Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsbeurteilung nach ERA-TV NRW. paritätische Kommission. Besetzung. Leistungsbeurteilung
Leitsatz (amtlich)
1. In Tarifverträgen können betriebliche Einrichtungen, wie paritätische Kommissionen, oder andere Stellen geschaffen werden, denen die Aufgabe eines Schiedsgutachters bei der Leistungsbeurteilung von Arbeitnehmern zukommt. Die Entscheidung einer paritätischen Kommission ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur eingeschränkt überprüfbar.
2. Die gerichtliche Überprüfung einer solchen Entscheidung richtet sich zunächst darauf, ob diese im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und die zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die wertende und beurteilende Entscheidung der Kommission entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB grob unrichtig ist. Ist die Entscheidung einer paritätischen Kommission unverbindlich, ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB die Leistungsbeurteilung durch das Gericht vorzunehmen.
Orientierungssatz
1. Gegenstand der Klage gegen die Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 ERA-TV NRW ist die Leistungsbeurteilung als Ganzes, nicht nur die Bewertung einzelner Beurteilungsmerkmale. Wird eine bessere Beurteilung angestrebt, ist die Klage auf ein Gestaltungsurteil zur Leistungsbestimmung entsprechend §§ 317, 319 BGB gerichtet. Prüfungsgegenstand ist die Entscheidung der paritätischen Kommission und nicht mehr die ursprüngliche Beurteilung.
2. Die Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW ist nur eingeschränkt dahin gehend zu überprüfen, ob sie in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und ob ihre wertende und beurteilende Entscheidung grob unrichtig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
3. Nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW sind nur solche Beauftragte des Arbeitgebers als Kommissionsmitglieder ausgeschlossen, die die konkrete Leistungsbeurteilung, die Gegenstand des Verfahrens vor der paritätischen Kommission ist, vorgenommen haben. Die Durchführung von Beurteilungen für andere Arbeitnehmer ist unschädlich.
4. Die Entscheidung einer paritätischen Kommission bedarf einer nachvollziehbaren Begründung, da nur so im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung festgestellt werden kann, ob die Grenzen des § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB gewahrt sind. Fehlt es an einer solchen Begründung, ist die Entscheidung – ebenso wie im Fall ihrer groben Unrichtigkeit – unverbindlich.
5. Ist die Entscheidung einer paritätischen Kommission unverbindlich, ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB die Leistungsbeurteilung durch das Gericht vorzunehmen. Eine erneute Befassung durch die paritätische Kommission ist nach den tariflichen Bestimmungen des ERA-TV NRW nicht vorgesehen und scheidet wegen des arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatzes aus.
6. Die richterliche Ersatzbestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB hat aufgrund des Vortrags der Parteien zu erfolgen, die die jeweils für sie günstigen Umstände vorzutragen haben. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht.
Normenkette
BGB §§ 317, 319; ArbGG § 9 Abs. 1, § 101; ZPO § 263; Entgeltrahmenabkommen in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 18. Dezember 2003 (ERA-TV NRW) § 10
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Oktober 2014 – 16 Sa 783/14 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine tarifliche Leistungsbeurteilung.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Sachbearbeiterin „Kaufmännischer Innendienst/Kundendienst” beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung, darunter das Entgeltrahmenabkommen vom 18. Dezember 2003 (ERA-TV NRW). Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert und erhält ein Zeitentgelt mit Leistungszulage nach § 5 Nr. 1 iVm. § 10 ERA-TV NRW.
§ 10 ERA-TV NRW – Zeitentgelt und Leistungszulage – lautet auszugsweise:
„1. |
Beschäftigte im Zeitentgelt erhalten neben dem sich aus dem Entgeltabkommen ergebenden tariflichen Monatsgrundentgelt nach Ablauf ihrer Probezeit (§ 2 Nr. 2 EMTV) eine Leistungszulage. |
2. |
Die Anforderungen an die Leistung im Zeitentgelt sind so zu gestalten, dass sie von für die auszuführenden Arbeiten geeigneten, genügend eingearbeiteten und eingeübten Beschäftigten auf Dauer ohne Gefährdung für ihre Gesundheit bewältigt werden können. |
… |
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3. |
Für jeden Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, wird eine Beurteilungskarte angelegt, auf der das Ergebnis der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum einzutragen ist. Die Leistungsbeurteilung erfolgt durch Beauftragte des Arbeitgebers. Die Beauftragten haben die Karte zu unterzeichnen. |
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Eine elektronische Erfassung und Speicherung der Beurteilung zum Zwecke der Abrechnung und Archivierung ist zulässig. |
4. |
Das Beurteilungsergebnis ist auf Verlangen mit dem Beschäftigten zu besprechen. Dieses Beurteilungsgespräch ist vom Beschäftigen schriftlich zu bestätigen. |
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Die Beurteilungen werden Bestandteil der Personalakte. |
5. |
Auf Verlangen ist dem Betriebsrat Auskunft und – soweit er es wünscht – Einblick in die Beurteilung zu geben. In Einzelfällen sind ihm die Beurteilungen zur Verfügung zu stellen. |
6. |
Bei Neueingruppierung, Umgruppierung sowie Versetzung hat eine Beurteilung innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen. |
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In diesen Fällen kann die Beurteilung auch im Rahmen einer zeitnahen späteren jährlichen Beurteilung aller Beschäftigten erfolgen. |
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Bis zur Neubeurteilung gilt die bisherige Beurteilung fort. Neueingestellte Beschäftigte haben nach Ablauf von drei Monaten bis zur ersten Beurteilung Anspruch auf eine Leistungszulagenpauschale in Höhe von 10 % ihres jeweiligen tariflichen Monatsgrundentgelts. |
7. |
Der Arbeitgeber hat das Leistungsverhalten aller Beschäftigten einmal im Kalenderjahr beurteilen zu lassen, spätestens aber 18 Monate nach der letzten Beurteilung der Beschäftigten. |
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Kürzere Beurteilungszeiträume können durch freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbart werden. |
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Erfolgt die Neubeurteilung aller Beschäftigten nicht nach Ablauf von 18 Monaten, kann der einzelne Beschäftigte seine innerhalb des nächsten Monats zu erfolgende Neubeurteilung und ab diesem Zeitpunkt die gegebenenfalls veränderte Leistungszulage verlangen. |
8. |
Bei Beurteilung der persönlichen Leistung ist von folgenden Beurteilungsmerkmalen auszugehen: |
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Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten (Sorgfalt, Genauigkeit und Zuverlässigkeit)
Arbeitseinsatz (Intensität, Wirksamkeit, Selbstständigkeit, Kostenbewusstsein, sachgemäße Behandlung der Betriebsmittel)
Beweglichkeit (Überblick, Setzen von Prioritäten, Arbeitsverhalten bei verschiedenen Arbeitssituationen)
- Zusammenarbeit/Führungsverhalten (Informationsaustausch, Überzeugungsfähigkeit, aufgabenorientierte Zusammenarbeit).
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9. |
Bei der Bewertung der jeweiligen Bewertungsmerkmale sind die folgenden Stufen zugrunde zu legen: |
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a) genügt den Leistungsanforderungen nicht immer |
0 Punkte |
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b) genügt den Leistungsanforderungenfast immer |
2 Punkte |
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c) genügt den Leistungsanforderungen in vollem Umfang |
4 Punkte |
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d) übertrifft die Leistungsanforderungen |
6 Punkte |
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e) übertrifft die Leistungsanforderungen in besonderem Umfang |
8 Punkte |
10. |
Die Höhe der Leistungszulage wird wie folgt berechnet: |
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Die für den Beschäftigten ermittelte Summe der Punkte wird mit 0,625 % multipliziert. Das Ergebnis wird multipliziert mit dem tariflichen Monatsgrundentgelt und ergibt die individuelle Leistungszulage. |
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Der Wert eines Punktes kann aufgrund der folgenden Bestimmungen betrieblich abweichen: |
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Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass die Gesamtsumme der nach den vorstehenden Regeln bestimmten Leistungszulagen des Betriebes ca. 10 % der tariflichen Monatsgrundentgeltsumme beträgt. |
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Liegt die betriebliche Gesamtsumme der ermittelten Leistungszulagen unterhalb von 9 %, so ist sie vom Arbeitgeber durch entsprechende Anhebung des in Abs. 1 genannten Faktors auf 9 % zu korrigieren. |
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Liegt die betriebliche Gesamtsumme der ermittelten Leistungszulagen oberhalb von 11 %, so ist der Arbeitgeber berechtigt, sie durch entsprechende Reduzierung des in Absatz 1 genannten Faktors auf 11 % zu korrigieren (dies darf bei Beschäftigten, deren Punktzahl nach der Neubeurteilung gleich geblieben oder gestiegen ist, nicht zu einer Minderung des Euro-Betrags ihrer Leistungszulage führen). |
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… |
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14. |
Beanstandungen der Leistungsbeurteilung können innerhalb von zwei Wochen durch den Beschäftigten und innerhalb von vier Wochen durch den Betriebsrat beim Arbeitgeber angebracht werden. |
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Die Frist beginnt nach Mitteilung der Leistungszulage. |
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Die Behandlung der Beanstandungen hat unverzüglich in der paritätischen Kommission zu erfolgen. |
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Die paritätische Kommission besteht aus je zwei vom Betriebsrat und Arbeitgeber benannten Betriebsangehörigen. |
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Die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind, können nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden. |
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Kommt die paritätische Kommission zu keiner Entscheidung, so haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat mit der Beanstandung zu befassen. |
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Kommen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keinem Ergebnis, so entscheidet die Einigungsstelle nach § 24 EMTV. |
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Den Beteiligten (Arbeitgeber, Betriebsrat sowie Beschäftigten) steht im Rahmen des § 76 Abs. 5 BetrVG bzw. entsprechend §§ 101 ff. ArbGG in jedem Fall der Rechtsweg offen. |
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Der Abrechnung ist die endgültig festgesetzte Leistungszulage zugrunde zu legen. |
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Die Leistung darf wegen Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Leistungsbeurteilung nicht verweigert werden.” |
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In den Leistungsbeurteilungen der Klägerin für die Jahre 2009 und 2010 wurde das Beurteilungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten” jeweils mit der Höchstpunktzahl von 8 Punkten bewertet. Für das Jahr 2011 erfolgte zunächst durch den Vorgesetzten eine Bewertung mit 6 Punkten; nach Beanstandung bei der paritätischen Kommission mit 8 Punkten.
Mit der Leistungsbeurteilung vom 14. März 2013 wurde die Arbeitsleistung der Klägerin im Beurteilungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2012 mit insgesamt 22 Punkten bewertet. Dabei erhielt sie bei den Beurteilungsmerkmalen „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten”, „Arbeitseinsatz” und „Flexibilität” (im ERA-TV NRW als „Beweglichkeit” bezeichnet) von dem Vorgesetzten P jeweils 6 Punkte, beim Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten” hingegen nur 4 Punkte. Nach Aushändigung der Leistungsbeurteilung am 3. Juni 2013 beanstandete die Klägerin diese mit Schreiben vom 16. Juni 2013 hinsichtlich der Beurteilungsmerkmale „Kooperation/Führungsverhalten” und „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten” und begehrte eine jeweils um 2 Punkte (= eine Bewertungsstufe) bessere Bewertung.
Die paritätische Kommission holte eine Stellungnahme des beurteilenden Vorgesetzten ein und tagte am 14. August 2013. Mitglied der Kommission war für die Arbeitgeberseite ua. Herr B, der in seiner Funktion als Vorgesetzter auch selbst Beurteilungen vornahm. Die paritätische Kommission beschloss – wie im Protokoll festgehalten – „nach ausführlicher Diskussion” eine Anhebung des Beurteilungsmerkmals „Kooperation/Führungsverhalten” um 2 Punkte auf 6 Punkte; im Übrigen wies sie die Beanstandung der Klägerin zurück. Eine Begründung der Entscheidung ist nicht erfolgt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe eine bessere Leistungsbeurteilung zu. Die paritätische Kommission sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, da Herr B selbst Beurteilungen vornehme und nach den tariflichen Bestimmungen deshalb nicht habe teilnehmen dürfen. Die Beurteilung sei auch in der Sache falsch, weil ihre Arbeitsleistung in den beanstandeten Merkmalen höher zu bewerten sei.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
Die Gesamtpunktsumme in der Leistungsbeurteilung der Klägerin vom 14. März 2013 wird für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 auf 26 Punkte festgesetzt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Entscheidung der paritätischen Kommission sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar und sachlich nicht zu beanstanden. Herr B habe in der paritätischen Kommission mitwirken dürfen, da er die umstrittene Leistungsbeurteilung nicht vorgenommen habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiterhin eine bessere Leistungsbeurteilung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
I. Der Klageantrag ist in der nach Hinweis des Senats in der Revision zuletzt zur Entscheidung gestellten Fassung zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auf ein Gestaltungsurteil zur Leistungsbestimmung in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB gerichtet (BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 431/13 – Rn. 30 mwN). Die Beklagte hat der in der geänderten Antragsfassung liegenden Klageänderung (§ 263 ZPO) zugestimmt. Diese ist ausnahmsweise noch in der Revision zulässig (zu den Voraussetzungen zuletzt zB BAG 22. Oktober 2014 – 5 AZR 731/12 – Rn. 36, BAGE 149, 343), weil der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten und von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt gestützt wird, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden.
II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die
Klage nicht abgewiesen werden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist nicht die Richtigkeit der Beurteilung vom 14. März 2013 zu überprüfen. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist vielmehr die Entscheidung der paritätischen Kommission. Diese ist mangels hinreichender Begründung unverbindlich. Entsprechend §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Leistungsbeurteilung durch das Gericht vorzunehmen und eine Gesamtpunktzahl festzusetzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht unterlassen. Seine Entscheidung ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den beurteilungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Die Klägerin begehrt nach dem Klageantrag in der zuletzt gestellten Fassung in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB die Festsetzung einer höheren Gesamtpunktzahl durch das Gericht im Rahmen der Leistungsbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 2012. Sie wendet sich damit nunmehr zutreffend gegen die Leistungsbeurteilung als Ganzes und nicht nur gegen die Bewertung einzelner Beurteilungsmerkmale.
a) Nach § 10 ERA-TV NRW stellt die Leistungsbeurteilung und die sich aus ihr ergebende Gesamtpunktsumme die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Leistungszulage dar (§ 10 Nr. 10 ERA-TV NRW). Die einzelnen Beurteilungsmerkmale bilden hingegen lediglich Elemente der Gesamtbeurteilung, ohne dass diesen für die Höhe der Leistungszulage unmittelbare Bedeutung zukommt.
b) Die Leistungsbeurteilung kann vom Beschäftigten oder vom Betriebsrat beim Arbeitgeber beanstandet werden. Solche Beanstandungen sind sodann in der paritätischen Kommission zu behandeln (§ 10 Nr. 14 Abs. 1 und Abs. 3 ERA-TV NRW). Aufgrund deren Entscheidung über die Beanstandungen – oder im Fall der Nichteinigung der paritätischen Kommission der Entscheidung der dann gemäß § 10 Nr. 14 Abs. 6 und Abs. 7 ERA-TV NRW berufenen Stellen -ergibt sich die endgültige Gesamtpunktsumme und damit die Höhe der Leistungszulage (§ 10 Nr. 14 Abs. 9 ERA-TV NRW). Greift der Beschäftigte das dort gefundene Ergebnis an, ist diese Festsetzung Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Prüfungsgegenstand ist danach die Entscheidung der paritätischen Kommission und nicht mehr die ursprüngliche Beurteilung (vgl. im Fall der Entscheidung einer paritätischen Kommission über einen Verbesserungsvorschlag BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 431/13 – Rn. 29).
2. Die Leistungsbeurteilung vom 14. März 2013 wurde aufgrund der Beanstandungen der Klägerin durch die im Betrieb der Beklagten gebildete paritätische Kommission überprüft und im Ergebnis die Gesamtpunktzahl auf 24 Punkte heraufgesetzt. Diese nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW getroffene Entscheidung ist in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB grundsätzlich nur auf grobe Unrichtigkeit zu überprüfen. Die angegriffene Entscheidung hält auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand, da es ihr an einer Begründung fehlt. Sie ist daher unverbindlich.
a) Die Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 Nr. 14
ERA-TV NRW ist nur eingeschränkt dahin gehend zu überprüfen, ob sie in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und ob ihre wertende und beurteilende Entscheidung grob unrichtig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
aa) Nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW „können” Beanstandungen der Leistungsbeurteilung innerhalb bestimmter Fristen durch den Beschäftigten oder den Betriebsrat beim Arbeitgeber angebracht werden. Während sich der Arbeitnehmer gegen eine aus seiner Sicht zu schlechte Beurteilung wenden wird, kann der Betriebsrat – der auch die kollektiven Interessen der Belegschaft in den Blick zu nehmen hat – sowohl eine zu niedrige als auch eine zu hohe Bewertung beanstanden. Solche Beanstandungen sind zunächst in einer paritätischen Kommission – bestehend aus je zwei von Arbeitgeber und Betriebsrat benannten Betriebsangehörigen – zu behandeln. Nur wenn diese Kommission zu keinem Ergebnis kommt, erfolgt die Behandlung – wiederum paritätisch -durch Arbeitgeber und Betriebsrat. Kommen die Betriebsparteien ebenfalls zu keinem einvernehmlichen Ergebnis über die Beanstandungen, entscheidet die tarifliche Einigungsstelle nach § 24 des Einheitlichen Manteltarifvertrags (EMTV NRW).
(1) Nach den tariflichen Bestimmungen ist damit zunächst ein zwingendes innerbetriebliches bzw. tarifliches Einspruchsverfahren zu durchlaufen, wenn ein Beschäftigter oder der Betriebsrat von seinem Beanstandungsrecht Gebrauch macht. Hiervon gehen auch die Parteien aus. Erst wenn in diesen Verfahren eine Entscheidung ergangen ist, kann – wie aus § 10 Nr. 14 Abs. 8 ERA-TV NRW deutlich wird – das jeweilige Ergebnis einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Dabei bringt die Norm durch den Verweis auf §§ 101 ff. ArbGG bzw. § 76 Abs. 5 BetrVG zum Ausdruck, dass sowohl die innerbetriebliche Entscheidung als auch die der tariflichen Einigungsstelle nur einer eingeschränkten Überprüfung unterliegen soll (vgl. zur Bedeutung eines Verweises auf § 101 ArbGG schon BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 468/96 – zu III 2 d der Gründe). Die Tarifvertragsparteien haben den zur Entscheidung über die Beanstandung einer Leistungsbeurteilung berufenen Stellen damit die Funktion eines Schiedsgutachters übertragen. Dies ist zulässig.
(2) In Tarifverträgen können betriebliche Einrichtungen, wie paritätische Kommissionen, oder andere Stellen geschaffen werden, denen die Aufgabe eines Schiedsgutachters zukommt. Derartige Schiedsgutachtenvereinbarungen binden ausschließlich materiell-rechtlich und verstoßen daher nicht gegen das im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 101 ArbGG mit wenigen Ausnahmen geltende Verbot der Schiedsgerichtsbarkeit (st. Rspr., zuletzt zB BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 431/13 – Rn. 26 f. mwN). Eine unzulässige Schiedsgerichtsvereinbarung liegt erst dann vor, wenn der dritten Stelle nicht nur die Feststellung von Tatsachen, sondern darüber hinaus auch deren verbindliche Subsumtion unter einzelne Tatbestandsmerkmale – etwa im Bereich der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe – übertragen wird (BAG 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zu B I 2 der Gründe mwN, BAGE 109, 193).
(3) Nach diesen Grundsätzen ist die tarifliche Regelung nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Leistung eines Arbeitnehmers mit einer bestimmten Zahl von Punkten ist die Feststellung einer Tatsache aufgrund einer Beurteilung, nicht die Entscheidung einer Rechtsfrage. Die Beurteilung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei der dem Beurteilenden ein Beurteilungsspielraum zusteht. Es erfolgt insofern keine Subsumtion von bestimmten Tatsachen unter eine Rechtsnorm (vgl. zu § 17.2.6 ERA-TV BW BAG 18. Juni 2014 – 10 AZR 699/13 – Rn. 39, 45, BAGE 148, 271; ebenso schon zur Leistungszulage nach § 5 des Gehaltsrahmenabkommens vom 19. Februar 1975 für die Angestellten der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 468/96 – zu III 2 d der Gründe).
bb) Solche durch Entscheidungen paritätischer Kommissionen ergangenen Schiedsgutachten sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur eingeschränkt zu überprüfen.
(1) Die Überprüfung richtet sich zunächst darauf, ob die Entscheidung im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und die zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können; die Entscheidung ist dann unverbindlich (BAG 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zu B I 4 der Gründe, BAGE 109, 193).
(2) In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die wertende und beurteilende Entscheidung der Kommission entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB grob unrichtig ist. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften erfolgt, weil die paritätische Kommission keine Ermessensentscheidung, sondern auf der Grundlage ihres besonderen Sachverstands eine „richtige” Tatsachenfeststellung zu treffen hat, die nur mittelbar der Bestimmung der Leistung dient (vgl. hierzu allgemein BGH 4. Juli 2013 – III ZR 52/12 – Rn. 27; Staudinger/Rieble (2015) § 317 Rn. 21; MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 317 Rn. 38). Eine Leistungsbestimmung im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 319 BGB ist unverbindlich, wenn sie grob unbillig ist. Da die in einem Schiedsgutachten getroffene Feststellung als solche nicht „unbillig” sein kann, sondern nur darauf zu überprüfen ist, ob sie den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, kann sie bei entsprechender Anwendung des § 319 BGB nur dann nicht verbindlich sein, wenn sie offenbar unrichtig ist (BAG 18. Dezember 1980 – 2 AZR 934/78 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 34, 365; BGH 17. Januar 2013 – III ZR 10/12 – Rn. 13, 16; Dahme Paritätische Kommissionen in Tarifverträgen S. 58, 183). Die offenbare Unrichtigkeit steht insoweit der offenbaren Unbilligkeit gleich (Erman/J. Hager BGB 14. Aufl. § 319 Rn. 3; Staudinger/Rieble § 319 Rn. 9; MüKoBGB/Würdinger § 319 Rn. 14).
b) Die Entscheidung der paritätischen Kommission vom 14. August 2013 ist nach diesen Maßstäben unverbindlich. Zwar ist sie entgegen der Auffassung der Revision im vorgesehenen Verfahren ergangen. Es fehlt ihr aber an einer Begründung.
aa) Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass das nach den tariflichen Bestimmungen vorgesehene Verfahren eingehalten wurde. Insbesondere war die paritätische Kommission entgegen der Auffassung der Revision vorschriftsmäßig besetzt. Die Besetzung auf Arbeitgeberseite mit Herrn B verstieß nicht gegen § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW.
(1) Nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW können die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind, nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden. Ausgeschlossen sind damit nur solche Beauftragte des Arbeitgebers, die die konkrete Leistungsbeurteilung, deren Beanstandung vor der paritätischen Kommission behandelt wird, vorgenommen haben. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
(a) Der Wortlaut der Regelung, von dem vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Januar 2016 – 10 AZR 42/15 – Rn. 15), ist nicht eindeutig. Nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW können „die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind” nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden. Die Norm selbst bestimmt den Kreis der ausgeschlossenen Mitglieder damit nicht. In § 10 Nr. 7 ERA-TV NRW selbst sind Beauftragte des Arbeitgebers nicht erwähnt. Die Bestimmung regelt lediglich dessen Pflicht, einmal im Kalenderjahr, spätestens aber 18 Monate nach der letzten Beurteilung, das Leistungsverhalten aller Beschäftigten beurteilen zu lassen. Allerdings könnte die Verwendung des Plurals in § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW dafür sprechen, dass – wie die Revision annimmt – sämtliche Personen, die überhaupt einmal oder jedenfalls im konkreten Beurteilungsturnus Beurteilungen vorgenommen haben, von der Mitgliedschaft in der paritätischen Kommission ausgeschlossen sein sollen. Ebenso wenig ist aber durch den Wortlaut ein Verständnis ausgeschlossen, wonach dieser Ausschlussgrund zwar grundsätzlich für alle Beurteilenden gilt, aber nur dann relevant wird, wenn die streitgegenständliche Beurteilung durch das Mitglied der paritätischen Kommission erfolgte.
(b) Die Tarifsystematik und der tarifliche Gesamtzusammenhang sprechen – wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht – gegen die von der Revision vertretene Auffassung. Der Begriff „die Beauftragten” wird auch in § 10 Nr. 3 Abs. 1 ERA-TV NRW verwendet. Danach wird für jeden Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, eine Beurteilungskarte angelegt, auf der das Ergebnis der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum einzutragen ist. Die Leistungsbeurteilung erfolgt durch Beauftragte des Arbeitgebers, die die Karte zu unterzeichnen haben. Im Sinne dieser Norm sind „die Beauftragten des Arbeitgebers” somit diejenigen Personen, die jeweils die Leistungsbeurteilung einer konkreten Person vornehmen. Die Verwendung des Plurals dient hier lediglich der Verdeutlichung, dass der Arbeitgeber eine abstrakte Anzahl von Beauftragten zur Beurteilung einsetzen darf. Zwar nimmt § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW nicht unmittelbar auf Nr. 3 Bezug; durch Nr. 7 erfolgt aber – wie dargelegt – keine Begriffsklärung, sondern diese ergibt sich erst im Zusammenspiel dieses Normteils mit § 10 Nr. 3 ERA-TV NRW. Dies spricht deutlich dafür, dass die Verwendung des Plurals in § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW lediglich dazu dient, die potentiell unbestimmte Anzahl der Beauftragten herauszustellen.
Gegen das von der Revision vertretene weite Verständnis spricht in systematischer Hinsicht auch, dass umfassende Regelungen zur Mitgliedschaft in den paritätischen Kommissionen und möglichen Fällen der Befangenheit fehlen. Hätten die Tarifvertragsparteien jede auch nur entfernt mögliche Interessenkollision ausschließen wollen, hätten sie auch Regelungen über den Ausschluss der durch den Betriebsrat benannten Mitglieder für den Fall treffen müssen, dass der Betriebsrat nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW Beanstandungen gegen eine Leistungsbeurteilung erhebt. Solche Bestimmungen enthält der Tarifvertrag nicht.
(c) Sinn und Zweck des § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW sprechen für ein enges Verständnis der Norm.
(aa) Paritätische Kommissionen werden durch die Tarifvertrags- oder Betriebsparteien eingerichtet, um eine Überprüfung von im Betrieb getroffenen Entscheidungen, wie hier der Leistungsbeurteilung, vorzunehmen oder solche erstmals zu treffen, wie beispielsweise durch eine Prämienkommission im betrieblichen Vorschlagswesen. Die Entscheidung soll dabei betriebsnah und fachkundig durch Personen erfolgen, denen die betrieblichen Verhältnisse bekannt und die mit den jeweiligen Sachverhalten vertraut sind (vgl. zu diesem Aspekt unter anderem Blickwinkel: BAG 17. März 2005 – 8 AZR 179/04 – zu II 2 d der Gründe; 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zu B I 4 der Gründe, BAGE 109, 193). Um diesem Zweck gerecht zu werden, liegt es nahe, auch solche Personen in die paritätische Kommission zu entsenden, die das Beurteilungsverfahren und seine spezifischen Schwierigkeiten aus eigener praktischer Anschauung kennen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die paritätische Kommission eine eigene Entscheidung zu treffen und nicht nur etwa eine Art Rechtskontrolle der zu überprüfenden Beurteilung vorzunehmen hat. Zwar könnte die Regelung – wie die Revision meint – den Sinn haben, die Überprüfung durch eine paritätische Kommission vornehmen zu lassen, die mit Personen besetzt ist, die mit den Beurteilungen im jeweiligen Turnus überhaupt noch nicht befasst waren, etwa, um einen völlig unverstellten Blick zu ermöglichen. Unabhängig von der dann möglicherweise fehlenden Sachkunde spricht hiergegen aber deutlich das oben dargelegte Fehlen einer entsprechenden Regelung für die vom Betriebsrat benannten Mitglieder.
(bb) Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW den Zweck verfolgt, den Wechsel der Mitglieder der paritätischen Kommission pro Beurteilungsturnus gering zu halten, etwa, um eine Konsistenz in der Entscheidungsfindung zu wahren. Bei einem derart verstandenen Zweck würde es zwar Sinn machen, sämtlichen Beurteilern im Beurteilungsturnus die Stellung als Mitglied in der paritätischen Kommission zu verwehren, um die Gefahr einer Verhinderung wegen Befangenheit auszuschließen. Gegen einen derartigen Zweck spricht jedoch insbesondere, dass die Tarifvertragsparteien auch ansonsten keinerlei Regelung getroffen haben, die den Wechsel bzw. Austausch der Kommissionsmitglieder eingrenzen. Im Übrigen würde sich eine ähnliche Problematik auf Seiten der betriebsrätlichen Kommissionsmitglieder ergeben, wenn ein solches Mitglied seine Beurteilung beanstandet hat.
(cc) Ein zweckentsprechendes Verständnis bekommt die Norm hingegen, wenn man sie als konkrete Befangenheitsregelung für die arbeitgeberseitigen Kommissionsmitglieder ansieht. Für den praktisch bedeutsamsten Fall einer konkreten Interessenkollision haben die Tarifvertragsparteien damit den Ausschluss derjenigen Personen festgelegt, die selbst die Beurteilung nach § 10 Nr. 7 ERA-TV NRW vorgenommen haben, ohne dass im Einzelfall noch Streit über deren Unparteilichkeit und Entscheidungsbefugnis entstehen könnte.
(2) Das von der Arbeitgeberin für die paritätische Kommission benannte Mitglied B hat die Beurteilung der Klägerin nicht vorgenommen; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Herr B war daher nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW nicht gehindert, über die Beanstandungen der Klägerin gegen deren Leistungsbeurteilung mit zu entscheiden.
bb) Die Entscheidung der paritätischen Kommission ist allerdings wegen eines groben Verfahrensverstoßes unverbindlich, da sie nicht begründet ist.
(1) Die gerichtliche Kontrolle von Schiedsgutachten bezieht sich auf Entscheidungsvorgang und Entscheidungsbegründung. Es ist nicht nur dann offenbar unrichtig, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter – sei es auch erst nach eingehender Prüfung – offensichtliche Fehler aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen, sondern auch dann, wenn die Ausführungen so lückenhaft sind, dass selbst der Fachmann das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann (vgl. BGH 27. Juni 2001– VIII ZR 235/00 – zu II 2 a der Gründe mwN). Falsche oder fehlende Erwägungen machen das Gutachten daher unrichtig (Staudinger/Rieble § 319 Rn. 9; MüKoBGB/Würdinger § 319 Rn. 17; Bamberger/Roth/Gehrlein BGB 3. Aufl. § 319 Rn. 4; Palandt/Grüneberg 75. Aufl. § 319 BGB Rn. 5a). Auch im Hinblick auf das Verbot der Schiedsgerichtsvereinbarung muss im Arbeitsrecht nachvollziehbar sein, welche Tatsachenfeststellungen die Gutachtenstelle getroffen hat und inwieweit sie diese ihrer Entscheidung zugrunde legt. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung von Kommissionsentscheidungen nicht überspannt werden. Diese haben den Vorteil, betriebsnah zu sein und in den Entscheidungsprozess Personen, denen die betrieblichen Verhältnisse bekannt sind, einzubeziehen. Würde man ihnen eine Begründungspflicht auferlegen, die der einer gerichtlichen Entscheidung nahekommt, würde das Verfahren zu umständlich werden. Es entstünden damit Hemmungen, auf diesen praktikablen Konfliktregelungsmechanismus zurückzugreifen. Unverzichtbar ist jedoch eine nachvollziehbare Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die getroffene Entscheidung beruht. Nur so kann die Kommissionsentscheidung gegenüber den Arbeitsvertragsparteien überzeugend wirken und nur so ist es dem Gericht möglich festzustellen, ob die Entscheidung grob unrichtig ist (BAG 17. März 2005 – 8 AZR 179/04 – zu II 2 d der Gründe mwN; 20. Januar 2004– 9 AZR 393/03 – zu B I 4 der Gründe mwN, BAGE 109, 193).
(2) Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung der paritätischen Kommission nicht. Die paritätische Kommission hat nicht dargestellt, auf welche Tatsachen sie ihre Entscheidung, die Leistung der Klägerin bei den Beurteilungsmerkmalen „Kooperation/Führungsverhalten” und „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten” jeweils mit 6 Punkten zu bewerten und damit die Gesamtbewertung auf 24 Punkte festzusetzen, gestützt hat. Eine derartige Begründung findet sich insbesondere nicht im Protokoll vom 15. August 2013 über ihre Sitzung. Dort wird nur aufgelistet, auf welche Kategorien sich die Beanstandung der Klägerin bezieht und zu welchem Ergebnis die Kommission „nach ausführlicher Diskussion” gekommen ist. Inhalte der Diskussion oder Elemente der Begründung der gefundenen Entscheidung finden sich in dem Protokoll nicht. Auch ist nicht erkennbar, ob und ggf. in welchem Umfang sich die Kommission Argumente aus der Beanstandung der Klägerin oder der eingeholten Stellungnahme ihres Vorgesetzten zu Eigen gemacht hat. Die Entscheidung ist damit wegen fehlender Begründung unverbindlich.
3. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Entscheidung der paritätischen Kommission ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch das Gericht die Leistungsbeurteilung für den Streitzeitraum vorzunehmen und die Gesamtpunktzahl festzusetzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht – aus seiner Sicht konsequent – nicht gemacht. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).
a) Wendet sich ein Beschäftigter gegen die Leistungsbeurteilung, haben im Fall der Unverbindlichkeit der Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW die damit befassten Arbeitsgerichte die Beurteilung vorzunehmen und im Rahmen der erfolgten Beanstandungen die Gesamtpunktsumme festzusetzen. Der Ausspruch des Gerichts tritt an die Stelle der Entscheidung der paritätischen Kommission (vgl. zur Festsetzung einer Prämie für einen Verbesserungsvorschlag BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 431/13 – Rn. 30 mwN). Einer nochmaligen Überprüfung durch die Schiedsgutachterstelle steht grundsätzlich das arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgebot des § 9 ArbGG entgegen (vgl. BAG 17. März 2005 – 8 AZR 179/04 – zu II 2 e der Gründe; 20. Januar 2004 – 9 AZR 393/03 – zu B II der Gründe, BAGE 109, 193). Auch § 10 ERA-TV NRW enthält keine Regelung, die eine erneute Befassung durch die paritätische Kommission vorsehen oder auch nur erlauben würde. Vielmehr ist durch die einvernehmliche Entscheidung einer paritätischen Kommission oder einer anderen in § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW genannten Stelle das tarifliche Einspruchsverfahren abgeschlossen und Beschäftigten, Betriebsrat oder Arbeitgeber der Rechtsweg eröffnet (§ 10 Nr. 14 Abs. 8 ERA-TV NRW).
b) Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Leistungsbeurteilung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (Staudinger/Rieble § 319Rn. 44; vgl. zur Leistungsbestimmung nach § 315 BGB BAG 15. Mai 2013 – 10 AZR 679/12 – Rn. 35 mwN). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall bei der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 364/13 – Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu der Leistung der Klägerin im Beurteilungszeitraum hinsichtlich der beiden beanstandeten Beurteilungsmerkmale getroffen hat, die die Festsetzung einer Gesamtpunktzahl durch den Senat zuließen.
c) Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:
aa) Die richterliche Ersatzbestimmung in entsprechender Anwendung von § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen (vgl. zur Ersatzleistungsbestimmung iSv. § 315 Abs. 3 BGB: BGH 8. November 2011 – EnZR 32/10 – Rn. 24; 20. Juli 2010 – EnZR 23/09 – Rn. 39). Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 317 Rn. 38, § 315 Rn. 521).
bb) Die gerichtliche Bestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB tritt – wie dargelegt – an die Stelle der Entscheidung der paritätischen Kommission. Diese wiederum entscheidet nach den tariflichen Bestimmungen über die Beanstandungen der Klägerin. Da eine Beanstandung durch den Betriebsrat nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW nicht erfolgt ist, bestimmt alleine die Beanstandung der Klägerin, hinsichtlich welcher Beurteilungsmerkmale und Bewertungen eine Überprüfung der Leistungsbeurteilung vorzunehmen ist. In diesem Rahmen hat die paritätische Kommission die Gesamtpunktzahl der Leistungsbeurteilung festgesetzt. Da diese Entscheidung insgesamt unverbindlich ist, tritt nunmehr sowohl hinsichtlich des Beurteilungsmerkmals „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten” als auch für das Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten” – das von den Betriebsparteien erkennbar synonym zum tariflichen Merkmal „Zusammenarbeit/Führungsverhalten” verwendet wird – die gerichtliche Bestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB an deren Stelle. Dabei besteht eine Bindung an die Festsetzung von 6 Punkten bzw. 4 Punkten hinsichtlich dieser Kriterien in der Leistungsbeurteilung im Sinne einer Untergrenze. An die Festsetzung von jeweils 6 Punkten hinsichtlich der Kriterien, die mangels Beanstandung nicht Gegenstand des Verfahrens vor der paritätischen Kommission waren, bleibt das Gericht ebenfalls gebunden. Hingegen ist die durch die paritätische Kommission erfolgte Erhöhung der Punktzahl hinsichtlich des Beurteilungsmerkmals „Kooperation/Führungsverhalten” für das Gericht nicht maßgeblich, da die Entscheidung insgesamt und deshalb auch insoweit unverbindlich ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat das Landesarbeitsgericht dann eine Gesamtpunktzahl festzusetzen.
cc) Das Landesarbeitsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung erkennbar angenommen – ohne dies allerdings näher zu begründen –, dass die vom Vorgesetzten P in seiner Stellungnahme an die paritätische Kommission geschilderten Vorgänge im Mahnwesen dem Beurteilungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten” zuzuordnen sind und die Bewertung der Arbeitsleistung der Klägerin mit 6 Punkten rechtfertigen. Eine solche Wertung der Zuordnung erscheint nicht ausgeschlossen, wenn man die in diesem Zusammenhang bemängelten Rückfragen der Klägerin beim Vorgesetzten dem bei diesem Merkmal genannten Kriterium der „Zuverlässigkeit” zuordnet, etwa weil die Rückfrage wegen einer nicht hinreichenden Aufklärung des Sachverhalts durch die Klägerin erforderlich wurde. Ebenso erscheint aber denkbar, die Bewertung dieser Vorgänge dem Beurteilungsmerkmal „Arbeitseinsatz” mit dem Kriterium „Selbstständigkeit” zuzuordnen. Bei einer solchen Zuordnung könnten diese Vorgänge nicht mehr zur Bewertung herangezogen werden, da hinsichtlich dieses Kriteriums keine Beanstandung der Leistungsbeurteilung vorliegt. Zur abschließenden Beurteilung der Zuordnung bedarf es aber weiteren Vortrags der Parteien zu dem genauen Inhalt der von der Klägerin geschuldeten Arbeitsleistung und der Qualität der von ihr erbrachten Leistungen. Ebenso bedarf es weiteren Vortrags zum beanstandeten Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten” und zu der insoweit erbrachten Leistung der Klägerin.
dd) Bei der Würdigung des zu erwartenden Vortrags der Parteien wird die von den Tarifvertragsparteien getroffene materiell-rechtliche Wertung, welche Leistung von einem durchschnittlich geeigneten Beschäftigten ohne gesteigerte Anstrengung auf Dauer zu erreichen ist (vgl. § 10 Nr. 2 Abs. 1 ERA-TV NRW), zu berücksichtigen sein (vgl. zu Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast nach ERA-TV BW BAG 18. Juni 2014 – 10 AZR 699/13 – Rn. 41 ff., BAGE 148, 271). Dabei gehen die Tarifvertragsparteien von einer Gesamtsumme der betrieblichen Leistungszulagen von ca. 10 % der tariflichen Monatsgrundentgeltsumme aus. Dieser Richtwert wird tariflich auch angesetzt, wenn ein Beschäftigter noch nicht beurteilt wurde (§ 10 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 ERA-TV NRW). Rechnerisch kann für den einzelnen Beschäftigten ein Leistungsentgelt von maximal 20 % des tariflichen Monatsgrundentgelts erreicht werden (vgl. § 10 Nr. 10 Abs. 1 ERA-TV NRW beim maximalen Wert von 32 Punkten, zusammengesetzt aus 4 Beurteilungsmerkmalen zu jeweils 8 Punkten gemäß § 10 Nr. 8 und Nr. 9 ERA-TV NRW).
Unterschriften
Linck, Schlünder, W. Reinfelder, Uhamou, Frese
Fundstellen
Haufe-Index 9535368 |
BAGE 2017, 109 |
BB 2016, 1779 |
DB 2016, 7 |