Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollmachtsnachweis; mündliche Verhandlung trotz Erkrankung des Prozeßvertreters
Leitsatz (NV)
1. Die Kopie einer schriftlichen Bevollmächtigung reicht als Nachweis für die Prozeßvollmacht nicht aus.
2. Ein Verfahrensmangel ist nicht schlüssig gerügt, wenn lediglich geltend gemacht wird, der Prozeßvertreter habe mitteilen lassen, er sei an der Teilnahme der anberaumten mündlichen Verhandlung wegen einer Erkrankung verhindert, ohne die Vertagung zu beantragen.
Normenkette
FGO §§ 62, 91; ZPO § 227
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten war vor dem Finanzgericht (FG) streitig, ob Aufwendungen für ein Segelflugzeug als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Das FG verwarf die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als unzulässig, weil der Klägervertreter binnen der gesetzten Ausschlußfrist keine Vollmacht vorgelegt habe. Einen Antrag, die mündliche Verhandlung wegen einer Erkrankung des Klägervertreters zu vertagen, lehnte das FG ab, weil die Erkrankung nicht durch ein Attest belegt worden war. Die Kosten des Verfahrens legte es dem Klägervertreter auf.
Die Revision ließ das FG nicht zu.
Dagegen richtet sich die Beschwerde mit der Begründung, das FG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Es stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Die Erkrankung des Klägervertreters sei durch das Telefax vom 28. April 1997 und zusätzlich fernmündlich mitgeteilt worden. Die Sekretärin des Klägervertreters habe nach der Auskunft, die mündliche Verhandlung könne auch ohne den Klägervertreter durchgeführt werden, nochmals um eine Verlegung des Termins gebeten, weil der Klägervertreter unbedingt teilnehmen wollte. Da der Klägervertreter der Meinung gewesen sei, die Vertagung erreicht zu haben, sei die Vorlage des Attests unterblieben. Dieses könne jederzeit nachgereicht werden.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil der Klägervertreter trotz wiederholter Aufforderung durch die Geschäftsstelle des erkennenden Senats seine Bevollmächtigung nicht durch eine schriftliche Vollmacht nachgewiesen hat (§62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Klageverfahren vorgelegten Kopie des Schreibens des Klägers vom 15. Januar 1996. Zwar bevollmächtigt dieser darin namens der A-GbR den Klägervertreter, Klage beim FG zu erheben. Dies genügt aber zum Nachweis der Bevollmächtigung für das vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zu führende Verfahren nicht. Denn §62 Abs. 3 Satz 1 FGO verlangt seit der Neufassung durch Art. 1 Nr. 9 des FGO-Änderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109), daß die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen ist. Zweck der Vorschrift ist sicherzustellen, daß der Beweis der Bevollmächtigung durch Vorlage der Vollmachtsurkunde selbst geführt wird (vgl. z.B. Senatsurteil vom 14. März 1996 IV R 44/95, BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 sowie BFH-Beschluß vom 10. Oktober 1997 X B 92/97, BFH/NV 1998, 345). Der Klägervertreter hat indes für Verfahren vor dem BFH keine Originalvollmacht vorgelegt.
Die vorgelegte Kopie reicht auch deshalb nicht aus, weil die darin lt. Schreiben der A-GbR vom 15. Januar 1996 ausgesprochene Bevollmächtigung sich ausdrücklich nur auf die Erhebung der Klage vor dem FG bezieht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. Juni 1994 XI B 17/94, BFH/NV 1994, 890, und vom 18. Februar 1998 XI R 70/97, BFH/NV 1998, 876 sowie Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §62 Anm. 43).
Im übrigen ist der angebliche Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Nichtverlegung der mündlichen Verhandlung nicht schlüssig i.S. von §115 Abs. 3 Satz 3 FGO gerügt worden. Denn in der Beschwerdeschrift ist nicht -- wie erforderlich -- dargelegt, was bei Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs in einer neu angesetzten mündlichen Verhandlung vorgetragen worden wäre (BFH-Beschluß vom 7. August 1996 XI B 173/95, BFH/NV 1997, 135, m.w.N.). Das FG hatte außerdem bei der Ladung ordnungsgemäß darauf aufmerksam gemacht, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne diesen verhandelt und entschieden werden könne. Ausweislich des in den FG-Akten befindlichen Vermerks des Berichterstatters vom 28. April 1997 hat dieser das auf den Anruf des Büros des Klägervertreters nochmals mitgeteilt. Danach soll ein Vertagungsbegehren nicht geäußert worden sein. Zudem hatte der Klägervertreter die Vollmacht -- trotz des vorausgegangenen Gerichtsbescheides -- nicht im Original vorgelegt, weshalb für das FG nicht ersichtlich sein konnte, daß die Klage selbst bei einer Vertagung noch hätte Erfolg haben können. Schließlich hätte der Klägervertreter von sich aus wegen des kurzfristig gestellten Vertagungsantrags ein eindeutiges ärztliches Attest vorlegen müssen, zumal er nicht einmal die näheren Umstände der behaupteten Erkrankung und Verhinderung angegeben hatte (vgl. BFH-Beschluß vom 31. Juli 1997 VIII B 94/96, BFH/NV 1998, 66).
Die Kosten des Verfahrens hat der ohne Prozeßvollmacht aufgetretene Prozeßvertreter zu tragen, weil er die Veranlassung zur erfolglosen Prozeßführung gegeben hat (BFH-Beschluß vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5).
Fundstellen
Haufe-Index 154335 |
BFH/NV 1999, 324 |