Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers in Fällen des Erhalts eines geldwerten Vorteils durch einen Dritten aufgrund der Mitwirkung des Arbeitgebers
Leitsatz (NV)
Die Rechtsfrage, ob die einem Arbeitnehmer nach §§ 90 ff. AO auferlegten Mitwirkungspflichten bei Erhalt eines geldwerten Vorteils durch einen Dritten aufgrund der Mitwirkung des Arbeitgebers teleologisch auf die Erklärung der in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Einkünfte zu reduzieren sind, ist nicht klärungsbedürftig.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG §§ 8, 19; AO §§ 90, 93, 162
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) --bei einem …-Vertragshändler (Arbeitgeberin) als Kfz-Mechaniker nichtselbständig tätig-- leaste in den Streitjahren (1997 bis 2000) vier Fahrzeuge bei der …-Leasing GmbH. Am Zustandekommen der Leasingverträge war die Arbeitgeberin des Klägers in der Weise beteiligt, dass sie den jeweiligen PKW von … erwarb und ihn an die …-Leasing GmbH zu einem unterhalb ihres Einkaufspreises liegenden Preis wieder veräußerte. Beim Abschluss der Leasingverträge traten für die …-Leasing GmbH, die selbst keine Mitarbeiter in den Autohäusern beschäftigte, Mitarbeiter der Arbeitgeberin auf. Der Kläger trat zur …-Leasing GmbH ausschließlich über Mitarbeiter seiner Arbeitgeberin in Kontakt. Diese führten die Beratung durch, unterschrieben den Leasingantrag für die Leasinggeberin und versahen den Antrag mit der Händlernummer. Die …-Leasing GmbH wiederum bevollmächtigte die X Bank GmbH, im Namen und auf Rechnung der …-Leasing GmbH den Leasingantrag zu bestätigen und den durch die Bestätigung zustande gekommenen Leasingvertrag abzuwickeln. Die Arbeitgeberin erhielt für die Vermittlung des Leasingvertrages eine Vermittlungsprovision.
Geldwerte Vorteile aus dem Fahrzeugleasing wurden auf der Lohnsteuerkarte nicht bescheinigt. Der Kläger gab solche auch in seinen Einkommensteuererklärungen nicht an. Eine bei der Arbeitgeberin durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte zu dem Ergebnis, dass dem Kläger aufgrund verbilligter Leasingkonditionen für die vier PKW als Arbeitslohn zu versteuernde geldwerte Vorteile zugeflossen seien. Die Höhe der Vorteile ermittelte der Prüfer mit zum Zeitpunkt der Prüfung ins Internet gestellten Vergleichsangeboten des … Financial Service.
Gegen die Höhe der angesetzten geldwerten Vorteile wandte der Kläger mit Einspruch und Klage insbesondere ein, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) habe die gewährten geldwerten Vorteile für die Jahre 1997 bis 1999 anhand eines Berechnungsbeispiels für das Jahr 2000 ermittelt. Der Kläger sei weder verpflichtet noch in der Lage, den Sachverhalt im Hinblick auf die Umstände aufzuklären, die nicht in seinem Einflussbereich lägen. Er sei lediglich Angestellter eines …-Händlers, der auf die Kalkulationen und Preise weder Einfluss noch einen Überblick habe. Er sei davon ausgegangen, dass sein Arbeitslohn vollständig von seinem Arbeitgeber erklärt worden sei. Zur Sachverhaltsaufklärung könne er nur beitragen, indem er alle seinen Einzelfall betreffenden und ihm bekannten Umstände darlege. Weitere für die Bewertung der Lohnhöhe relevante Angaben zu üblichen Preisen am Abgabenort entzögen sich seiner Einfluss- und Kenntnissphäre. Die Beweislast liege allein beim FA. Eine Schätzung setze jedoch voraus, dass der Kläger seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 249 veröffentlichten Gründen die Klage im Wesentlichen ab.
Mit der dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Fortbildung des Rechts und gravierende Fehler in der Rechtsanwendung geltend.
Bislang sei die Rechtsfrage ungeklärt, ob die Mitwirkungspflichten eines Steuerpflichtigen gemäß §§ 90 ff. der Abgabenordnung (AO) in den Fällen des Erhalts eines Vorteils durch einen Dritten aufgrund der Mitwirkung des Arbeitgebers im Wege der teleologischen Reduktion auf die Erklärung der in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Einkünfte reduziert werden müsse. Wegen gravierender Rechtsfehler sei die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen, weil das FG den Tatbestand des § 162 AO und der §§ 90, 93 AO objektiv willkürlich und gesetzeswidrig ausgelegt habe. Dem Kläger sei es zu keiner Zeit möglich gewesen, den von der …-Leasing GmbH gewährten geldwerten Vorteil der Höhe nach zu ermitteln. Die …-Leasing GmbH sei nicht Arbeitgeberin des Klägers, ein Anspruch auf Auskunft zu den üblichen Preisnachlässen könne sich daher nicht aus arbeitsrechtlicher Fürsorgepflicht ergeben.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, m.w.N.). An einer solchen Rechtsfrage fehlt es im Streitfall.
a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob die einem Steuerpflichtigen nach §§ 90 ff. AO auferlegten Mitwirkungspflichten in den Fällen des Erhalts eines geldwerten Vorteils durch einen Dritten aufgrund der Mitwirkung seines Arbeitgebers im Wege einer teleologischen Reduktion auf die Erklärung der in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Einkünfte gegenüber dem FA zu reduzieren seien, ist nicht klärungsbedürftig. Denn die Antwort auf die Frage nach dem Umfang der Mitwirkungspflichten der Beteiligten ergibt sich für den Streitfall aus dem Gesetz, nämlich aus § 90 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 AO und der dazu vorliegenden Rechtsprechung des BFH.
Danach sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei besteht die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen an der Aufklärung des Sachverhalts allerdings nur in den Grenzen der Zumutbarkeit (BFH-Urteil vom 11. November 1987 I R 108/85, BFHE 151, 333, BStBl II 1988, 115).
b) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist in einem Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht klärungsfähig. Denn das FG hat nach den vorstehenden Grundsätzen entschieden und insbesondere den Umfang der Mitwirkungspflichten des Klägers an den Besonderheiten des Einzelfalls ausgerichtet. Es hielt den Kläger für verpflichtet, in seiner Steuererklärung die Höhe seiner Einkünfte einschließlich der geldwerten Vorteile anzugeben. Es hat dazu festgestellt, dass dem an der Gewährung des geldwerten Vorteils maßgeblich beteiligten Arbeitgeber des Klägers die tatsächlichen und üblichen Konditionen bekannt gewesen seien, der Kläger indessen seinen Arbeitgeber nicht aufgefordert habe, ihm diese tatsächlichen und üblichen Konditionen und die tatsächliche Höhe der geldwerten Vorteile mitzuteilen, obwohl dies dem Kläger ohne weiteres zumutbar gewesen sei.
Auf Grundlage dieser Feststellungen und der daran anknüpfenden Würdigung des FG ist im konkreten Streitfall die aufgeworfene Frage, ob die Mitwirkungspflicht auf die in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Einkünfte zu reduzieren sei, nicht mehr entscheidungserheblich.
c) Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beschwerdebegründung im gebotenen Umfang (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. März 2006 II B 147/05, BFH/NV 2006, 1320, m.w.N.) hinreichend schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegt, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sei und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig sei.
2. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und klärbar sind (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41). Wenn der Kläger auch insoweit lediglich die Frage aufwirft, ob die Mitwirkungspflicht auf die in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Einkünfte zu reduzieren sei, fehlt es aus den oben dargelegten Gründen an einer solchen klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage, so dass die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts zuzulassen ist.
3. Im Streitfall ist die Revision auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Danach ist eine Entscheidung des BFH --außer in Fällen der Divergenz-- dann geboten, wenn ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung besteht, weil das FG revisibles Recht fehlerhaft ausgelegt hat, der insoweit unterlaufene Fehler von Gewicht und geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Auslegung und Anwendung des revisiblen Rechts durch das FG objektiv willkürlich oder greifbar gesetzeswidrig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 115 FGO Rz 200 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 63 ff., 75 ff.).
Davon ist im Streitfall --entgegen der Behauptung des Klägers-- nicht auszugehen. Ein die Zulassung der Revision nach den vorstehenden Grundsätzen rechtfertigender schwerwiegender Fehler ist nicht zu erkennen. Dies gilt sowohl für die vom FG dem Kläger im konkreten Streitfall zugemutete Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der steuererheblichen Tatsachen als auch für den Umfang der vom Gericht angestellten Sachverhaltsermittlungen, zumal der Kläger selbst keine weiteren Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung aufgezeigt und auch keine Beweisanträge gestellt hatte.
Fundstellen