Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 11
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
IFRS 10 Consolidated Financial Statements befasst sich mit der Rechnungslegung im Konzern (IFRS 10.1). Die Bilanzierung von Anteilen an Tochterunternehmen (subsidiaries), assoziierten Unternehmen (associates) und Gemeinschaftsunternehmen (joint ventures) in sog. gesonderten (Einzel-)Abschlüssen, sofern das Unternehmen entweder freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung einen gesonderten (Einzel-)Abschluss erstellt, ist in IAS 27 Separate Financial Statements geregelt (IAS 27.1, vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 27, Tz. 6). IFRS 10 leitet den Zweck von Konzernabschlüssen und damit die Zielsetzung der Regelungen aus der offensichtlich eingeschränkten Aussagefähigkeit der Einzelabschlüsse von konzernzugehörigen Unternehmen zur Beurteilung der Lage des Konzerns ab (IFRS 10 Appendix A). Die Einzelabschlüsse einzelner Konzernunternehmen spiegeln in Summe nicht die wirtschaftliche Lage des Konzerns wider, da sie die erforderlichen Konsolidierungen von konzerninternen Geschäften nicht berücksichtigen. Die Adressaten des Einzelabschlusses eines Mutterunternehmens (parent) sowie die Adressaten der Einzelabschlüsse der zugehörigen Unternehmen sind regelmäßig an der wirtschaftlichen Lage des gesamten Konzerns (group) und nicht nur an der Lage der jeweiligen Einzelunternehmen (Mutterunternehmen oder andere Konzernunternehmen) interessiert. Es ist daher erforderlich, die Adressaten über die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe insgesamt zu informieren. Diesem Anspruch wird nach IFRS 10 durch Konzernabschlüsse Rechnung getragen; nach IFRS 10 Appendix A ist im Konzernabschluss die Vermögens- und Finanzlage sowie das betriebliche Ergebnis der im Konzern zusammengefassten Unternehmen durch Konsolidierung der Einzelabschlüsse so darzustellen, als ob es sich bei dem Konzern – ohne Rücksicht auf die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen juristischen Personen – bei wirtschaftlicher Betrachtung um ein einziges Unternehmen (Einheitsgrundsatz) handelt.
Tz. 12
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Zur Interpretation der wirtschaftlichen Lage des Konzerns und der zugehörigen Unternehmen sollte neben den Einzelabschlüssen der rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften immer auch der Konzernabschluss herangezogen werden. Als Konsequenz des Informationsgewinns durch Konzernabschlüsse verpflichtet IFRS 10 Mutterunternehmen grundsätzlich zur Konzernrechnungslegung und enthält hierfür Bilanzierungs- und Konsolidierungsmethoden für den Konzernabschluss (IFRS 10.4ff.).
Die Bilanzierung der Anteile an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen in einem gesonderten (Einzel-)Abschluss ist in IAS 27 geregelt. Handelt es sich um Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (aus Sicht des Mutterunternehmens also um Anteile an Unternehmen oder um Anteile an Gruppen von Unternehmen), die zur Veräußerung gehalten werden (held for sale), sind die dazugehörenden langfristigen Vermögenswerte bzw. Veräußerungsgruppen nach IFRS 5 zu bilanzieren (vgl. Tz. 206 ff.). Ebenso ist IFRS 5 grundsätzlich auf die langfristigen Vermögenswerte bzw. Veräußerungsgruppen eines Tochterunternehmens anzuwenden, das bereits mit Weiterveräußerungsabsicht erworben wurde, sowie – unter Berücksichtigung der Sondernormen in IFRS 5.13 – auf stillgelegte Geschäftsbereiche. Angabepflichten für den Anhang bestehen vor allem zum Charakter der Beziehung zwischen dem Mutterunternehmen sowie den anderen im Konzern erfassten Unternehmen und werden in IFRS 12 geregelt (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 12, Tz. 40 ff.).
Durch die Angabepflichten nach IFRS 12 soll der Vergleich mit Konzernabschlüssen früherer Berichtsperioden und mit denen anderer Unternehmen (Konzerne) erleichtert werden.
Tz. 13
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Konzernabschlüsse haben nach den IFRS explizit den Zweck, Finanzinformationen über ein Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die für gegenwärtige und potenzielle Eigen- und Fremdkapitalgeber bei deren wirtschaftlichen Entscheidungen nützlich sind (RK 1.2). Als Adressaten werden ausschließlich vom "Gesetz" (hier: die privatrechtlich normierten IFRS mit europäischem Übernahmemechanismus) berechtigte Informationsempfänger bezeichnet (vgl. Moxter, in: FS Leffson, 1976, S. 95). Die primären Adressaten (user) eines Abschlusses nach IFRS sind gegenwärtige und potenzielle Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber (RK 1.5). Informationen, die die Bedürfnisse dieser primären Adressatengruppe erfüllen, können auch für andere Adressaten nützlich sein (RK 1.10). Bei anderen Adressaten kann bspw. an Arbeitnehmer, Lieferanten, Kunden, Regierungen und Behörden sowie die interessierte Öffentlichkeit gedacht werden.
Tz. 13a
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Die Entscheidungsnützlichkeit der bereitgestellten Finanzinformationen besteht darin, dass die primären Adressaten ihre Entscheidungen, dem Unternehmen Ressourcen bereit zu stellen, treffen können (RK 1.2). Diese Entscheidungen umfassen bspw. den Kauf und Verkauf von Eigen- bzw. Fremdkapitalinstrumen...