Entscheidungsstichwort (Thema)
Uneinbringlichkeit i. S. des §17 Abs. 2 UStG
Leitsatz (NV)
Uneinbringlichkeit i. S. des §17 Abs. 2 UStG 1991 liegt vor, wenn der Gläubiger dem Schuldner vertraglich zusichert, er werde seine Forderungen nur noch im Umfang eines festgelegten Nachbesserungsfalles geltend machen (Anschluß an BFH-Beschluß vom 10. März 1983 V B 46/80, BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389). Eine derartige Zusicherung (pactum de non petendo) liegt vor, wenn Existenz, Zeitpunkt und Wortlaut der Vereinbarung zwischen den Beteiligten unstreitig sind.
Normenkette
UStG 1991 § 17 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine in Liquidation befindliche GmbH & Co. KG, stellte ihren Geschäftsbetrieb zum 6. Februar 1987 ein. Das Amtsgericht lehnte die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels Masse ab. Am 25. März 1988 wurde die Komplementär-GmbH der Kläger wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht (§2 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934, RGBl I 1934, 914).
Das Erlöschen der Firma der Klägerin wurde am 11. Oktober 1988 von Amts wegen nach §31 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) im Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin reichte am 23. Dezember 1993 eine von dem ehemaligen alleinigen Gesellschafter der gelöschten Komplementär- GmbH unterschriebene Umsatzsteuererklärung für 1992 ein, in der sie ausschließlich angeblich uneinbringlich gewordene Kundenforderungen in Höhe von 202 051,60 DM (netto) erklärte. Die darauf entfallende Umsatzsteuer (28 287,23 DM) machte sie als berichtigte Umsatzsteuer nach §17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991) geltend.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) lehnte mit Bescheid vom 1. September 1994 die Festsetzung eines Umsatzsteuer-Erstattungsbetrages ab.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Klägerin habe die Voraussetzungen einer Änderung der Bemessungsgrundlage nicht bewiesen. Sie trage hierfür die Darlegungs- und Beweislast, weil sie das Vorliegen eines steuermindernden Sachverhalts behauptet habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die auf Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützt wird.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision nach §115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO. Nach diesen Vorschriften ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann. In der Beschwerdeschrift muß die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Die Beschwerde kann nicht auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) gestützt werden. Die angefochtene Entscheidung weicht nicht i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von der von der Klägerin bezeichneten Entscheidung des BFH ab.
Der BFH hat durch Beschluß vom 10. März 1983 V B 46/80 (BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389) entschieden, daß Uneinbringlichkeit i. S. des §17 Abs. 2 UStG 1967 vorliegt, wenn der Gläubiger dem Schuldner vertraglich zusichert, er werde seine Forderung nur noch im Umfang eines festgelegten Nachbesserungsfalles geltend machen. Hierbei waren Existenz, Zeitpunkt und Wortlaut dieser Vereinbarung zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine derartige Zusicherung (pactum de non petendo) ist im Streitfall nicht gegeben.
Vielmehr lagen im Streitfall Anhaltspunkte dafür vor, daß die von der Klägerin behauptete Uneinbringlichkeit nicht erst 1992, sondern bereits in einem früheren Besteuerungszeitraum eingetreten sein könnte.
b) Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sie auf einen Verfahrensmangel gestützt wird (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
aa) Soweit die Klägerin mit dem Vorbringen, das FA sei bis heute der Aufforderung nicht nachgekommen, die kompletten Akten vorzulegen, rügen wollte, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen bzw. es habe seiner Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, genügt diese Rüge nicht den gesetzlichen Anforderungen (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung (Verstoß gegen §76 Abs. 1 FGO) gerügt, so sind darzulegen (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 27. Dezember 1993 V B 82/92, BFH/NV 1995, 398):
-- die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,
-- die nicht verwendeten Beweismittel sowie die entsprechenden Beweisthemen,
-- aufgrund welcher Anhaltspunkte im schriftsätzlichen Vorbringen oder sonst in den Akten des FG die Beweiserhebung sich dem FG hätte aufdrängen müssen,
-- das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,
-- inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann,
-- daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte.
Wird als Verfahrensmangel Verstoß gegen §96 Abs. 1 Satz 1 FGO gerügt, so müssen die Aktenteile, die das FG nach Ansicht des Beschwerdeführers (bzw. Revisionsklägers) nicht berücksichtigt hat, genau bezeichnet werden. Handelt es sich dabei um (entscheidungserhebliches) Vorbringen des Beschwerdeführers, ist unter genauer Angabe der betreffenden Schriftsätze (Angabe der Seitenzahl) darzulegen, welches substantiierte Vorbringen vor dem FG im angefochtenen Urteil unberücksichtigt geblieben ist. Ferner muß dargelegt werden, welche Schlußfolgerungen sich dem FG nach Ansicht des Beschwerdeführers aufgrund dieser Tatsachen hätten aufdrängen müssen und inwiefern diese für die Entscheidung erheblich sind (BFH-Beschluß vom 10. Juli 1995 V B 15/95, BFH/NV 1996, 150).
Die Beschwerdeschrift der Klägerin enthält die erforderlichen Angaben nicht.
bb) Soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen, das Gericht sei der Bitte des Prozeßbevollmächtigten nicht gefolgt, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, Verletzung rechtlichen Gehörs rügen wollte, genügt die Beschwerde ebenfalls nicht den formellen Anforderungen (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die schlüssige Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verlangt u. a. einen substantiierten Vortrag im einzelnen, wozu die Klägerin sich nicht habe äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 19. Mai 1994 VIII B 85/93, BFH/NV 1995, 142, m. w. N.). Daran fehlt es im Streitfall.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen