Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Bevollmächtigten für die Nichtzulassungsbeschwerde bzw. das Revisionsverfahren
Leitsatz (NV)
Die Beiordnung eines Bevollmächtigten für die dem Vertretungszwang unterliegende Nichtzulassungsbeschwerde bzw. das Revisionsverfahren setzt die hinreichende Darlegung voraus, daß eine gewisse Zahl von benannten, zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht worden sei.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 78b; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der verheiratete Antragsteller und seine Ehefrau wurden in den Streitjahren 1983 bis 1985 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre auf Zusammenveranlagung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde am 14. Juni 1988 zugestellt.
Mit am 7. Juli 1988 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenem Schreiben beantragt der Antragsteller, ihm für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. der Revision einen vertretungsfähigen Rechtsbeistand beizuordnen, hilfsweise, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Aussicht zu stellen.
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, sämtliche von ihm bisher angesprochenen Steuerbevollmächtigten hätten die Vertretung abgelehnt. Im übrigen rügt er die Versagung des rechtlichen Gehörs, sonstige Verfahrensfehler und Verstöße gegen das Grundgesetz (GG).
Auf die Aufforderung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats, den beigelegten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt nachzureichen und ggf. Wiedereinsetzungsgründe für die verspätete Einreichung des Vordrucks zu benennen, teilt der Antragsteller mit, daß er in der Lage sei, die Prozeßkosten zu tragen, aber gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 78b der Zivilprozeßordnung (ZPO) einen postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten benötige.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts i. S. des § 78b ZPO für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision ist statthaft.
Gemäß § 78b ZPO hat das Prozeßgericht einer Partei auf ihren Antrag für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist und sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Vorschrift ist seit Einführung des Vertretungszwangs vor dem BFH durch das Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) gemäß § 155 FGO sinngemäß anzuwenden (Beschluß vom 18. November 1977 III S 6/77, BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57).
Da sich der Antragsteller gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vor dem BFH bei der Einlegung der Revision und der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen muß, kommen nur solche Personen für die beantragte Beiordnung in Betracht.
2. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargelegt, daß ein zur Vertretung bereiter Prozeßbevollmächtigter nicht zu finden ist. Er hat nur vorgetragen, angesprochene ,,Steuerbevollmächtigte" hätten die Vertretung abgelehnt. Steuerbevollmächtigte gehören aber - wie auch der Rechtsbehelfsbelehrung des finanzgerichtlichen Urteils zu entnehmen ist - nicht zum vor dem BFH vertretungsberechtigten Personenkreis.
Eine hinreichende Darlegung läge indessen auch dann nicht vor, wenn der Antragsteller mit der Bezeichnung ,,Steuerbevollmächtigte" Vertretungsberechtigte i. S. des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG gemeint haben sollte. Der Antragsteller hätte hinreichend darlegen müssen, daß eine gewisse Zahl von benannten, zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht worden sei (BFH-Beschluß vom 27. Januar 1988 VIII S 12/87, BFH/NV 1988, 383). Dies wäre beispielsweise der Fall gewesen, wenn glaubhaft vorgetragen worden wäre, der Antragsteller hätte sich bei der Steuerberaterkammer seines Wohnsitzes und fünf namentlich benannten Vertretungsberechtigten ohne Erfolg um Übernahme des Mandats bemüht (Beschluß in BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57). Der Antragsteller hat aber nicht einmal einen Vertretungsberechtigten namentlich benannt, auch nicht, nachdem er hierzu nachträglich aufgefordert worden war.
Dem Hilfsantrag auf das Inaussichtstellen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht entsprochen werden, da ein solches Inaussichtstellen im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 416167 |
BFH/NV 1989, 381 |