OFD Magdeburg, Verfügung v. 11.8.2008, S 2252 - 101 - St 214 V
I. Schuldzinsen für die Erfüllung von Bürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten einer insolventen Kapitalgesellschaft nach Vollbeendigung des Betriebes
Der BFH hat mit Urteil vom 5.10.2004, VIII R 64/02 (BFH/NV 2005 S. 54) die ständige Rechtsprechung und Rechtsauffassung der Finanzverwaltung bestätigt, dass Zinsen, die der nicht nur in unbedeutendem Umfang an der Gesellschaft beteiligte Geschäftsführer für ein nach Vollbeendigung der GmbH aufgenommenes Darlehen zur Refinanzierung der Bürgschaftszahlungen leistet, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.
Die Schuldzinsen sind auch nicht durch das Dienstverhältnis zur GmbH veranlasst. Ist der Arbeitnehmer einer GmbH in nicht nur unbedeutendem Umfang an der Gesellschaft beteiligt, so ist die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer Sicherheiten zu Gunsten der GmbH regelmäßig nicht durch die berufliche Tätigkeit, sondern durch die Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers veranlasst. Damit sind auch die für die Begleichung der Bürgschaftsschuld aufgewendeten Darlehenszinsen sachlich nicht den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen.
II. Schuldzinsen für die Erfüllung von Bürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten einer insolventen Kapitalgesellschaft zwischen Eröffnung und Einstellung des Insolvenzverfahrens
Der Zeitpunkt, bis zu dem Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit einem Darlehen anfallen, das zur Refinanzierung der Zahlungen auf eine kapitalersetzende Bürgschaft aufgenommen wurde, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können, stimmt mit dem Zeitpunkt, in dem ein Veräußerungs- oder Auflösungsgewinn oder -verlust im Sinne des § 17 EStG entsteht, überein (BFH-Urteil vom 19.4.2005, VIII R 45/04, BFH/NV 2005 S. 1545).
Mit dieser Entscheidung knüpft der BFH an sein Urteil vom 21.1.2004, VIII R 2/02 (BStBl 2004 II S. 551) an, wonach Zinsen, die ein Steuerpflichtiger zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 EStG aufwendet, regelmäßig bis zur Veräußerung der Beteiligung oder bis zum Eintritt der Vermögenslosigkeit bzw. bis zur Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.
III. Schuldzinsen für Refinanzierungskredite im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn diese Beteiligung gegen Gewährung von weiteren Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft eingetauscht wird
Der BFH hat in seinem Urteil vom 27.3.2007, VIII R 28/04 (BStBl 2007 II S. 699) entschieden, dass Schuldzinsen für Refinanzierungskredite im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer GmbH 1 unter bestimmten Voraussetzungen auch dann noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können, wenn die Anteile an der GmbH 1 in eine GmbH 2 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht werden.
In dem zugrunde liegenden Fall war der Steuerpflichtige sowohl an der GmbH 1 (bis zur Einbringung der Anteile in die GmbH 2) als auch an der GmbH 2 wesentlich beteiligt.
Für die Anerkennung der Schuldzinsen als Werbungskosten ist nicht allein auf den ursprünglichen mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck abzustellen. Wird anstelle der ursprünglichen Kapitalanlage (hier: Beteiligung an der GmbH 1) eine andere Kapitalanlage (hier: Beteiligung an der GmbH 2) erworben, können die für das fortgeführte Refinanzierungsdarlehen angefallenen Zinsen als Werbungskosten bei der neuen Kapitalanlage zu berücksichtigen sein (sog. Surrogationsgedanke).
Ein Schuldzinsenabzug im Zusammenhang mit den fortgeführten Darlehen und der Beteiligung an der GmbH 2 ist allerdings nur insoweit möglich, wie es dem Anteil der Anschaffungskosten des neu hinzuerworbenen Anteils an der GmbH 2 im Rahmen des tauschähnlichen Vorgangs aufgrund der Einbringung der Anteile an der GmbH 1 in die GmbH 2 entspricht. Die Anschaffungskosten für den neu hinzuerworbenen GmbH 2-Anteil bemessen sich an dem gemeinen Wert der hingegebenen Anteile abzüglich ggf. erhaltener Geldzahlungen, die als Zuzahlungen gewährt werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1
EStG § 20