Dr. Stefan Bischof, Prof. Dr. Sven Sterzenbach
Tz. 2
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
IAS 23 regelt die bilanzielle Behandlung von Fremdkapitalkosten und sonstiger mit der Fremdkapitalaufnahme in Verbindung stehender Kosten einschließlich der Angabepflichten im Anhang (IAS 23.2). Die tatsächlichen oder kalkulatorischen Kosten des Eigenkapitals einschließlich solcher bevorrechtigter Kapitalbestandteile, die nicht als Schuld zu qualifizieren sind, sind nicht Gegenstand dieses Standards (IAS 23.3; vgl. Tz. 26f.). Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital richtet sich nach den einschlägigen Regelungen des IAS 32 (vgl. Tz. 27). Das bedeutet, dass alle Ausschüttungen oder sonstigen Zahlungen im Zusammenhang mit Eigenkapitalinstrumenten iSv. IAS 32 nicht in den Regelungsbereich des IAS 23 fallen. Qualifizieren Finanzinstrumente nach IAS 32 als finanzielle Verbindlichkeit, auch wenn es sich um Anteile handelt, die nach lokalem Recht Eigenkapital darstellen, so erfüllen die darauf entfallenden Dividenden die Kriterien für Fremdkapitalkosten nach IAS 23.5, da diese Dividenden nach IAS 32.35f. als Aufwand zu erfassen sind (vgl. IDW, 2016, Tz. 10).
Der Standard differenziert nicht zwischen Anschaffungs- oder Herstellungsvorgängen, so dass Fremdkapitalkosten sowohl bei der bilanziellen Ermittlung der Anschaffungskosten als auch der Herstellungskosten Berücksichtigung finden können (s. a. IAS 23.8, wo auf den Erwerb, Bau oder Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes abgestellt wird). Eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten im Rahmen von Erwerbsvorgängen kommt bei Vermögenswerten in Betracht, deren Herstellung einen beträchtlichen Zeitraum erfordert und für die Abschlagszahlungen geleistet werden. Indes gelten hier die gleichen Voraussetzungen, wie wenn der Vermögenswert vom Unternehmen selbst erstellt worden wäre, dh., das Leisten etwa von Vorauszahlungen ist für den Beginn der Aktivierung nicht hinreichend, sondern der Dritte muss mit den Tätigkeiten, um den Vermögenswert in den gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen, begonnen haben.
Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten nach IAS 23.7 ist nicht auf langfristige Vermögenswerte iSv. IAS 1, zB Sachanlagen oder immaterielle Vermögenswerte beschränkt, obgleich dies der Anwendungsschwerpunkt in der Praxis darstellen dürfte. Grundsätzlich sind bspw. auch Vorräte von den Regelungen des IAS 23 betroffen, sofern ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um sie in einen verkaufsfähigen Zustand zu versetzen (IAS 23.7). Dementsprechend sind nach IAS 2.17 auch die Fremdkapitalkosten in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vorräten einzubeziehen, sofern die in IAS 23 niedergelegten Vorschriften zur Anwendung gelangen.
Tz. 3
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IAS 23.4 enthält für zwei Sachverhalte eine Ausnahme von der zwingenden Aktivierungspflicht von Fremdkapitalkosten, obgleich diese unter die Definition eines qualifizierten Vermögenswerts fallen; eine freiwillige Aktivierung von Fremdkapitalkosten ist iSe. Bilanzierungs- und Bewertungsmethode in diesen Fällen gleichwohl zulässig. UE ist dies jedoch aufgrund des Stetigkeitsgebots nur einheitlich für die jeweiligen Sachverhalte zulässig, bspw. einheitlich für alle Vorräte, die an sich unter die Ausnahmeregelung fallen.
Die Anwendung von IAS 23 ist erstens nicht bei solchen Vorräten erforderlich, die wiederholt in großen Mengen gefertigt oder auf andere Weise hergestellt werden (IAS 23.4 (b)). Die gilt auch dann, wenn ihre Fertigung oder Herstellung einen beträchtlichen Zeitraum bis zur Verkaufsreife in Anspruch nimmt: IAS 23.4 (b) nimmt insofern keine Einschränkung vor. Relevant ist dies etwa bei der Herstellung von Flugzeugen oder bei Produkten, die eine längere Lager- bzw. Reifezeit benötigen, wie Käse, Wein oder Whiskey. Begründet wird diese Ausnahmevorschrift mit dem hohen Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung und buchhalterischen Handhabung solcher Fremdkapitalkosten (IAS 23.BC 6).
Tz. 4
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Gleiches gilt zweitens für sämtliche qualifizierte Vermögenswerte, die zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, wie zB biologische Vermögenswerte nach IAS 41 oder bei als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, sofern diese gem. IAS 40.33ff. bewertet werden. In diesen Fällen ist die Anwendung von IAS 23, also insbesondere eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten, nicht erforderlich (IAS 23.4a). Die Ausnahmeregelung ist darauf zurückzuführen, dass bei einer Bewertung eines Vermögenswertes zum beizulegenden Zeitwert die Aktivierung von Fremdkapitalkosten keinen Einfluss auf den Wertansatz, also den beizulegenden Zeitwert, hat (vgl. IAS 23.BC 4). Sofern die Zeitwertänderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden, hätte eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten lediglich eine Verschiebung in der Gewinn- und Verlustrechnung zwischen den Posten Finanzierungskosten und Änderungen des beizulegenden Zeitwertes zur Folge. In diesem Zusammenhang stellt allerdings der IASB in den Schlussfolgerungen zu IAS 23 fest: "But the Board noted that the exclusi...