OFD Düsseldorf, Verfügung v. 17.6.2004, S 2742 A - St 13, - S 2742 - 88 - St 131 - K
Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bei Vereinbarung einer Gewinntantieme
1. Hinweis auf aktuelle Rechtslage
Der BFH hat in seinen Entscheidungen vom 27.2.2003 I R 46/01, BStBl 2004 II S. 132) und vom 4.6.2003 I R 24/02, BStBl 2004 II S. 136) zur Angemessenheit der Gesamtausstattung bei Vereinbarung einer Gewinntantieme sowie zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge Stellung genommen. Er spricht sich in seinen Entscheidungen für eine generelle Einzelfallbetrachtung aus und widerspricht teilweise den in den BMF-Schreiben vom 1.2.2002 (BStBl 2002 I S. 219) und vom 14.10.2002 (BStBl 2002 I S. 972) enthaltenen Grundaussagen.
2. Übereinstimmung zwischen Verwaltungsregelung und jüngerer Rechtsprechung
Eine Übereinstimmung zwischen den Verwaltungsregelungen und der jüngeren Rspr. besteht noch insoweit fort, als
- die vom BFH aufgestellte 50 vom H.-Obergrenze fortbesteht (vgl. BFH-Urteil vom 5.10.1994 I R 50/94, BStBl 1995 II S. 549). Hiernach ist eine vGA regelmäßig dann anzunehmen, wenn die vereinbarte und gezahlte Tantieme sich auf mehr als 50 vom H. des handelsrechtlichen Jahresüberschusses der Kapitalgesellschaft vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern (KSt., GewSt und SolZ) beläuft;
- die Ermittlung des angemessenen Tantiemesatzes weiterhin nach dem Verhältnis der angemessenen Tantieme zum durchschnittlich erzielbaren Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern erfolgen kann (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 10.7.2002 I R 37/01, BStBl 2003 II S. 418);
- die Vereinbarung einer Nur-Gewinntantieme (bzw. einer Nur-Rohgewinntantieme) als unüblich anzusehen ist und daher grundsätzlich zu einer vGA führt.
3. Bandbreitenbetrachtung im Zusammenhang mit der Angemessenheit der Gesamtausstattung
Abweichend vom BMF-Schreiben vom 14.10.2002 (a.a.O.; Prüfschritt 2) prüft der BFH die einzelnen Vergütungstatbestände nicht dahingehend, ob diese der Höhe nach angemessen sind; entscheidend ist nach seiner Rechtsauffassung vorrangig die Gesamtausstattung im Zusagezeitpunkt. Bei der im Einzelfall anhand betriebsexterner Merkmale zu schätzenden Höhe der angemessenen Bezüge ist zu berücksichtigen, dass der BFH davon ausgeht, dass es kein starres angemessenes Gehalt gibt, sondern eine Bandbreitenbetrachtung greift.
Nach seiner Auffassung sind nur die Bezüge unangemessen, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. Ausgangswert für die Berechnung der absoluten Angemessenheitsgrenze ist demzufolge das Gehalt laut dem oberen Quartil der Gehaltsstudie (z.B. BBE-Verlag, Zusammenstellung der OFD Karlsruhe). Im Einzelfall können Zuschläge wegen besonderer Personenbezogenheit oder extrem hoher Gewinne bzw. Abschläge wegen dauerhaft schlechter Erträge angezeigt sein. Im Übrigen ist ein Sicherheitszuschlag bis zu 20 vom H. möglich (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.1989, BStBl 1989 II S. 854).
Das zur Berechnung der Angemessenheit der Gesamtausstattung verwandte „Programm Hansmann” setzt als Ausgangswert für die Berechnung der absoluten Angemessenheitsgrenze das Gehalt aus dem mittleren Quartil der Gehaltsstudie an. Zur Zeit ist ein Verfahren beim FG Münster (9 K 6436/02 K, F) anhängig, in dem die gerichtliche Verwendbarkeit der Ergebnisse dieses Programms überprüft wird. Inwieweit das Programm überarbeitet wird, hängt auch vom Ausgang des Gerichtsverfahrens ab.
4. Verhältnis der Tantieme zu den Festbebezügen (sog. 75/25-Regel)
Der BFH hat in den obengenannten Urteilen auch Stellung zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge genommen. Danach führt ein 25 vom H. über schreitender Anteil an variablen Gehaltsbestandteilen nicht zwangsläufig zu einer vGA, wenn die Gesamtausstattung des Geschäftsführers insgesamt angemessen ist. Der Überschreitung der typisierten 25 vom H.-Grenze kommt nach Meinung des BFH lediglich Indizwirkung für die Annahme einer vGA zu.
Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist kein vGA-Indiz wenn:
- mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden konnte
- oder starke Ertragsschwankungen gegeben sind
- oder eine Gewinnprognose im Vorfeld nicht erstellt wurde oder sie die Prognose später nicht mehr verlässlich rekonstruieren lässt oder
- keine weiteren Anhaltspunkte für die Annahme einer vGA (wie z.B. eine mangelhafte Durchführung) bestehen.
In diesen Fallgestaltungen betrachtet es der BFH als ausreichen wenn der absolute Tantiemesatz als solcher dem Fremdvergleich Stand hält. Das Verhältnis zwischen Festgehalt und Tantieme soll bei einem entsprechenden Sachverhalt unbeachtlich sein.
In derartigen Fallgestaltungen ist es allerdings erforderlich, im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einen Höchstbetrag zu fixieren, bei dessen Überschreitung eine Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Mangelt es an einer solchen, geht der BFH von einer vGA der Höhe nach (= Frage der Angemessenheit) und nicht ...