Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Moritz Nonnast
Tz. 27
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Seit dem Inkrafttreten von IFRS 13, der standardübergreifend die Bewertung von Vermögenswerten und Schulden zum beizulegenden Zeitwert regelt, sind in IAS 41 nur noch einzelne, IFRS 13 ergänzende Bewertungsregeln enthalten. Entsprechend wird im Hinblick auf detaillierte Ausführungen zur Bewertung zum beizulegenden Zeitwert auf die in diesem Werk enthaltene Kommentierung zu IFRS 13 verwiesen (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13). Im Folgenden wird daher nur ein Überblick über die Spezifika der Bewertung biologischer Vermögenswerte gegeben, wobei der Fokus auf den in IAS 41 enthaltenen Spezialvorschriften zur Bewertung biologischer Vermögenswerte und landwirtschaftlicher Erzeugnisse liegt.
Tz. 27a
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Bis zum Inkrafttreten von IFRS 13 war der Begriff des beizulegenden Zeitwerts eigenständig in IAS 41 – ebenso wie in verschiedenen anderen Standards (zB in IAS 38, IAS 39 und IAS 40) – definiert als der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden kann (IAS 41.8 aF). In IAS 41.8 wird auch weiterhin der Begriff des beizulegenden Zeitwerts definiert, wobei diese Definition durch die Definition in IFRS 13 ersetzt wurde (IAS 41.8 iVm. IFRS 13.9). Im Zuge der Einführung von IFRS 13 wurde auch IAS 41.9 aF gestrichen, in dem vorgeschrieben wurde, dass Transportkosten bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts von biologischen Vermögenswerten oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen abgezogen werden müssen. Die Berücksichtigung von Transportkosten im Rahmen der Fair-Value-Bewertung ist nunmehr konkretisierend in IFRS 13.11 (a) und IFRS 13.26 geregelt (vgl. hierzu auch IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 18 f. und 36f.; IFRS 13.IE18–23). So entspricht zB der beizulegende Zeitwert eines noch auf dem Hof befindlichen Rinds seinem Marktpreis abzüglich der Transportkosten, die erforderlich sind, um das Rind an den für den Verkauf relevanten Ort zu bringen. Zu beachten ist jedoch, ob es sich bei dem ermittelten Marktpreis nicht bereits um einen sog. "farm gate"-Preis handelt, in dem etwaige Transportkosten definitionsgemäß nicht enthalten sind, sodass die genannten Kosten nicht fälschlicherweise doppelt berücksichtigt werden (vgl. Schulte, PiR 2013, S. 252; FAO, Concepts on price data, o.S.).
Tz. 28
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Der gem. IFRS 13 ermittelte beizulegende Zeitwert ist für Zwecke der Bewertung von biologischen Vermögenswerten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen allerdings nur ein Zwischenschritt, da unter IAS 41 fallende Vermögenswerte mit ihrem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to sell) zu bewerten sind (IAS 41.12f.). Der Grund für den Abzug der Veräußerungskosten dürfte darin zu sehen sein, dass den Abschlussadressaten Informationen über die dem bilanzierenden Unternehmen aus den Vermögenswerten zufließenden Nettozahlungsströme zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Standardsetzer hat auf diese Weise uE einen vorsichtigeren Wertansatz vorgeschrieben, als eine Bewertung lediglich zum beizulegenden Zeitwert liefern würde. Der IASB selbst gibt im Anhang zu IAS 41 eine Erklärung für die Absetzung der Veräußerungskosten. Demnach könnte das Versäumnis, die Veräußerungskosten vom beizulegenden Zeitwert abzuziehen, dazu führen, dass ein etwaiger Verlust in spätere Perioden verlagert wird (vgl. Basis for IASC’s Conclusions on IAS 41, Tz. B26, in der es heißt: "[…] in particular, failure to deduct estimated point-of-sale costs could result in a loss being deferred"). So wäre bspw. direkt bei Einbuchung eines erworbenen biologischen Vermögenswerts ein Verlust zu erfassen, wenn der Kaufpreis dieses Vermögenswerts seinem beizulegenden Zeitwert entspräche, bei einem etwaigen späteren Verkauf (bei unverändertem beizulegenden Zeitwert) aber (voraussichtlich) eine Provision oder Gebühr anfiele (vgl. Tz. 53f.). Der Verlust in Höhe dieses Betrags wäre auch dann zu erfassen, wenn das Unternehmen gar kein Interesse daran hätte, den Vermögenswert wieder zu veräußern, bspw. im Falle von Zuchtvieh.
Tz. 29
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Entsprechend den im Anhang A zu IFRS 5 (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 5, Tz. 79) sowie in IAS 36.6 (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 36, Tz. 10) zu findenden Definitionen werden Veräußerungskosten (cost to sell) in IAS 41.5 definiert als zusätzliche Kosten, die dem Verkauf eines Vermögenswerts direkt zugeordnet werden können (incremental costs directly attributable to the disposal of an asset). Finanzierungskosten und Ertragsteuern sind hiervon jedoch explizit ausgenommen. Um eine doppelte Berücksichtigung von Ausgaben zu vermeiden, sind unter zusätzlichen Kosten nur solche Ausgaben zu verstehen, die nicht bereits bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts berücksichtigt wurden (vgl. hier und im folgenden Satz IAS 41.BC3; PwC, Manual of accounting 2021, FAQ 33.19.1). Mithin sind Transportkosten keine zu...