Leitsatz
Sind bei einem dualen Studium die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb so gestaltet, dass es sich um Ausbildungsdienstverhältnis handelt, ist Kindergeld unabhängig davon zu gewähren, ob die wöchentliche Arbeitszeit 20 Arbeitsstunden übersteigt.
Sachverhalt
Der Sohn der Klägerin hat eine Ausbildung zum Elektrotechniker abgeschlossen und danach eine duales Studium Mechatronik/Automatisierungstechnik an einer Fachhochschule (FH) begonnen. Die Ausbildung erfolgt im blockweisen Wechsel von betrieblichen Praxisphasen im Ausbildungsbetrieb und Theoriephasen an der FH. Die FK hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Juli 2012 auf, da der Sohn sich aktuell in einer weiteren Berufsausbildung befinde, und daneben einer Erwerbstätigkeit von wöchentlich mehr als 20 Stunden nachgehe. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass die Studien- mit den Praxisphasen wechselten, sodass im Rahmen der Praxisphase, die 28 Wochen im Jahr stattfinde, keine Tätigkeit von mehr als 20 Stunden in der Woche ausgeübt werde.
Entscheidung
Das FG hat der Klage stattgegeben. Nach § 32 Abs. 4 EStG werden Kinder berücksichtigt, wenn sie noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG sind eine Erwerbstätig-keit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis unschädlich. Im Streitfall liegt für Zwecke des Kindergelds ein als Ausbildungsdienstverhältnis zu qualifizierendes Vertragsverhältnis zwischen dem Sohn der Klägerin und dem Ausbildungsbetrieb vor, sodass Kindergeld weiter zu gewähren ist, obwohl das Kind einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Es handelt sich um einen sog. dualen Studiengang, der grundsätzlich auch nach der DA-FamEStG (DA 63.4.3.2 Abs. 1 Satz 3) zu berücksichtigen ist.
Hinweis
Es handelt sich um eines der ersten Urteile zu den ab 1.1.2012 geltenden neuen Regelungen beim Kindergeld (Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze). Zu der negativen Entscheidung der FK ist es offensichtlich nur gekommen, weil die FK in dem Vertragsverhältnis zwischen dem Sohn der Klägerin und dem Ausbildungsbetrieb kein Ausbildungsdienstverhältnis gesehen hat. Wegen der klaren Rechtslage hat das FG die Revision nicht zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob die FK NZB Einlegen wird.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 22.08.2013, 3 K 711/13 Kg