Unter dem Dach der Deutschen Aktieninstituts haben mehr als 40 namhafte deutsche Unternehmen an die Bundesminister Buschmann und Lindner mit einem Schreiben appelliert, sich in den abschließenden Verhandlungen der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) für einen Prozess einzusetzen, der die Überführung der Standards des ISSB in europäisches Recht ermöglicht. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass die EU im Rahmen der Entwicklung der CSRD die EFRAG beauftragt hat, sehr umfassende eigene europäische Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erarbeiten. Wenn diese europäischen Standards nicht im Einklang mit den ISSB-Standards stehen, müssten international agierende Unternehmen nach zwei verschiedenen, im schlimmsten Fall widersprüchlichen Nachhaltigkeitsstandards berichten.
Daher wenden sich die Unterzeichner des Schreibens an die Minister mit der dringenden Bitte, sich im Rahmen der im April anstehenden Trilog-Verhandlungen zur CSRD für einen Übernahmeprozess hinsichtlich der ISSB-Standards einzusetzen, sodass die ISSB-Standards wie die IFRS in einem formalisierten Prozess in europäisches Recht überführt würden. Einzelne Mitgliedstaaten oder die Europäische Kommission könnten dann ergänzende Standards erlassen. Sollte man sich gegen einen Übernahmeprozess entscheiden, müsste man sicherstellen, dass die EU-Nachhaltigkeitsstandards einen klaren Bezug zu den ISSB-Standards herstellen, und die EU-Kommission verpflichten, für einen Gleichlauf zwischen beiden Standards zu sorgen.
Das Schreiben ist abrufbar unter https://www.dai.de/fileadmin/user_upload/220325_Brief_ISSB_Unterstuetzer_an_Bundesfinanzminister_Lindner.pdf.
Darüber hinaus haben die im Deutschen Aktieninstitut und in dessen französischer Partnerorganisation AFEP vertretenen Unternehmen ein Schreiben an Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion, die Sorge geäußert, dass die Komplexität der EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ihre Wirksamkeit untergraben könnte. Sie äußern sich sehr besorgt über die bisher von der EFRAG-Projekt-Taskforce für europäische Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (PTF-ESRS) veröffentlichten Arbeitsdokumente. Die Vorschläge seien in ihrer jetzigen Form übermäßig komplex, zu umfangreich und ließen eine Priorisierung vermissen. Außerdem könnten sie die Freigabe wirtschaftlich sensibler Informationen zum Nachteil der europäischen Unternehmen erfordern. Wenn sie nicht radikal vereinfacht würden, könnten die geplanten Angabevorschriften die Wirksamkeit der künftigen EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) in Frage stellen.
Das Schreiben ist abrufbar unter https://www.dai.de/fileadmin/user_upload/220406_Afep_and_Deutsches_Aktieninstitut_on_EFRAG_Standards.pdf.
Eine ähnlich heftige Kritik kommt von Accountancy Europe. In einem Brief vom 20.4.2022 an die EU-Kommissarin Mairead McGuinness wird die Wirksamkeit der vorliegenden Arbeiten an den EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards als erfolgreiches Instrument für die EU und ihren ehrgeizigen Plan, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, stark angezweifelt. Die absehbaren Berichterstattungssysteme bergen durch die scheinbar hohe Komplexität und Aufwendigkeit die Gefahr, dass wenig hilfreiche Widerstände entstehen und die Einführung verlangsamt wird. Die Vorschriften der ESRS sind jedoch sehr präskriptiv und umfassen Hunderte von Datenpunkten. Die Einhaltung eines soliden Konsultationsprozesses ist von entscheidender Bedeutung, um Unterstützung für die künftige Übernahme zu schaffen, auch wenn der Zeitdruck für die EU, ihrer Selbstverpflichtung nachzukommen, verständlich ist. Wenn genügend Zeit für die Stellungnahme zu den Entwürfen eingeräumt wird, wird dies unter anderem die Einbeziehung der Interessengruppen und die öffentliche Akzeptanz sicherstellen und somit die Standards legitimieren. Die Entwicklung von ESRS muss einem prinzipienbasierten Ansatz folgen, da ein solcher Ansatz die Verbindung zwischen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Finanzberichterstattung unterstützen wird, die einem prinzipienbasierten Ansatz folgt (einschließlich der übernommenen IFRS). Um Standards zu entwickeln, die zu einer Veränderung der Geschäftsmodelle von Unternehmen führen und die Ziele des Grünen Deals erreichen, ist ein abgestufter Ansatz erforderlich. ESRS müssen klare und effiziente Berichterstattungsstandards sein, um die Prüfbarkeit zu gewährleisten und das Risiko des Green Washing zu vermeiden. Die ESRS müssen global abgestimmt sein und auf Bestehendem aufbauen, was auch EU-Unternehmen helfen würde, die andere ausländische klimabezogene Angaben einhalten müssen, wenn die Verwendung internationaler Angaben ermöglicht würde. Unterschiedliche Terminologie, Definitionen und Konzepte und die Nichtverwendung international anerkannter Begriffe sowie unterschiedliche Angabeziele und -vorschriften beeinträchtigen die globale Ko...