Zusammenfassung
Die ertragsteuerliche Verpflichtung zur Einbehaltung der Steuer durch den Auftraggeber von Bauleistungen soll die illegale Betätigung im Baugewerbe eindämmen. Entweder besorgt sich der Bauausführende eine Freistellungsbescheinigung seines zuständigen Finanzamts oder der Auftraggeber hat 15 % von der Gegenleistung einzubehalten und an das Finanzamt des Auftragnehmers abzuführen. Die Regelung gilt auch für die Ausführung von Bauleistungen ausländischer Unternehmer im Inland. Für die Umsatzsteuer gilt dagegen der Übergang der Steuerschuld gem. § 13b UStG auf den Auftraggeber bei ausländischen Bauleistenden generell oder wenn dieser ebenfalls Bauleistungen erbringt.
1 Freistellungsbescheinigung oder Einbehalt der Steuer
Das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe verpflichtet den Unternehmer beim Empfang von Bauleistungen unter bestimmten Voraussetzungen einen 15 %igen Steuerabzug von der vereinbarten Bruttovergütung einzubehalten und an das Finanzamt des Bauleistenden abzuführen. Der Einbehalt kann nur unterbleiben, wenn der Auftragnehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt oder bestimmte Bagatellgrenzen nicht überschritten werden. Damit sollen Schwarzarbeit und unseriöse Geschäftspraktiken von Scheinfirmen erschwert werden. Einzelheiten dazu regeln die §§ 48 – 48d EStG.
2 Anwendungsbereich
Die Einbehaltungsverpflichtung gilt nur für den Auftraggeber bei der Inanspruchnahme von im Inland durchgeführten Bauleistungen zur Sicherung der ordnungsgemäßen Besteuerung der Erträge. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, der Instandsetzung oder Instandhaltung, der Änderung oder der Beseitigung von Bauwerken dienen.
Der Begriff des Bauwerks ist nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH weit auszulegen. Infrage kommen nicht nur Gebäude, auch sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen, wie Brücken, Straßen oder Tunnel, Versorgungsleitungen und Windkraftanlagen, gehören dazu. Insofern umfasst der Begriff des Bauwerks auch Scheinbestandteile i. S. d. § 95 BGB, Betriebsvorrichtungen i. S. d. § 68 Ab. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG und technische Anlagen.
Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Bauwerk
- Einbau von Fenstern und Türen, Bodenbelägen
- Installation von Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen
- Montage von Laden- und Gaststätteneinrichtungen sowie Schaufensteranlagen
- Dachbegrünung eines Bauwerks
- Hausanschlussarbeiten durch ein Energieversorgungsunternehmen
- Installation einer Photovoltaikanlage an oder auf einem Gebäude.
Voraussetzung für den Steuerabzug ist demnach, dass Tätgkeiten durchgeführt werden, die sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirken, demnach zu einer Substanzveränderung i. S. v. Substanzerweiterung, -verbesserung oder -beseitigung führen.
Von diesen Leistungen ausgenommen sind dagegen ausschließlich planerische Leistungen, z. B. der Architekten, Statiker, Bau- und Vermessungsingenieure, sowie reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen, Labordienstleistungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben. Auch Arbeitnehmerüberlassungen, die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen und Wartungsarbeiten fallen nicht unter die Einbehaltungspflicht.
Haupt- und Nebenleistungen
Werden im Rahmen einer Gesamtleistung sowohl typische Bauleistungen als auch Leistungen erbracht, die bei separater Betrachtungsweise nicht der Einbehaltungsverpflichtung unterlägen, ist von den Leistungen auszugehen, die der vertraglichen Beziehung das Gepräge geben. Nebenleistungen teilen das Schicksal der Hauptleistung. Beispiele:
- Ein Steuerberatungsbüro beauftragt ein Handelsunternehmen mit der Lieferung und Wartung eines Kopierers. Beauftragte des Handelsunternehmens verlegen in diesem Zusammenhang ein Stromkabel zum Anschluss des Druckers. Die Leistung wird als Bestandteil der Lieferung des Druckers an das Steuerberatungsbüro abgerechnet. Für die Verlegung des Stromkabels besteht keine Einbehaltungspflicht seitens des Steuerberatungsbüros.
- Ein Badstudio entwirft die Komplettausstattung eines Badezimmers und übernimmt als Generalunternehmer den Auftrag. Die Planungs- und Bauüberwachungsarbeiten treten als Nebenleistung hinter die Kompletterstellung des Bads zurück. Die Gesamtleistung unterliegt dem Steuerabzug.
3 Steuerabzugsverpflichteter
Zur Einbehaltung und Abführung an das für den Bauleistenden zuständige Finanzamt verpflichtet ist der Leistungsempf...