Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 1
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Der Einfluss eines Investors auf Tochterunternehmen, gemeinschaftliche Vereinbarungen (gemeinschaftliche Tätigkeiten und Gemeinschaftsunternehmen), assoziierte Unternehmen und Beteiligungen nimmt stufenweise ab. Auf die in diesem Abschnitt zu behandelnden assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen übt der Investor keine alleinige Kontrolle (wie bei Tochterunternehmen), sondern lediglich einen maßgeblichen Einfluss bzw. gemeinschaftliche Beherrschung aus. Das Konzept der Vollkonsolidierung kann bei assoziierten Unternehmen und auch bei Gemeinschaftsunternehmen nicht vollumfänglich angewendet werden, da dem Investor die alleinige Kontrolle und häufig außerdem die dafür nötigen Informationen fehlen. Bei der Rechnungslegung über assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen sollen die Beteiligungsbeziehungen im Konzernabschluss nach IFRS so dargestellt werden, dass der Konzernabschluss den maßgeblichen Einfluss bzw. die gemeinschaftliche Beherrschung des Investors auf das assoziierte Unternehmen bzw. das Gemeinschaftsunternehmen widerspiegelt.
Tz. 2
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Die Equity-Methode besitzt einen hybriden Charakter, da sie sowohl Elemente einer Bewertungs- als auch einer Konsolidierungsmethode umfasst (ausführlich vgl. Tz. 73). Anders als bei der Vollkonsolidierung werden bei der Equity-Methode keine Vermögenswerte, Schulden, Aufwendungen und Erträge in den Konzernabschluss einbezogen. Die Konzernbilanz weist nur einen (Equity-)Wert als Saldo aus, hinter dem "gedanklich" die anteilig erworbenen Vermögenswerte und Schulden des assoziierten Unternehmens stehen. In den Folgeperioden orientiert sich die Bewertung der Beteiligung an der Entwicklung des Eigenkapitals (equity) des assoziierten Unternehmens bzw. des Gemeinschaftsunternehmens. Das Prinzip der Equity-Methode ist, dass der Beteiligungsbuchwert in den Folgeperioden entsprechend der Entwicklung des anteilig erworbenen Eigenkapitals des Beteiligungsunternehmens fortgeschrieben wird. Als Grundlage hierfür werden im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Equity-Methode in einer Nebenrechnung zur Bilanz die erworbenen stillen Reserven und Lasten aufgedeckt, wobei ähnlich wie bei der Kaufpreisallokation im Rahmen der Vollkonsolidierung eines Tochterunternehmens vorzugehen ist. Da die Technik der Abbildung der Beteiligung nach der Equity-Methode insgesamt deutlich über die der "normalen" Beteiligungsbewertung (also der Bewertung zum fair value) hinaus geht – zB sind auch Zwischenergebniseliminierungen in gewissem Umfang vorzunehmen –, bezeichnet man die Equity-Methode auch als Einzeilenkonsolidierung (one-line-consolidation).
Tz. 3
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Alternativ zur Equity-Methode wäre es ebenfalls denkbar, assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen – analog zu einfachen Beteiligungen gemäß IFRS 9 – zum beizulegenden Zeitwert oder aber zu Anschaffungskosten im Konzernabschluss abzubilden (zur Bilanzierung von Beteiligungen im Überblick vgl. Tz. 45). Die Tatsache, dass der Investor – im Gegensatz zu einer einfachen Beteiligung – auf das Beteiligungsunternehmen einen stärkeren, maßgeblichen Einfluss oder sogar gemeinschaftliche Beherrschung ausüben kann, bliebe in beiden Fällen vollständig unberücksichtigt, da sich dann die Bilanzierung von assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen nicht von der Bilanzierung einfacher Beteiligungen unterscheiden würde.
Die Anwendung der Anschaffungskostenmethode bei assoziierten Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen ist vor allem deshalb abzulehnen, da die hierbei vorliegenden Informationen über die Dividendenzahlungen des assoziierten Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens an die Investoren nicht genügend aussagefähig sind, um den Nutzen abzubilden, den der Investor mit dem Anteilsbesitz verbindet, denn die Dividenden enthalten ex definitione nicht die thesaurierten Gewinne des Beteiligungsunternehmens. Der IASB stellt diesbezüglich in IAS 28.11 explizit fest, dass die Erfassung von Erträgen auf Basis von Dividendenzahlungen nur indirekt Rückschlüsse auf die Ertragslage eines Unternehmens zulasse, da zwischen der Ertragskraft des assoziierten Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens und den Dividendenzahlungen an die Investoren nicht zwangsläufig ein Zusammenhang bestünde. Besitze der Investor einen maßgeblichen Einfluss auf das Beteiligungsunternehmen oder übe er gemeinschaftliche Beherrschung aus, so werde der auf ihn entfallende Teil der Ertragskraft des Beteiligungsunternehmens nur angemessen im Konzernabschluss widergespiegelt, indem der Investor den Umfang seines Abschlusses um seinen Ergebnisanteil am assoziierten Unternehmen oder am Gemeinschaftsunternehmen erweitert. Vor diesem Hintergrund kommt der IASB zu dem Ergebnis, dass im Fall eines assoziierten Unternehmens die Anwendung der Equity-Methode zu einer besseren Darstellung des Nettovermögens und des Gewinns oder Verlusts des betrachteten Beteiligungsunternehmens führ...