Leitsatz
1. Ein Unternehmer, der einen Pkw zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt und diesen seinem Unternehmen zuordnet, kann im Besteuerungszeitraum 1999 den vollen Vorsteuerabzug beanspruchen.
2. Der Steuerpflichtige kann sich im Besteuerungszeitraum 1999 gegenüber den Vorschriften des § 15 Abs. 1b in Verbindung mit § 27 Abs. 3 UStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 unmittelbar auf Art. 17 der 6. EG-RL berufen, weil Art. 3 der Entscheidung des Rats vom 28.2.2000 (2000/186/EG) zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland, von Art. 6 und Art. 17 der 6. EG-RL abweichende Regelungen einzuführen, ungültig ist, soweit er die rückwirkende Geltung der Ermächtigung ab dem 1.4.1999 vorsieht.
LEXinform Dok.-Nr. 0818432
Normenkette
§ 15 Abs. 1b UStG, , § 27 Abs. 3 UStG, , Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL, , Art. 27 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Fall In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 1999 machte der Kläger erfolglos die gesamte Umsatzsteuer aus dem Kauf des Pkw als Vorsteuer geltend. Die Klage hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Für eine Einschränkung des Vorsteuerabzugs, wie sie in § 15 Abs. 1b UStG geregelt ist, fehlte im Streitjahr 1999 eine entsprechende Ermächtigung.
Hinweis
Durch § 15 Abs. 1b UStG des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24.3. 1999 (BGBl I 1999, 402) wurde bei gemischt genutzten Fahrzeugen der Abzug der auf die Anschaffung, Herstellung, Einfuhr, innergemeinschaftlichen Erwerb, Miete oder Betrieb von Fahrzeugen im Sinn des § 1b Abs. 2 entfallenden Vorsteuerbeträge auf 50 % begrenzt. Das sollte für nach dem 31.3.1999 angeschaffte, hergestellte etc. Fahrzeuge gelten.
Die Ermächtigung der Bundesrepublik hierzu stammt vom 28.2.2000. Sie ist am 4.3.2000 veröffentlicht worden. Der EuGH entschied in dem im Leitsatz genannten Urteil auf die Vorlage des BFH, diese Ermächtigung sei ungültig, soweit sie die rückwirkende Geltung ab dem 1.4.1999 vorsehe (ausführlich auch zu den Entscheidungsgrundsätzen BFH-PR 2004, 278). Die Besprechungsentscheidung setzt das EuGH-Urteil um: Weil bis zu der am 4.3.2000 erfolgten Veröffentlichung eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Einschränkung des Vorsteuerabzugs fehlte, kann sich der Steuerpflichtige auf die günstigere Richtlinienregelung in Art. 17 der 6. EG-RL berufen. Er kann also das gemischt genutzte Fahrzeug in vollem Umfang dem Unternehmen zuordnen und den vollen Vorsteuerabzug geltend machen.
Die private Verwendung des Fahrzeugs unterliegt jedoch nach§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Zwar bestimmte § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG, dass dies nicht gilt unter anderem bei der Verwendung eines Fahrzeugs, bei dessen Anschaffung Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1b UStG nur zu 50 % abziehbar waren. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, wenn der Steuerpflichtige – aufgrund der unmittelbaren Anwendung der günstigeren Richtlinienregelung – den vollen Vorsteuerabzug für die Anschaffung des Fahrzeugs erhält.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.7.2004, V R 30/00 (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 29.4.2004, Rs. C-17/01, FA Sulingen gegen Walter Sudholz, BFH-PR 2004, 278)