Leitsatz
1. Vergütungen für Dienstleistungen, die ein im Inland ansässiger Flugzeugführer eines in Österreich ansässigen Unternehmens an Bord eines Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr erbringt, werden in Deutschland nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee i.V.m. Art. 15 Abs. 5 DBA-Österreich 2000 abweichend von der im Abkommen ansonsten vereinbarten Freistellungsmethode nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Österreich 2000 unter Anrechnung der österreichischen Steuer besteuert. Die Anwendung der Anrechnungs- statt der Freistellungsmethode ist nicht gleichheitswidrig.
2. Die Zuweisung des Besteuerungsrechts an denjenigen Vertragsstaat, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Luftverkehrsunternehmens befindet, umfasst auch den Teil der Tätigkeit des Flugzeugführers, den er nicht an Bord eines Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr, sondern auf dem Boden erbringt, wenn die Tätigkeit am Boden der Arbeit an Bord dient oder der eigentlichen Arbeit an Bord inhaltlich verbunden ist.
Normenkette
Art. 15 Abs. 1 und 5, Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Österreich 2000, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Streitjahr 2008 seinen Wohnsitz im Inland. Er war für eine in Österreich ansässige Fluglinie als Flugzeugführer tätig. Seine Bruttobezüge aus dieser Tätigkeit wurden im Streitjahr in Österreich der Besteuerung unterworfen.
Das FA behandelte die vom Kläger vereinnahmten Bezüge zu einem Teilbetrag von 24,4 % nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 als steuerfrei und berücksichtigte diesen Betragsteil nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 DBA-Österreich 2000 bei der Berechnung des Steuersatzes. Den verbleibenden Betragsteil von 75,6 % bezog das FA in die Bemessungsgrundlage ein und rechnete die darauf in Österreich gezahlte ESt nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee i.V.m. Art. 15 Abs. 5 DBA-Österreich 2000 i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 und Abs. 1 des EStG 2002 auf die hiernach festgesetzte ESt an. Den Aufteilungsschlüssel von 24,4 % zu 75,6 % berechnete das FA nach dem Verhältnis der Gesamtarbeitszeit des Klägers und dessen tatsächlichen Flugeinsatzzeiten über deutschem Hoheitsgebiet.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage, mit welcher er in vollem Umfang die Freistellung seiner Bezüge nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 beanspruchte.
Die Klage blieb erfolglos (FG München, Urteil vom 3.6.2014, 13 K 2730/11, Haufe-Index 7215059, EFG 2014, 1854).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Er hob dessen Urteil dennoch auf und verwies die Sache an das FG zurück. Grund dafür war das EuGH-Urteil vom 28.2.1013, C-168/11, Beker und Beker (BStBl II 2015, 431, BFH/NV 2013, 889, BFH/PR 2013, 236) und nachfolgend das BFH-Urteil vom 18.12.2013, I R 71/10 (BStBl II 2015, 361, BFH/NV 2014, 759, BFH/PR 2014, 190): Das FG habe keine Feststellungen getroffen, ob die gegenüber dem Kläger vollzogene Anrechnung der österreichischen ESt damit und mit der neugeschaffenen, auf das Streitjahr 2008 rückwirkenden Regelung, des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 in Gestalt des § 52 Abs. 34a EStG 2009 n.F. in Einklang stehe. Das sei nachzuholen.
Hinweis
Und noch ein "Pilotenurteil" (s. bereits das Urteil vom 20.5.2015, I R 68/14, Haufe-Index 8309255 und in BFH/PR 11/2015, 400). Auch in obigem Fall wurden zwei Fragen entschieden. Die eine Frage ist zu verallgemeinern. Sie findet sich im zweiten Leitsatz. Die andere Frage hingegen ist eine solche, die sich vor allem und spezifisch "nur" auf das DBA-Österreich bezieht. Die Antwort darauf ist im ersten Leitsatz zusammengefasst.
1. Zuerst zu der verallgemeinernden Frage:
a) In der Regel steht für die Vergütungen von Flug- (und Schiffs-)Personal, die auf im internationalen Verkehr eingesetzten Flugzeugen (oder Schiffen) tätig sind, bei Vereinbarung der Freistellungsmethode demjenigen Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem die betreffende Fluggesellschaft (oder Schiffsbetreiberin) ihre Geschäftsleitung hat. Das gebieten einschlägige Abkommensregeln in Anlehnung an Art. 15 Abs. 3 OECD-MA. Der Ansässigkeitsstaat des Flugpersonals hat die Einkünfte demgegenüber in Vollzug der Freistellungsmethode von der Besteuerung auszunehmen.
b) Voraussetzung für diese Besteuerungszuordnung ist, dass die unselbstständige Arbeit an Bord u.a. eines Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das im internationalen Verkehr betrieben wird. Muss nun kleinlich herausgerechnet werden, welche Arbeit von dem jeweiligen Flugbediensteten konkret an Bord erbracht wird oder welche am Boden?
Der BFH stellt klar: Umfasst wird auch der am Boden geleistete Teil der Tätigkeit, vorausgesetzt, die Tätigkeit am Boden dient der Arbeit an Bord oder ist ihr inhaltlich verbunden.
Das betrifft namentlich Tätigkeiten wie die Zeiten der An- und Abfahrt zum und vom Flughafen, das sog. Briefing, notwendige Übernachtungen, Abschlussarbeiten nach der Landung so...