Prof. Dr. Bernhard Pellens, Thorben Bonn
Tz. 1
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Der Standard IAS 33 – Earnings per Share gibt Leitlinien für die Ermittlung und Präsentation von Earnings per Share-Kennzahlen vor. Mit Hilfe dieser Informationen soll der Adressat in die Lage versetzt werden, die Ertragskraft eines Unternehmens (performance) sowohl im Zeitablauf als auch mit anderen Unternehmen besser vergleichen zu können (IAS 33.1). Hierzu enthält der Standard konkrete Regelungen zur Berechnung von Zähler und Nenner der auf Jahresabschlussdaten basierenden Kennzahl Earnings per Share (EPS):
EPS werden in Kombination mit der branchendurchschnittlichen Kennzahl Price-Earnings-Ratio (Kurs-Gewinn-Verhältnis)
insb. von Finanzanalysten aber auch in der Tagespresse überaus häufig als Indikator für die Aktienbewertung verwendet (vgl. zB Perridon et al., 2017, S. 249f.; allgemein Coenenberg et al., 2021, S. 1231ff.; Küting/Weber, 2015, S. 307ff.; Büschgen, WPg 1967, S. 85ff.; Schulte, 2011, S. 312ff.). Ausgehend von den tatsächlichen EPS des abgelaufenen Geschäftsjahres werden aus den publizierten Unternehmensdaten und aus makroökonomischen Analysen für das laufende und die folgenden Geschäftsjahre EPS-Schätzungen für Unternehmen abgeleitet. In Verbindung zB mit der branchendurchschnittlichen Price-Earnings-Ratio werden künftige Aktienkursentwicklungen prognostiziert und entsprechende Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen ausgesprochen, die aufgrund der hierauf folgenden Investitionsentscheidungen der Aktienmarktteilnehmer den jeweiligen Aktienkurs eines Unternehmens beeinflussen (vgl. White et al., 2003, S. 698ff.; Busse von Colbe et al. (Hrsg.), 2000, Tz. 6; Reinhart, IStR 1998, S. 641ff.; Wahlen/Baginski/Bradshaw, 2014, S. 244ff.; Glieder, 1999, S. 166).
Aufgrund ihrer hohen Bedeutung für die Finanzmarktkommunikation stellen die EPS die einzige Kennzahl dar, deren Berechnung und Präsentation durch den IASB reguliert wird. IAS 33 wurde bereits im Jahr 1997 verabschiedet und seitdem mehrmals im Detail verändert. So wurde im Jahr 2003 zwar eine Neufassung des IAS 33 im Zuge des Improvements Projects veröffentlicht. Diese ließ jedoch die grundlegenden Prinzipien der EPS-Berechnung unberührt. Vielmehr wurden die bestehenden Regelungen in Bezug auf bestimmte Sonderfälle konkretisiert (zB die Behandlung von bedingt emissionsfähigen Aktien) und um zusätzliche Rechenbeispiele erweitert. Dabei wurden auch die Regelungen der bis dahin bestehenden Interpretation SIC-24 – Financial Instruments and Other Contracts that May Be Settled in Shares in IAS 33 eingearbeitet (vgl. IASB, Improvements to International Accounting Standards, 2003, S. 466). Im Jahr 2007 führte die Überarbeitung des IAS 1 dazu, dass die Terminologie innerhalb der gesamten IFRS und somit auch in IAS 33 angepasst werden musste (zB Bezeichnungen der Rechenwerke).
Tz. 2
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
In den USA wurden wegen des hohen Stellenwertes der EPS-Kennzahl für die Aktienbewertung und nicht zuletzt auch für die Managemententlohnung schon früh detaillierte Vorschriften zur Ermittlung und Veröffentlichung von EPS erlassen und im Zeitablauf überarbeitet. Aktuell sind für die Berechnung und Präsentation nach US-GAAP die Regelungen des ASC 260 (früher SFAS 128) maßgeblich. Da dieser Standard in Zusammenarbeit mit dem IASB (seinerzeit noch IASC) erarbeitet wurde, entsprechen die Regelungen weitgehend denen von IAS 33 (vgl. Kieso et al., 2013, S. 904; Wagenhofer, 2009, S. 483; Glieder, 1999, S. 166ff.; Knorr, WAR, April 1996, S. 2f.; Knorr; Accountancy, April 1997, S. 67; Meeting/Law/Luecke, JoA, August 1997, 61ff.).
Tz. 3
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Außerhalb der IFRS-Rechnungslegung ist die Ermittlung und Veröffentlichung von EPS in Deutschland (zB innerhalb des HGB) gesetzlich nicht vorgeschrieben. Seit 1991 existierte lediglich eine von der DVFA gemeinsam mit der Schmalenbach-Gesellschaft (SG) erstellte Empfehlung zur Ermittlung eines Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG (vgl. Busse von Colbe et al. (Hrsg.), 2000, Tz. 1ff., Gemeinsame Arbeitsgruppe der DVFA und Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1998, S. 2537ff.) Seit Inkrafttreten der IAS-VO in der EU ist das Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG für die Berichterstattung deutscher Unternehmen nicht mehr relevant.