Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wiedereinsetzung im PKH-Verfahren
Leitsatz (NV)
Im PKH-Verfahren kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn innerhalb der Rechtsmittelfrist unaufgefordert die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wurde.
Normenkette
FGO §§ 56, 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4
Tatbestand
Die Antragstellerin hat gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG), das ihr am 28. Juli 1993 zugestellt wurde, am 28. August 1993 Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt und beantragt, ihr infolge von unverschuldeter Mittellosigkeit einen Rechtsanwalt beizuordnen und Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Sie sei zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen gerne bereit und bitte um diesbezügliche Nachricht bzw. Anforderung. Nach Übersendung des entsprechenden Vordrucks durch das FG ging ihre Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 15. September 1993 ein.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozeßgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei hat sich der Prozeßbeteiligte der dafür eingeführten Vordrucke zu bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO).
Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die innerhalb der Beschwerdefrist erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Antragstellerin bei Einlegung der Beschwerde nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten war (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Auf diesen Vertretungszwang war in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils besonders hingewiesen.
Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs erforderliche Beiziehung eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bei der Einlegung des Rechtsmittels, so besteht zwar, nachdem ihm PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt oder Steuerberater beigeordnet ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen und formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist aber, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Wiedereinsetzung kommt in bezug auf die versäumte Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde aber nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Beschwerdefrist alles in seinen Kräften Stehende getan hat, um das der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels entgegenstehende Hindernis zu beheben (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. November 1977 VII S 5-6, 9/77, BFHE 123, 436, BStBl II 1978, 72; vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62, und vom 1. Oktober 1990 X S 17/90, BFH/NV 1991, 474). Dazu gehört, daß er innerhalb der Rechtsmittelfrist unaufgefordert auch die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO vorlegt. Geschieht dies nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. Beschluß des BFH vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631 mit Hinweisen auf die - einhellige - Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe).
Die Antragstellerin hat innerhalb der Beschwerdefrist (und zwar unmittelbar vor deren Ablauf) nur ihre Mittellosigkeit behauptet mit der Folge, daß es dem FG nicht mehr möglich war, ihr die erforderlichen Vordrucke innerhalb der Frist zukommen zu lassen. Der Antragstellerin war andererseits offenbar bekannt, daß es einer formalisierten Erklärung ihrerseits bedurfte. Sie hat die entsprechende Erklärung erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (30. August 1993) mit Schreiben vom 13. September 1993 übersandt. Es ist nicht erkennbar, daß die Antragstellerin an der rechtzeitigen Vorlage ohne ihr Verschulden gehindert gewesen wäre. Ein Irrtum über das Erfordernis der rechtzeitigen Vorlage dieser Erklärung wäre kein Entschuldigungsgrund (vgl. BFH-Beschluß in BFH/ NV 1986, 631).
Fundstellen
Haufe-Index 419584 |
BFH/NV 1994, 657 |