Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 1
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
IFRS 10 Consolidated Financial Statements enthält Grundsätze zur Darstellung und Aufstellung von Konzernabschlüssen bei Unternehmen, die ein oder mehrere Unternehmen beherrschen. Der IASB veröffentlichte den IFRS 10 im Mai 2011. Gemeinsam mit IFRS 10 veröffentlichte der IASB im Mai 2011 zwei weitere neue Standards, IFRS 11 Joint Arrangements und IFRS 12 Disclosure of Interests in Other Entities, sowie Ergänzungen zu IAS 28 Investments in Associates and Joint Ventures (amend. 2011) und umfassende Änderungen zu IAS 27 Separate financial Statements (rev. 2011).
Tz. 2
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
IFRS 10 war erstmals für Perioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2013 begannen (IFRS 10.C1), wobei in der EU der Erstanwendungszeitpunkt seinerzeit auf den 1. Januar 2014 verschoben wurde. Am 29. August 2012 hat sich die EFRAG gegenüber der Europäischen Kommission dafür ausgesprochen, den verpflichtenden Anwendungszeitpunkt von IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12 inklusive der im Juni 2012 veröffentlichten Änderungen zu diesen Standards vom 1. Januar 2013 auf den 1. Januar 2014 zu verschieben (vgl. Pressemitteilung zu EFRAG's Final Endorsement Advice vom 29. August 2012; EFRAG, EU endorsement status report, Stand: 30. December 2012). Die Europäische Kommission nahm IFRS 10 dann am 11. Dezember 2012 an (vgl. EFRAG, EU endorsement status report, Stand: 29. Dezember 2012). Im Ergebnis kam es hierdurch zu einem Auseinanderfallen der Rechnungslegung nach EU-IFRS und Full-IFRS um ein Jahr. Eine vorzeitige Anwendung von IFRS 10 war zulässig, wenn IFRS 11, IFRS 12, IAS 27 (rev. 2011) und IAS 28 (amend. 2011) ebenfalls zeitgleich frühzeitig angewandt wurden (IFRS 10.C1). Sofern ein Unternehmen die Standards bereits früher anwandte, war dies anzugeben.
Tz. 3
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
IFRS 10 ersetzte die Vorschriften von IAS 27 Consolidated and Separate Financial Statements (amend. 2008), die vormals die Bilanzierung von Konzernabschlüssen regelten, sowie SIC-12 Consolidation – Special Purpose Entities zur Konsolidierung von Zweckgesellschaften (IFRS 10.C8f.). IAS 27 (rev. 2011) erfasst seitdem nur noch die Regelung der Bilanzierung von Tochterunternehmen, gemeinschaftlich geführten Unternehmen und assoziierten Unternehmen im Einzelabschluss des Mutterunternehmens.
Tz. 4
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Ein Mutterunternehmen stellt nach IFRS 10 einen Konzernabschluss auf, in dem die Vermögenswerte, die Verbindlichkeiten und das Eigenkapital, die Erträge und die Aufwendungen sowie Cashflows des Mutterunternehmens und seiner Tochterunternehmen konsolidiert werden, als ob es sich um eine einzige wirtschaftliche Einheit handelt. Ein Konzern ieS. besteht aus einem Mutterunternehmen und seinen Tochterunternehmen, dh. den Unternehmen, die von dem Mutterunternehmen beherrscht werden.
Tz. 5
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Die Konzernrechnungslegung unter IFRS wandelte sich von einer anfangs (bei Einführung der damaligen IAS) vergangenheitsorientierten Rechnungslegung zu einer "Gesamtunternehmens(erfolgs)rechnung mit prospektiven Indikationscharakter" (Hayn, S., BFuP 2005, S. 427) und legt heute den Fokus auf ein Ansatzkonzept, welches Vermögenswerte und Schulden in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt (sog. asset/liability approach). In Übereinstimmung mit diesem Veränderungsprozess veröffentlichte der IASB bereits am 10. Januar 2008 eine geänderte Fassung von IFRS 3 Business Combinations, IFRS 3 (revised 2008), und Ergänzungen zu IAS 27 Consolidated and Separate Financial Statements, IAS 27 (amend. 2008). Diese Änderungen wurden in der zweiten Phase des Projekts Business Combinations gemeinsam mit dem US-amerikanischen Standardsetzer, dem Financial Accounting Standards Board (FASB), entwickelt. Die Europäische Kommission übernahm die geänderten Standards am 12. Juni 2009.
Tz. 6
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Darüber hinaus hatte der IASB bereits im Jahr 2002 ein Projekt Consolidation auf seine Agenda genommen, um Unterschiede in der Anwendungspraxis (divergence in practice) von IAS 27 (amend. 2008) und SIC-12 zu beseitigen. So sollten vor allem Konstellationen adressiert werden, in denen Beherrschung auch ohne Mehrheit der Stimmrechte vorlag, sowie Konstellationen, in denen Prinzipal-Agenten-Beziehungen vorliegen. Zudem sollte der Konflikt zwischen der Anwendung des Beherrschungskonzepts in IAS 27 (amend. 2008) und des Risk-and-Rewards-Konzepts in SIC-12 gelöst werden. SIC-12 sollte ursprünglich nur eine Interpretation des IAS 27 (amend. 2008) sein. In der Praxis ergänzt(e) SIC-12 indes IAS 27 (amend. 2008) für einen eng definierten Anwendungskreis. Ein weiterer Grund für die Überarbeitung der Standards zu Konzernabschlussfragen und entsprechenden Angaben war die weltweite Finanzmarktkrise seit dem Jahr 2007. Vertreter der G7- und später der G20-Länder, des Financial Stability Board und andere baten daraufhin den IASB, die Bilanzierungs- und Angabepflichten vor allem für sog. off balance sheet vehicles zu überprüfen. Neben de...