Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Moritz Nonnast
Tz. 6
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Nachdem das IASC das Projekt Agriculture im Juni 1994 in sein Arbeitsprogramm aufgenommen hatte, dauerte es bis zum Ende des Jahres 1996, bis in einem Diskussionspapier die wesentlichen Bilanzierungsgrundsätze von biologischen Vermögenswerten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen veröffentlicht wurden (vgl. hier und im folgenden Satz Basis for IASC’s Conclusions on IAS 41, Tz. B1f.; Kümpel et al., in: Thiele/von Keitz/Brücks, 36. Erg.-Lfg. März 2018, IAS 41, Tz. 8). Diesem Draft Statement of Principles (DSOP) folgte im Juli 1999 der Standardentwurf E65, der im Dezember 2000 letztlich in den verabschiedeten Standard mündete (vgl. für eine Liste der – zT erheblichen – Unterschiede zwischen E65 und IAS 41 IAS 41.B82). Im Zuge der Neuorganisation des IASC zum IASB ist IAS 41 im April 2001 erneut – diesmal durch den IASB – verabschiedet worden (vgl. IASB Update April 2001, S. 1; Pier, 2015, S. 58). Der Standardsetzer gewährte den betroffenen Unternehmen eine (vergleichsweise) lange Umstellungszeit und verlangte die verpflichtende Anwendung von IAS 41 erst für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Januar 2003 oder später beginnen (IAS 41.58). Am 29. September 2003 erfolgte mit der Veröffentlichung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 die Übernahme von IAS 41 in europäisches Recht (endorsement). Spezielle Übergangsvorschriften sah IAS 41 nicht vor, sodass die allgemeinen Vorschriften des IAS 8 zur Anwendung kamen (IAS 41.59). Auch für IFRS-Erstanwender ergeben sich aus IFRS 1 keine speziellen Regelungen für Vermögenswerte im Anwendungsbereich von IAS 41.
Tz. 7
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Die Entwicklung von IAS 41 ist in einem engen Zusammenhang mit den entsprechenden Regelungen des Australian Accounting Standards Board (AASB) zu sehen, der im Jahr 1998 AASB 1037 Self-Generating and Regenerating Assets und ergänzend AAS 35 Self-Generating and Regenerating Assets verabschiedet hatte. Trotz der Ähnlichkeit zwischen IAS 41 und AASB 1037 wiesen diese beiden Standards einige Unterschiede auf. Vor allem war in AASB 1037 keine Ausnahme von der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zugelassen (vgl. AASB 1037, Tz. 5.2–5.3.2 (d)), und der Standard enthielt – anders als IAS 41 – keine Sonderregelungen betreffend Zuwendungen der öffentlichen Hand. Des Weiteren ging der Anwendungsbereich von AASB 1037 deutlich über die von den Regelungen des IAS 41 erfasste landwirtschaftliche Tätigkeit hinaus und umfasste bspw. auch die Bilanzierung von Zootieren, von Rennpferden eines Gestüts und von in einem Labor gezüchteten Viren (vgl. AASB 1037, Tz. 2.1–2.1.4 und Tz. 10.1.1 f.). Zur Umsetzung der Vorgabe des australischen Financial Reporting Councils (FRC), für am 1. Januar 2005 oder später beginnende Geschäftsjahre Konvergenz zwischen den IFRS und den australischen Standards herzustellen, wurden alle wesentlichen Unterschiede zwischen AASB 1037 und IAS 41 beseitigt und auf dieser Basis der neue Standard AASB 141 Agriculture entwickelt, der AASB 1037 und AAS 35 ersetzt hat (vgl. AASB, AASB adoption of IASB standards by 2005, S. 1–6).
Tz. 8
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Die ersten Änderungen erfuhr der neu verabschiedete IAS 41 bereits im ersten Jahr seiner verpflichtenden Anwendung im Zuge des im Dezember 2003 abgeschlossenen Projekts des IASB Improvements to International Accounting Standards. IAS 41 war allerdings nicht selbst Gegenstand dieser Verbesserungsmaßnahmen. Vielmehr wirkten sich Änderungen der Standards IAS 1, IAS 8 und IAS 21 indirekt auf in IAS 41 enthaltene Regelungen aus. Entsprechendes gilt für die an IAS 41.30 und IAS 41.50 (c) vorgenommenen Änderungen, die aus der Verabschiedung von IFRS 5 im Jahr 2004 resultierten (vgl. für eine ausführliche Übersicht Kümpel et al., in: Thiele/von Keitz/Brücks, 36. Erg.-Lfg. März 2018, IAS 41, Tz. 11).
Tz. 9
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Noch vor Ende des ersten Geschäftsjahres, in dem IAS 41 verpflichtend anzuwenden war, führten die ersten praktischen Erfahrungen mit dem neuen Standard zu mehreren Auslegungsfragen, mit denen sich das damals noch IFRIC genannte IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) erstmals im September 2003 befasste (vgl. hier und im Folgenden dieser Tz. IFRIC Update November 2006, S. 5; IFRIC, Agenda Paper 5 "Information for Observers: Recognition and Measurement of Biological Assets and Agricultural Produce in accordance with IAS 41 Agriculture", S. 1–3). Da sich im Verlauf der Diskussion zeigte, dass die Klärung der verschiedenen Sachverhalte überwiegend nicht im Wege einer Interpretation, sondern nur durch Änderungen des Standards herbeigeführt werden könnte, beschloss das IFRIC im Mai 2004, die Fragestellungen mit entsprechenden Lösungsempfehlungen an den IASB zu übergeben. Da wesentliche Änderungsvorschläge die Bewertung von biologischen Vermögenswerten mit ihrem beizulegenden Zeitwert betrafen und der IASB keine auf diese Vermögenswerte beschränkten Aussagen treffen wollte, wurden die vom IFRIC vorgeschlagenen Änderungen zunächst nicht umgesetzt. Viel...