Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Haderer
Rz. 878
Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind nicht als Erhaltungsaufwand, sondern als HK zu behandeln, wenn sie zeitnah zur Anschaffung anfallen und im Verhältnis zum Kaufpreis hoch sind (§ 9 Abs. 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Ob anschaffungsnahe HK vorliegen, ist wie folgt zu prüfen:
Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, gehören zu anschaffungsnahen HK, wenn die Nettoaufwendungen 15 % der AK des Gebäudes übersteigen. Der Dreijahreszeitraum berechnet sich ab dem Datum des Übergangs von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr. Instandsetzungsaufwendungen nach Ablauf von drei Jahren sind im Rahmen der Prüfung nicht zu berücksichtigen.
Nicht in die 15 %-Grenze einzubeziehen sind Aufwendungen für Erweiterungen, die stets HK sind und Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen, z. B. Kosten für regelmäßige Wartungsarbeiten für Heizung oder Aufzugs, Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen oder Ablesekosten (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 22/15, BFH/NV 2016 S. 1623).
Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, sind auch dann keine anschaffungsnahen HK i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, wenn die Maßnahmen vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden (BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 6/16, BFH/NV 2017 S. 1652).
Zu den anschaffungsnahen HK gehören
- Aufwendungen zur Herstellung der objektiven bzw. subjektiven Betriebsbereitschaft eines Gebäudes durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile oder Umbaumaßnahmen, um das Gebäude(teil) einem anderen Zweck zuzuführen, (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 15/15, BFH/NV 2016 S. 1621; → Tz 870).
- Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel (BFH, Urteil v. 13.3.2018, IX R 41/17, BFH/NV 2018 S. 1009).
- Aufwendungen, die nach der Vereinfachungsregelung R 21.1 Abs. 2 Satz 2 EStR 2012 (→ Tz 877) als Erhaltungsaufwendungen berücksichtigt wurden, auch wenn diese nach § 82b EStDV als größere Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre verteilt wurden.
1. Aufwendungen für Schönheitsreparaturen und Schadensbeseitigung
Aufwendungen für Schönheitsreparaturen sind stets in die Beurteilung der anschaffungsnahen HK einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Schönheitsreparaturen i. d. S. sind nach Auffassung des BFH bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes beseitigt werden. Schönheitsreparaturen können nicht als Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, angesehen werden, weil sie im Regelfall nicht jährlich vorgenommen werden (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 25/14, BFH/NV 2016 S. 1617).
2. Einbeziehung der Aufwendungen für eine Standardhebung in die 15 %-Grenze
Aufwendungen, die durch einen Standardsprung als HK zu werten sind, sind in die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (anschaffungsnahe HK) einzubeziehen. Zu den Aufwendungen i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer i. Z. m. der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 25/14, BFH/NV 2016 S. 1617).
Unterschiedlich genutzte Gebäudeteile
Bei der Beurteilung von anschaffungsnahen HK ist auf das Gebäude insgesamt abzustellen, wenn das Gesamtgebäude nicht in unterschiedlicher Weise genutzt wird und somit nicht in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist (FG Nürnberg, Urteil v. 15.7.2020, 3 K 1215/19, rkr., HI14185832). Das ist z. B. der Fall, wenn die Wohnungen eines Mehrfamilienhauses sämtlich zu Wohnzwecken vermietet werden.
Werden einzelne Gebäudeteile unterschiedlich genutzt, z. B. teils eigenbetrieblich und teils zu Wohnzwecken durch Vermietung, ist bei der Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf den jeweiligen Gebäudeteil und dessen Kosten abzustellen (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 25/14, BFH/NV 2016 S. 1617; BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 22/15, BFH/NV 2016 S. 1623).
Rz. 879
[Absetzungen für Abnutzung für Gebäude → Zeile 33]
AK (→ Tz 869) bzw. HK (→ Tz 874) für ein Gebäude, eine Eigentumswohnung oder einen im Teileigentum stehenden Gebäudeteil zur Erzielung von Einkünften aus V+V, können nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gebäude (Gebäude-AfA) ...