Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Die Bilanzberichtigung für Zwecke der Festsetzung der Gewerbesteuer hindert nicht die entsprechende einkommensteuerrechtliche Korrektur in einem späteren Veranlagungszeitraum.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 , GewStG § 7
Sachverhalt
Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte. Auf Grund eines Buchungsfehlers wies seine Bilanz auf den 31.12.1989 einen zu hohen Forderungsbestand aus. Nach erfolgswirksamer Berichtigung der Bilanz änderte das FA den GewSt-Bescheid 1989; der bestandskräftige ESt-Bescheid 1989 blieb unverändert. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1990 lehnten FA und FG eine Korrektur des Forderungsausweises mit der Begründung ab, eine "Rückwärtsberichtigung" der Bilanz bis zur Fehlerquelle sei nur zulässig, wenn die Veranlagung änderungsfähig sei oder – was hier nicht in Betracht komme – der Bilanzierungsfehler -steuerlich bislang ohne Auswirkungen gewesen sei. Zutreffend sei die Schlussbilanz auf den 31.12.1989 geändert worden; eine Korrektur des Forderungsbestands nur für die Einkommensteuer komme nicht in Betracht.
Entscheidung
Die Revision führte zur Stattgabe der Klage. Nach Auffassung des BFH verletzt das FG-Urteil die Grundsätze des (formellen) Bilanzenzusammenhangs.
Die Änderung des GewSt-Bescheids 1989 steht nach Auffassung des BFH einer einkommensteuerrechtlichen Berichtigung des Forderungsausweises (erst) bei der ESt-Veranlagung 1990 nicht entgegen, da die Voraussetzungen der Bilanzberichtigung jeweils gesondert für ESt und GewSt zu prüfen sind. Ebenso wie § 7 GewStG keine Bindungswirkung für die Gewerbesteuer an den einkommensteuerrechtlichen Gewinn begründet, bewirkt umgekehrt die Korrektur des Forderungsbestands bei der GewSt nicht die Änderung des einkommensteuerrechtlichen Endvermögens. Damit können sowohl die materiellrechtlichen Unterschiede von GewSt und ESt als auch der unterschiedliche verfahrensrechtliche Ablauf der einzelnen Veranlagungen eine unterschiedliche Entwicklung der Bilanzansätze für Zwecke der beiden Steuern haben.
Hinweis
Nach den Grundsätzen des (formellen) Bilanzenzusammenhangs sind unrichtige Bilanzansätze für Zwecke der Veranlagung und der Gewinnfest-stellung grundsätzlich im Fehlerjahr und in den Folgejahren zu berichtigen; soweit Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskräftig sind und nicht nach Änderungsvorschriften korrigiert werden können, muss die Änderung in der ersten Schlussbilanz des ersten Jahres nachgeholt werden, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 10.12.1997, BStBl II 1998, 377 und vom 11.2.1998, BStBl II 1998, 503; EStH 15 "Richtigstellung eines unrichtigen Bilanzansatzes").
Die Unrichtigkeit des Bilanzansatzes bestimmt sich allein nach den einkommensteuerrechtlichen oder handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften, so dass die Behandlung des fehlerhaft ermittelten Gewinns in anderen Steuerarten für Art und Umfang der Bilanzberichtigung für Zwecke der Einkommensteuer vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Regelungen weder materiellrechtlich noch verfahrensrechtlich maßgeblich ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.9.2000, XI R 18/00