Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit einer Abfindung nach Nichtverlängerungsmitteilung bei befristetem Bühnenarbeitsverhältnis
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob die Abfindung, die bei einem befristeten Bühnenarbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 7 des Tarifvertrags über die Mitteilungspflicht vom 18. Juni 1991 nach einer Nichtverlängerungsmitteilung aus Anlass eines Intendantenwechsels gezahlt wird, gemäß § 3 Nr. 9 EStG bis zu den dort bezeichneten Höchstbeträgen steuerfrei ist, ist nicht klärungsbedürftig und deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Sie lässt sich aus dem Gesetz und der dazu ergangenen BFH-Rechtsprechung ohne Weiteres verneinen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 3 Nr. 9
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 09.08.2006; Aktenzeichen 5 K 4454/05) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Senat kann offenlassen, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der von ihnen aufgeworfenen Frage ausreichend dargelegt haben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn der aufgeworfenen Frage kommt jedenfalls eine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zu.
a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage handeln (z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat. Die Rechtsfrage ist auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden sind und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587, m.w.N.; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.).
b) Im Streitfall haben die Kläger sinngemäß die Frage aufgeworfen, ob die Abfindung, die bei einem befristeten Bühnenarbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 7 des Tarifvertrags über die Mitteilungspflicht vom 18. Juni 1991 (TVM) nach einer Nichtverlängerungsmitteilung aus Anlass eines Intendantenwechsels gezahlt wird, gemäß § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bis zu den dort bezeichneten Höchstbeträgen steuerfrei ist. Diese Frage lässt sich aus dem Gesetz und der dazu ergangenen BFH-Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten; sie ist zu verneinen.
Der BFH hat bereits in seinen Urteilen vom 18. September 1991 XI R 8/90 (BFHE 165, 285, BStBl II 1992, 34) und vom 10. September 2003 XI R 9/02 (BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349) entschieden, dass eine vom Arbeitgeber veranlasste Auflösung des Dienstverhältnisses i.S. von § 3 Nr. 9 EStG nicht vorliegt, wenn ein befristetes Dienstverhältnis zu dem im Vertrag vorgesehenen Termin ausläuft. Denn in diesem Fall beruht die Beendigung des Dienstverhältnisses nicht auf einem Verhalten des Arbeitgebers, sondern auf der früheren Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Befristung. In seinem Urteil in BFHE 165, 285, BStBl II 1992, 34, hat der BFH außerdem klargestellt, dass sich an dieser Beurteilung auch dann nichts ändert, wenn der Arbeitgeber der äußeren Form nach das Dienstverhältnis gekündigt hat. Der Sache nach bedeutet die Kündigung lediglich die Mitteilung, dass das von vornherein befristete Dienstverhältnis nicht fortgesetzt wird.
Auch die Nichtverlängerungsmitteilung bei einem befristeten Bühnenarbeitsverhältnis bestätigt nur, dass die vereinbarte Vertragsdauer eingehalten und das Arbeitsverhältnis nicht über den vereinbarten Zeitpunkt der Befristung hinaus fortdauern wird. Die Nichtverlängerungsmitteilung beseitigt die bis dahin gegebene Möglichkeit, dass gemäß den tarifvertraglichen Regelungen für Bühnenarbeitsverhältnisse allein durch das Schweigen der Vertragsparteien ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet wird (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 29. Januar 2003 6 P 15.01, Zeitschrift für Tarifrecht --ZTR-- 2003, 201, m.w.N.; Urteil des Bundesarbeitsgerichts --BAG-- vom 3. November 1999 7 AZR 898/98, ZTR 2000, 320). Die Auflösung des bestehenden Arbeitsverhältnisses beruht hingegen auf dem Zeitablauf des befristet eingegangenen Vertrags, nicht auf der Nichtverlängerungsmitteilung des Arbeitgebers (vgl. BVerwG-Beschluss in ZTR 2003, 201). Die Nichtverlängerungsmitteilung ist insoweit bloß deklaratorisch (BAG-Urteil vom 23. Oktober 1991 7 AZR 56/91, BAGE 69, 1, ZTR 1992, 514).
Auch die Zahlung der Abfindung gemäß § 2 Abs. 7 TVM infolge einer durch den Arbeitgeber aus Anlass eines Intendantenwechsels ausgesprochenen Nichtverlängerungsmitteilung knüpft nicht an die Auflösung des bestehenden Bühnenarbeitsverhältnisses an, sondern an die Nichtbegründung eines neuen Arbeitsverhältnisses innerhalb von drei Monaten. Denn gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 TVM wird die Abfindung nur dann gezahlt, wenn das Bühnenmitglied innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass eines Intendantenwechsels kein anderes volles Arbeitsverhältnis begründen konnte.
c) Soweit die Kläger geltend machen, eine Abfindung nach § 2 Abs. 7 TVM sei einer Abfindung wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses gleichzustellen, weil der Arbeitnehmer in beiden Fällen gleichermaßen schutzwürdig sei, genügen ihre Ausführungen nicht den Anforderungen für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (Gleichbehandlungsgrundsatz) erfordert Ausführungen dazu, inwieweit der Gesetzgeber die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit in willkürlicher Weise nicht eingehalten hat, indem er die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 9 EStG nur für Abfindungen vorgesehen hat, die wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses gezahlt werden. Hieran fehlt es im Streitfall.
Fundstellen
Haufe-Index 1718298 |
BFH/NV 2007, 1122 |
LGP 2007, 110 |