OFD Niedersachsen, Verfügung v. 24.8.2015, S 7330 - 25 - St 181
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen, während der unternehmerische Leistungsempfänger den entsprechenden Vorsteuerabzug ändern muss (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). Wird ein anderer Unternehmer als der Leistungsempfänger als Folge der Entgeltminderung wirtschaftlich begünstigt, hat dieser die Vorsteuerberichtigung vorzunehmen, § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG. § 17 Abs. 1 UStG beinhaltet einen eigenständigen materiell-rechtlichen Berichtigungstatbestand und gilt für Fälle, in denen sich die ursprüngliche, nach § 13 Abs. 1 UStG bzw. § 13b UStG entstandene Umsatzsteuer durch nachträglich eingetretene Umstände oder Ereignisse ändert.
Die Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist, § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG.
Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht bereits durch bloße Vereinbarung, sondern nur soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt. Denn die Umsatzbesteuerung beschränkt sich (letztlich) auf den Umfang der tatsächlich vereinnahmten Gegenleistung (BFH-Urteil vom 18.9.2008, V R 56/06, BStBl 2009 II S. 250; Abschn. 17.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE). Für die Berichtigung des Umsatzsteuer- und Vorsteuerbetrages bei Mängelrügen und der nachträglichen Gewährung von Boni, Skonti und Rabatten ist der Zeitpunkt der Auszahlung bzw. der Inanspruchnahme der Gutschrift durch den Kunden maßgeblich, s. Abschn. 17.1. Abs. 2 Satz 5 UStAE, bei Über- oder Doppelzahlungen der Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung, s. Abschn. 10.1. Absatz 3 Satz 6 UStAE.
Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 UStG – sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG; Zeitpunkt der Berichtigung
Die Pflicht zur Berichtigung der Steuer besteht auch dann, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden ist, s. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Uneinbringlichkeit liegt nach dieser Vorschrift nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit vor, sondern z.B. auch, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. Daher berechtigen vertragliche Sicherungseinbehalte zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen der Leistungsempfänger bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung, soweit dem Leistungserbringer die Absicherung dieser Gewährleistungsansprüche durch Gestellung von Bankbürgschaften im Einzelfall – rechtlich oder tatsächlich – nicht möglich war und er dadurch das Entgelt insoweit für einen Zeitraum von über zwei bis fünf Jahren noch nicht vereinnahmen kann (BFH-Urteil vom 24.10.2013 – V R 31/12, BStBl 2015 II S. 674; BMF-Schreiben vom 3.8.2015, BStBl 2015 I S. 624). Der Leistungserbringer ist für diese Voraussetzungen nachweispflichtig. Er hat bezogen auf den einzelnen Umsatz und den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zu belegen, dass Gewährleistungsbürgschaften beantragt und abgelehnt wurden.
Sollte eine Berichtigung der Umsatzsteuer hiernach möglich sein, ist das Finanzamt des Leistungsempfängers zu informieren, damit dessen Vorsteuerabzug entsprechend berichtigt wird.
Auch soweit der Leistungsempfänger das Bestehen oder die Höhe des vereinbarten Entgelts substantiiert bestreitet, kommt eine Berichtigung der Umsatzsteuer wegen Uneinbringlichkeit in Betracht.
Weitere Ausführungen und Beispiele s. a. Abschn. 17.1. Absatz 5 UStAE.
Zur Uneinbringlichkeit im Insolvenzverfahren siehe Abschn. 17.1. Abs. 11 bis 15 UStAE.
Nach § 17 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 UStG gilt § 17 Abs. 1 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Leistung ein Entgelt entrichtet, die Leistung jedoch nicht ausgeführt oder eine Leistung rückgängig gemacht worden ist. Ist das vereinbarte Entgelt ganz oder zum Teil vereinnahmt, kommt eine Berichtigung auch in diesen Fällen erst bei Rückzahlung des Entgelts in Betracht (BFH-Urteil vom 2.9.2010, V R 34/09, BStBl 2011 II S. 991; Abschn. 17.1 Abs. 7 und 8 UStAE). § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist nicht bei einer erbrachten Dienstleistung anwendbar, weil diese mit ihrer Erbringung verbraucht ist und deshalb nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, z.B. Geschäftsführerleistungen oder Maklerlohn (BFH-Urteil vom 18.9.2008, V R 56/06, BStBl 2009 II S. 250).
Werden Anzahlungen versteuert und ergibt sich im Nachhinein, dass die Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen, ist die Bemessungsgrundlage ebenfalls nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen (Abschn. 17.1. Abs. ...