Equity-Wert im IFRS-(Konzern-)Abschluss, die regelmäßig bei Gewinnthesaurierungen entstehen und sich insoweit bei späteren Gewinnausschüttungen auflösen. Für outside basis differences hat das beteiligte Unternehmen grundsätzlich latente Steuern zu bilanzieren (vgl. Lienau, 2006, S. 198–201). Bei outside basis differences ist zu unterscheiden, ob latente Steuern
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bei der erstmaligen Anwendung der Equity-Methode auftreten oder |
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in den Folgejahren bei der Wertfortschreibung. |
Tz. 174
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Ad 1) Latente Steuern bei der erstmaligen Anwendung der Equity-Methode:
Werden die Anteile an einem assoziierten Unternehmen oder einem Gemeinschaftsunternehmen zu einem Zeitpunkt erworben (Erwerb in einem Schritt), entstehen idR keine temporären Differenzen beim Equity-Wert, wenn die Beteiligung im IFRS-Abschluss und in der Steuerbilanz zunächst jeweils mit den Anschaffungskosten erfasst wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Anschaffungskosten der Anteile den vom Investor erworbenen Anteil am neubewerteten Reinvermögen des Beteiligungsunternehmens übersteigen, sodass in der Nebenrechnung zur (Konzern-)Bilanz ein Geschäfts- oder Firmenwert ausgewiesen wird (hierzu vgl. Tz. 94). Im Falle eines passiven Unterschiedsbetrags wird der Beteiligungsbuchwert hingegen erfolgswirksam erhöht (hierzu vgl. Tz. 96). In diesem Fall entsteht zwischen dem IFRS-Buchwert und dem Steuerwert der Beteiligung eine temporäre Differenz, die nach den Regelungen des IAS 12.39 zu behandeln ist (vgl. hierzu IFRS-Komm., Teil B, IAS 12, Tz. 68). Bei sukzessivem Anteilserwerb kann es ebenfalls zu temporären Unterschieden zwischen dem Buchwert und dem Steuerwert der Beteiligung kommen, welche die Bilanzierung einer latenten Steuer erfordern, vorausgesetzt die Anforderungen des IAS 12.39 sind erfüllt (zu diesen Anforderungen vgl. Tz. 175).
Tz. 175
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Ad 2) Latente Steuern bei der Fortschreibung der Equity-Methode:
Bei Anwendung der Equity-Methode im (Konzern-)Abschluss und der Anschaffungskostenmethode in der Steuerbilanz des Investors entstehen latente Steuern durch die Fortschreibung des Beteiligungsbuchwerts des assoziierten Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens. Wenn das Beteiligungsunternehmen einen Teil seines Jahresüberschusses thesauriert, weicht der Gewinn oder Verlust in der Steuerbilanz des Investors und im IFRS-(Konzern-)Abschluss voneinander ab. Nach IAS 12.42 iVm. IAS 12.38f. führen einbehaltene Jahresüberschüsse im Regelfall zu abgrenzungspflichtigen zu versteuernden temporären Differenzen, welche den Ansatz einer passiven latenten Steuer erfordern. Passive latente Steuern sind nur dann nicht anzusetzen, wenn
- das beteiligte Unternehmen den Zeitpunkt der Auflösung der temporären Differenz bestimmen kann (IAS 12.39 (a)) und
- sich die temporäre Differenz in absehbarer Zukunft vora...