Tz. 87
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
In einer Gesamtschau ist festzuhalten, dass die Integration des externen und internen Rechnungswesens in deutschen Großkonzernen auf den oberen Führungsebenen inzwischen weit verbreitet ist. Hierbei handelt es sich regelmäßig nicht um eine vollständige, sondern um eine partielle Integration, die je nach Kontext unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Da es sich bei der Integration des externen und internen Rechnungswesens im Gegensatz zum Management Approach, der von den IFRS an vielen Stellen gefordert wird, um eine freiwillige Maßnahme zur Gestaltung des betrieblichen Rechnungswesens handelt, ist davon auszugehen, dass ein partiell integriertes Rechnungswesen unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten vielfach vorteilhaft ist. Gleichwohl ist der Nachweis der Kosten und des Nutzens sowohl theoretisch als auch empirisch schwer zu erbringen (vgl. Günther/Zurwehme, BFuP 2008, S. 119). Für die Entscheidungsfundierung und die Verhaltenssteuerung bringen die IFRS, wie die vorstehenden Überlegungen zeigen, indes keine nennenswerten Vorteile und erweisen sich unter dem Aspekt der Anreizverträglichkeit in einigen Bereichen als kritisch. Insofern ist, wie auch empirische Befunde signalisieren (vgl. Haring/Prantner, Controlling 2005), der wesentliche Vorteil eines integrierten Rechnungswesens auf Basis der IFRS in der besseren Kommunikationsfähigkeit zu sehen – sowohl als einheitliche Finanzsprache im Konzern als auch gegenüber dem Kapitalmarkt.
Tz. 88
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Für das Controlling geht die Integration des Rechnungswesens nicht nur mit Vereinfachungen, sondern auch mit komplexitätstreibenden Effekten einher (vgl. Kajüter 2008, S. 346ff.). Vereinfachungen bei den Controllingaufgaben entstehen dadurch, dass Doppelarbeiten und Abstimmungsaufgaben vermieden werden. Beispielsweise erübrigen sich die Ermittlung von Tages- oder Wiederbeschaffungswerten für kalkulatorische Abschreibungen und die Einrichtung einer separaten kalkulatorischen Vermögensrechnung. Die Überleitung zwischen internen und externen Ergebnisgrößen entfällt oder reduziert sich, was Koordinationskosten im Rahmen von Planungs- und Kontrollprozessen sowie der internen Berichterstattung senkt (vgl. Hebeler 2006, S. 116). Andererseits wird das Controlling durch die Integration des Rechnungswesens auf Basis der IFRS auch mit komplexitätstreibenden Effekten konfrontiert. Diese resultieren zum einen aus der hohen Änderungsdynamik der IFRS. Neue oder geänderte IFRS, jüngst zB. IFRS 15 und IFRS 16, schlagen unmittelbar auf die IFRS-basierten Kennzahlen durch (das Controlling als "Geißel des IASB") und sind in ihren Auswirkungen auf Zielvorgaben, Performancemaße und Anreizsysteme zu analysieren (vgl. hierzu zB Erdmann et al., KoR 2006). Um die Vergleichbarkeit zu Vorperioden sicherzustellen, sind Kennzahlen ggf. um Umstellungseffekte zu bereinigen. Zum anderen entstehen durch die Integration des Rechnungswesens für das Controlling im Zusammenhang mit dem Management Approach neue Aufgaben als Informationsdienstleister für die Bilanzierung. Damit gehen schließlich auch neue und größere Schnittstellen zur Bilanzabteilung und zum Wirtschaftsprüfer einher.
Tz. 89
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Integration des externen und internen Rechnungswesens hat schließlich auch personelle und organisatorische Implikationen (vgl. Weißenberger 2009, S. 2297f.; Kunz, DBW 2010; Weide et al., ZfbF 2011). Für Controller ergibt sich die Notwendigkeit, Fachwissen in den IFRS zu erwerben und Änderungen der Rechnungslegungsregeln zu verfolgen. Das integrierte Rechnungswesen erfordert zudem eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Controlling und Bilanzabteilung, die durch formalisierte Kooperationsmaßnahmen (zB Mitarbeiteraustausch, gemeinsame Teams) gefördert werden kann. Die in der Literatur diskutierte Möglichkeit der Zusammenlegung beider Abteilungen in einer gemeinsamen Finanzfunktion findet sich in der Praxis deutscher Konzerne allerdings relativ selten (vgl. Weide et al., ZfbF 2011, S. 72f.).