Leitsatz
1. Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich einer zweitägigen Reise, die sowohl eine Betriebsveranstaltung als auch eine aus ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen durchgeführte Betriebsbesichtigung bei einem Hauptkunden des Arbeitgebers umfasst, sind grundsätzlich aufzuteilen.
2. Die Aufwendungen des Arbeitgebers für eine derartige Reise sind insgesamt kein Arbeitslohn, wenn die dem Betriebsveranstaltungs-Teil zuzurechnenden, anteiligen Kosten die für Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen maßgebliche Freigrenze nicht übersteigen. Die dem Betriebsbesichtigungs-Teil zuzurechnenden, anteiligen Kosten stellen ebenfalls keinen Arbeitslohn dar, wenn die Besichtigung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse durchgeführt wird und damit keinen Entlohnungscharakter hat.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin führte im Streitjahr 1995 einen Betriebsausflug durch. Der Ausflug begann am Freitag um 15 Uhr. Am Abend fand eine Betriebsfeier statt. Nach einer Übernachtung folgte am Samstag die Besichtigung des Betriebs eines Hauptkunden. Die gesamte Veranstaltung endete anschließend gegen 18 Uhr. Die Aufwendungen der Klägerin für die Reise betrugen 205 DM je Teilnehmer.
Im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Aufwendungen der Klägerin für den Betriebsausflug seien steuerpflichtiger Arbeitslohn. Es forderte deshalb von der Klägerin LSt nach (unter Anwendung der Pauschalierung gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und gab der Klage statt. Die Aufteilung der Reise sei nach dem Verhältnis der Zeitanteile entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils VI R 32/03 (BFH-PR 2005, 453) vorzunehmen. Hieraus ergebe sich, dass diejenigen Aufwendungen der Klägerin, die dem Betriebsveranstaltungs-Teil zuzurechnen seien, die Freigrenze von 200 DM je teilnehmendem Arbeitnehmer nicht überschritten hätten. Diese anteiligen Aufwendungen seien nicht als Arbeitslohn der Besteuerung zu unterwerfen.
Die anteiligen Aufwendungen, die im Rahmen der Aufteilung dem Betriebsbesichtigungs-Teil der Reise zuzurechnen seien, stellten ebenfalls keinen Arbeitslohn dar, weil die Besichtigung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin durchgeführt worden sei und somit ebenfalls keinen Entlohnungscharakter gehabt hätten. Die anteiligen, auf den Betriebsveranstaltungs-Teil entfallenden Aufwendungen hätten die Freigrenze nicht überschritten.
Hinweis
1. Der VI. Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 25.5.1992, VI R 91/89 (BStBl II 1992, 856) entschieden, dass zwischen einem Betriebsausflug als geselliger Veranstaltung und einer Betriebsbesichtigung, die aus dienstlichen Gründen erforderlich sein kann, unterschieden werden muss. Diese Unterscheidung blieb in jenem Fall im Ergebnis nur deshalb ohne Auswirkung, weil keine dienstlichen Umstände für die Besichtigung des Betriebs festgestellt und vorgetragen worden waren, so dass die Betriebsbesichtigung dem Ausflug nur den (äußeren) Charakter eines – tatsächlich nicht vorliegenden – Dienstgeschäfts geben sollte.
2. Die Gründe des Besprechungsurteils stellen eine konsequente Fortentwicklung der neueren Rechtsprechung des VI. Senats zur Frage der Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer (bei Reisen) dar (vgl. BFH, Urteil vom 18.8.2005, VI R 32/03, BFH-PR 2005, 453). Die dort festgehaltenen Grundsätze wurden auf den Besprechungsfall übertragen. Bei kombinierten Veranstaltungen, die einerseits eine Betriebsveranstaltung, andererseits eine Betriebsbesichtigung umfassen, kann also eine Aufteilung der Kosten des Arbeitgebers in Betracht kommen.
3. Im Streitfall ermöglichten die tatsächlichen Feststellungen des FG eine Aufteilung vorzunehmen. Die Reise war gemischt veranlasst; sie enthielt sowohl Elemente einer Betriebsveranstaltung als auch einer hiervon zu trennenden, im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin durchgeführten Betriebsbesichtigung. Der erste Reisetag war durch den geselligen Charakter der Betriebsfeier geprägt. Bei der Besichtigung des Betriebs eines Hauptkunden der Klägerin am zweiten Tag der Reise handelte es sich dagegen nicht um eine gesellschaftliche Veranstaltung zur Förderung des Kontakts der Mitarbeiter untereinander. Vielmehr diente die Betriebsbesichtigung dazu, den Arbeitnehmern der Klägerin zu vermitteln, wie die von ihnen hergestellten Produkte beim Hauptkunden eingesetzt wurden. Die Betriebsbesichtigung wies einen unmittelbaren Bezug zur Berufstätigkeit der teilnehmenden Arbeitnehmer auf. Sie stellte für die Beschäftigten der Klägerin ein Dienstgeschäft dar.
4. Der BFH hat im Streitfall nicht den fragwürdigen Versuch unternommen, eine mögliche Aufteilung (von Rechts wegen) zu verneinen. Denn ob sich bei derartigen "kombinierten Fällen" die verschiedenen Veranstaltungsteile trennen lassen bzw. ob sich der Betriebsbesichtigungs-Teil als Dienstgeschäft darstellt, ist in erster Linie eine Frage der tatsächlichen Umstände des be...