Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtiger BFH-Beschluss
Leitsatz (NV)
- Ist ein Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde versehentlich gegen ein FA ergangen, das am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war und auch im Beschwerdeverfahren nicht aufgetreten ist, so ist diese Entscheidung gegen einen Nichtbeteiligten ergangen und daher nichtig. Zur Beseitigung des Rechtsscheins ist eine formelle Aufhebung des Beschlusses angezeigt.
- Eine Berichtigung des Passivrubrums kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht, da bei einer Berichtigung die Identität des Beteiligten gewahrt bleiben muss.
Normenkette
FGO §§ 57, 107 Abs. 1
Gründe
Infolge eines falschen Eintrags im Stammblatt der Gerichtsakte, den der Senat ohne nähere Prüfung in das Rubrum seiner Entscheidung übernommen hatte, ist im vorbezeichneten Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. August 2001 VII B 117/01 als Beklagter und Beschwerdegegner versehentlich das Finanzamt (FA) X bezeichnet. Dieses FA war ausweislich des Rubrums des Beschlusses des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 3. April 2001 3 K 2611/00, den der Kläger und Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten hatte, am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt und ist auch im Beschwerdeverfahren vor dem BFH nicht aufgetreten. Der BFH-Beschluss ist somit gegen einen Nichtverfahrensbeteiligten ergangen (vgl. § 57 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―, der im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar ist: BFH-Beschluss vom 16. Januar 1984 GrS 5/82, BFHE 140, 408, BStBl II 1984, 439).
Unter diesen Umständen käme die an sich gegebene Möglichkeit einer Berichtigung des Rubrums wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 107 Abs. 1 FGO in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 13. April 1995 III B 39/93, BFH/NV 1996, 47). Der Senat schließt sich jedoch den im Schrifttum erhobenen Einwänden an, wonach bei der Berichtigung des Passivrubrums jedenfalls die Identität des Beteiligten gewahrt bleiben muss. Eine Auswechslung des Beteiligten durch Berichtigungsbeschluss ist nicht möglich (vgl. zu der dem § 107 Abs. 1 FGO entsprechenden Vorschrift des § 319 Abs. 1 der Zivilprozessordnung Vollkommer, Unzulässige "Berichtigung" des Rubrums, Monatsschrift für Deutsches Recht 1992, 642).
Ist die Entscheidung wie im Streitfall außerhalb eines bestehenden Prozessrechtsverhältnisses gegen einen Nichtbeteiligten ergangen, so ist die Entscheidung nichtig und damit wirkungslos (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 95 FGO Tz. 7; Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2001, Vor § 300 Rn. 18). Rechtswirkungen können aus dem BFH-Beschluss vom 27. August 2001 VII B 117/01 daher nicht abgeleitet werden. Um den von dem nichtigen Beschluss möglicherweise ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen, war der Beschluss formell aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 671024 |
BFH/NV 2002, 508 |