Leitsatz
Wird die Dauerfristverlängerung für die Abgabe der USt-Voranmeldungen widerrufen und die Sondervorauszahlung auf die Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum, für den die Fristverlängerung gilt, angerechnet, ist der insoweit nicht verbrauchte Betrag der Sondervorauszahlung nicht zu erstatten, sondern mit der Jahressteuer zu verrechnen. Nur soweit die Sondervorauszahlung auch durch diese Verrechnung nicht verbraucht ist, entsteht ein Erstattungsanspruch.
Normenkette
§ 16 Abs. 1 UStG, § 46, § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 48 Abs. 4 UStDV, § 218 AO
Sachverhalt
Eine GmbH hatte Dauerfristverlängerung für die Abgabe der USt-Voranmeldungen erhalten und die erforderliche Sondervorauszahlung geleistet. Als sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte, widerrief das FA die Dauerfristverlängerung. Mit einer "Steuerberechnung der USt-Vorauszahlung für den Monat März 2004" errechnete das FA einen USt-Überschuss in Höhe von 3 530 Euro, welchen es mit Umbuchungsmitteilung mit einer offenen USt-Vorauszahlungsschuld verrechnete.
Hiergegen wandte sich der Insolvenzverwalter. Das FA erließ deshalb einen entsprechenden Abrechnungsbescheid. Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.01.2008, 5 K 840/05, Haufe-Index 1970561, EFG 2008, 1003) änderte den Abrechnungsbescheid dahin, dass er ein Guthaben der Schuldnerin in Höhe von 3 530 Euro ausweist.
Entscheidung
Die "Steuerberechnung" ist kein Festsetzungsbescheid. Die Festsetzung der Sondervorauszahlung ist vom FA auch nicht aufgehoben worden. Die Entscheidung des Streitfalls hing mithin nach den Praxis-Hinweisen davon ab, ob und ggf. in welcher Höhe eine USt-Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Jahrs zu berechnen und in welcher Höhe die berechnete Jahressteuer nach Anrechnung der Summe der Vorauszahlungen offen ist.
Das war im ersten Rechtsgang nicht festgestellt worden. Der BFH hat aber nicht zurückverwiesen, weil die USt-Jahresabrechnung 2004 nicht Gegenstand des Rechtsstreits war. Streitig war allein, ob sich für den Voranmeldungszeitraum März 2004 ein An-spruch auf Erstattung der Sondervorauszahlung ergibt, der mit vorinsolvenzlichen Steuerforderungen des FA verrechnet werden kann. Das war nicht der Fall. Das FA durfte also die Sondervorauszahlung nicht mit Steuerschulden für Januar 2004 verrechnen.
Die GmbH bzw. der Insolvenzverwalter hatte jedoch keinen Anspruch auf einen Abrechnungsbescheid, welcher für den Voranmeldungszeitraum März 2004 ein Guthaben ausweist.
Hinweis
1. Entsteht bei Widerruf der Dauerfristverlängerung ein Anspruch auf Erstattung der Sondervorauszahlung? Das ist hier die zentrale Frage (denn bestandskräftig festgesetzt worden ist ein solcher Anspruch nicht).
Wenn eine Dauerfristverlängerung während des Besteuerungszeitraums endet, ist die geleistete USt-Sondervorauszahlung nicht sofort zu erstatten, sondern sie ist bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen, also am Ende des Kalenderjahrs. Soweit sie durch diese Anrechnung nicht verbraucht ist, ist sie – weil sie eine Vorauszahlung auf die Jahressteuer ist – auf die restliche, ggf. noch offene Jahressteuer anzurechnen.
Das gilt auch bei Widerruf wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Denn durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers wird der Besteuerungszeitraum nicht unterbrochen (BFH, Urteil vom 18.07.2002, V R 56/01, BFH/NV 2002, 1403, BFH/PR 2002, 429).
2.§ 48 Abs. 4 UStDV ist durch das Jahressteuergesetz 2007 (BGBl I 2006, 2878) dahin geändert worden, dass die festgesetzte Sondervorauszahlung bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen ist, "für den die Fristverlängerung gilt". Ob es sich hierbei lediglich um eine Klarstellung handelt, dieser Rechtsgrundsatz also auch schon im Streitjahr (2004) anzuwenden war, konnte der BFH unerörtert lassen. Denn im Voranmeldungszeitraum März 2004 war zulasten der GmbH mangels steuerpflichtiger Umsätze keine Vorauszahlungsschuld entstanden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2008 – VII R 17/08