Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Thüringer FG entschied, dass Altersentlastungsbeträge in rück- und vortragfähige Verluste nach § 10d EStG einfließen. Ausgangsgröße für den Verlustabzug muss demnach der Gesamtbetrag der Einkünfte sein, in dem die Entlastungsbeträge bereits mindernd berücksichtigt sind.
Sachverhalt
Strittig war, ob der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG die negativen Einkünfte zum Zwecke des Verlustabzugs nach § 10d EStG erhöht.
Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2017 verbleibende negative Einkünfte des Klägers von 25.194 EUR ermittelt und hiervon 25.000 EUR in das Vorjahr 2016 zurückgetragen, sodass zum 31.12.2017 ein verbleibender Verlustvortrag von 194 EUR festgestellt wurde. Der Kläger wandte dagegen ein, dass das Finanzamt bei der Berechnung des Verlustabzugs fehlerhaft von der negativen Summe der Einkünfte 2017 ausgegangen sei. Der Verlustabzug müsse aber vom Gesamtbetrag der Einkünfte 2017 abgeleitet werden. Dies führe zu einer höheren Verlustberücksichtigung, da der Kläger einen Anspruch auf den Altersentlastungbetrag in Höhe von 1.824 EUR habe und dieser erst im Gesamtbetrag der Einkünfte mindernd berücksichtigt ist (nicht jedoch in der Summe der Einkünfte).
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, dass das Finanzamt den Altersentlastungsbetrag zu Unrecht nicht im Wege des Verlustabzugs berücksichtigt hat. Ausgangsgröße für den Verlustabzug muss der Gesamtbetrag der Einkünfte sein, in dem Altersentlastungsbeträge bereits mindernd berücksichtigt sind (§ 2 Abs. 3 EStG). Das FG machte sich die Ausführungen des FG Köln, Urteil v. 12.12.2018, 10 K 1730/17, zu eigen, dem ein gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Darin hatte das FG Köln Folgendes ausgeführt: Ein am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibender Verlustvortrag muss nach § 10d Abs. 4 EStG gesondert festgestellt werden. Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG sind die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des jeweiligen Veranlagungszeitraums zugrunde gelegt worden sind. Demnach ist also nicht nur die (nach horizontalem und vertikalem Verlustausgleich verbleibende) negative Summe der Einkünfte zu erfassen, sondern auch in dem jeweiligen Jahr berücksichtigte Altersentlastungsbeträge - selbst wenn sich hierdurch ein nicht ausgeglichener Verlust weiter erhöht. Der Verlustabzug ist im Ergebnis vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen, in den Altersentlastungsbeträge bereits mindernd eingeflossen sind.
Hinweis
Nach dem Urteil lassen sich Altersentlastungsbeträge also über Verlustrückträge nutzen oder in Folgejahre mitnehmen, in denen dann womöglich Verlustverrechnungspotential und somit eine steuerliche Verwertungsmöglichkeit besteht.
Ob es bei diesem Ergebnis bleibt, muss nun der BFH abschließend entscheiden - die Revision, Az beim BFH IX R 7/22, ist anhängig. Einspruchsführer, die sich in ihrem eigenen Fall auf dieses laufende Verfahren berufen, können bis zur abschließenden höchstrichterlichen Klärung ein Ruhen ihres Verfahrens erreichen.
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil v. 26.04.2022, 4 K 510/20