Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Die Rechtsfolgen des falschen Steuerausweises
Mit der Illustration des Kinderbuchs hat G eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG ausgeführt. Die Leistung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, da diese Leistung im Inland ausgeführt wurde. Die Leistung unterliegt keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG. Allerdings ist auf diese Leistung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Damit würde sich bei einem vereinbarten Nettoentgelt i. H. v. 10.000 EUR eine Umsatzsteuer i. H. v. 700 EUR ergeben.
Leistungserbringung für Steuersatz maßgeblich
G besteuert seine Umsätze nach den Sachverhaltsangaben nach vereinnahmten Entgelten, sodass die Umsatzsteuer erst dann entsteht, wenn die Zahlung erfolgt ist (Juli 2020). Im Juli 2020 gilt nach § 28 Abs. 2 UStG der temporär abgesenkte Steuersatz von 5 %. Da die Leistung des G aber schon im Juni 2020 ausgeführt worden war, kommt der Steuersatz von 7 % zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (Juni 2020) zur Anwendung.
Da G aber für seine Leistung tatsächlich 11.900 EUR erhalten hat, ergibt sich für ihn eine Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG i. H. v. (11.900 EUR abzüglich darin enthaltene 7 % Umsatzsteuer) 11.121,50 EUR. Damit schuldet G aufgrund seiner erbrachten Leistung und des erhaltenen Bruttoentgelts von 11.900 EUR eine Umsatzsteuer i. H. v. 778,50 EUR. Diese Umsatzsteuer entsteht (soweit monatliche Voranmeldungen abgegeben werden) aufgrund der Istbesteuerung mit Ablauf des Monats Juli 2020.
Da G aber in seiner Rechnung insgesamt 1.900 EUR Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hatte, schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG auch den Differenzbetrag i. H. v. 1.121,50 EUR; diese Umsatzsteuer ist grundsätzlich mit Ausgabe der Rechnung entstanden. Damit würde die unrichtig ausgewiesene Steuer schon im Juni 2020 mit der Ausgabe der Rechnung entstehen, obwohl die Umsatzsteuer für die Leistung aufgrund der Istbesteuerung erst im Juli 2020 entsteht. Da der leistende Unternehmer in aller Regel nicht erkennt, dass die von ihm ausgewiesene Umsatzsteuer unrichtig ist (dann würde er sie nicht unrichtig ausweisen), beanstandet es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen nicht, wenn der Unternehmer den Mehrbetrag für den Voranmeldungszeitraum anmeldet, in dem die Steuer für seine Leistung entstanden ist (hier also Juli 2020).
Der Verlag als Leistungsempfänger hat in jedem Fall nur einen Vorsteuerabzug i. H. v. 778,50 EUR.
Der Verkauf des Pkw erfolgte nicht im Rahmen des Unternehmens von G. Damit hat G keinen steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht. Allerdings hat er in einem Abrechnungspapier für einen nicht im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Verkauf Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. Damit schuldet G aus diesem Abrechnungspapier die dort ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. 950 EUR. Die Umsatzsteuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG mit Ausgabe der Rechnung im Voranmeldungszeitraum Juni 2020.
Die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung
G hat allerdings die Möglichkeit, beide Rechnungen zu berichtigen. Die Berichtigung der Rechnung bedeutet noch nicht automatisch auch eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags. Obwohl der BFH entschieden hatte, dass ein systematischer Unterschied zwischen einer unrichtig und einer unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht mehr besteht, ist wegen unterschiedlicher Berichtigungsmöglichkeiten der unrichtige von dem unberechtigten Steuerausweis zu unterscheiden.
Berichtigt G die Rechnung gegenüber dem Verlag, ist auch die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer korrigiert. Das Original der Rechnung muss G dazu nicht zurückerhalten, er muss aber die berichtigte Rechnung dem Rechnungsempfänger tatsächlich zugestellt haben.
Abrechnungsempfänger muss identifizierbar sein
Eine Berichtigung ist deshalb in den Fällen nicht möglich, in denen der Rechnungsempfänger nicht mehr auffindbar ist. Ein besonderes Problem ergibt sich bei Kleinbetragsrechnungen, in denen ein unzutreffender Steuersatz angegeben ist. Auch diese Rechnungen führen zu einem unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis, bei denen Mangels Angabe eines Leistungsempfängers eine spätere Rechnungsberichtigung ausgeschlossen sein wird.
Allerdings hat der BFH entschieden, dass für die wirksame Berichtigung eines unrichtig ausgewiesenen Steuerbetrags notwendige Voraussetzung ist, dass der unrichtig ausgewiesene Betrag (soweit er von dem leistenden Unternehmer vereinnahmt worden ist) auch wieder an den Leistungsempfänger zurückgezahlt wird. G muss deshalb den überzahlten Betrag zur Wirksamkeit seiner Rechnungsberichtigung an den Verlag zurückzahlen.
Bei der Korrektur des unberechtigten Steuerausweises aus dem Verkauf des Fahrzeugs muss G dem Abnehmer eine korrigierte Rechnung zustellen und dann bei seinem Finanzamt die Korrektur des unberechtigten Steuerausweises beantragen. Erst wenn er die Genehmigung seines Finanzamts hat, kann auch die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer mit steuerlicher Wirkung beseitigt werden.