Entscheidungsstichwort (Thema)
(Feuerschutzsteuerpflicht von Feuerbetriebsunterbrechungsversicherungen)
Leitsatz (amtlich)
Nach § 1 Abs.1 Nr.1 FeuerschStG in der seit 28. Juni 1991 geltenden Fassung unterliegen Feuerbetriebsunterbrechungsversicherungen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung der Feuerschutzsteuer. Es ist ernstlich zweifelhaft i.S. von § 69 Abs.3 und 4 FGO, ob Feuerbetriebsunterbrechungsversicherungen auch bereits vorher der Feuerschutzsteuer unterlagen.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3-4; FeuerschStG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 07.04.1993; Aktenzeichen 11 V 7/93) |
Tatbestand
I. ++/ Die Antragstellerin hat in den Jahren 1987 bis 1991 beim Finanzamt (FA) regelmäßig Feuerschutzsteuer angemeldet. Die Anmeldungen wurden jeweils vom FA nicht beanstandet.
Aufgrund einer Außenprüfung speziell für Versicherungs- und Feuerschutzsteuer erfuhr das FA, daß für die Antragstellerin (auch) eine Feuerbetriebsunterbrechungs-Versicherung (FBUV) bestand. Nach Auffassung des FA unterlag auch die FBUV der Feuerschutzsteuer. Nach Auffassung der Verwaltung (vgl. Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 1991 S 6560-6-VA 2) sollte die am 28. Juni 1991 in Kraft getretene Fassung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Feuerschutzsteuergesetzes (FeuerschStG), wonach die FBUV ausdrücklich in die Steuerpflicht mit einbezogen wurde, lediglich der Klarstellung dienen. Durch Bescheid vom 14. Mai 1991 setzte das FA gegen die Antragstellerin Feuerschutzsteuer in Höhe von ... DM fest. Damit sollte die auf die FBUV entfallende Feuerschutzsteuer nachgefordert werden.
Hiergegen legte die Antragstellerin fristgerecht Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung nach § 361 der Abgabenordnung (AO 1977). Diesen Antrag lehnte das FA ab. Die Beschwerde wurde von der zuständigen Oberfinanzdirektion (OFD) als unbegründet zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragte nunmehr beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des angefochtenen Feuerschutzsteuerbescheides vom 14. Mai 1992 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung aufzuheben. Nach dem bisherigen eindeutigen Gesetzeswortlaut habe das Entgelt aus Feuerversicherungen nur dann der Steuer unterlegen, wenn "die versicherten Gegenstände sich im Geltungsbereich des Gesetzes befinden". Diese Formulierung stelle unmittelbar klar, daß nur die Versicherung von Gegenstände, die zusätzlich die genannte Voraussetzung erfüllten, eine Steuerpflicht auslösen könne. Eine Steuerpflicht könne dagegen nach diesem Wortlaut nicht ausgelöst werden für die anders strukturierte FBUV, die Versicherungsschutz für den Fall biete, daß dem versicherten Betrieb infolge eines Sachschadens (Brand, Explosion, Blitzschlag, Aufprall) Unterbrechungsschaden (Ertragsausfall) entstehe. Nach dem wortlaut des Gesetzes könnten nur körperliche Gegenstände sich im Geltungsbereich des FeuerschStG befinden. Diese auslegung finde ihre Bestätigung in den Gesetzesmaterialien. In der Begründung zum FeuerschStG auf den 1. Januar 1980 werde ausnahmslos auf feuerversicherte Gegenstände Bezug genommen; FBUV seien dort mit keinem Wort erwähnt, obwohl sie bereits seit Jahren bekannt gewesen seien. Im Unterschied zur rein gegenständlichen Feuerversicherung ziele die FBUV auf einen Ausgleich für die während der Zeit der notwendigen Wiederherstellung des Betriebs zu gewärtigenden Einnahmeausfälle ab. Es sei somit zumindest ernsthaft zweifelhaft, ob die FBUV im streitigen Zeitraum der Feuerschutzsteuer unterlegen hätten.
Das FA hielt dem im wesentlichen entgegen, daß auch die FBUV eine Sachversicherung sei. Dem Begriff "Gegenstand" komme dabei eine übergeordnete Bedeutung zu. Er umfasse nicht nur Sachen, sondern auch Rechte und andere Werte, somit alles, was Bestandteil des Vermögens einer Person sein könne. Darunter falle auch Geld und in Geld zu veranschlagende Werte, wie Ertragswerte und Betriebsgewinne. Der Unterbrechungsschaden (entgangener Betriebsgewinn) stelle einen Vermögenswert dar und falle demnach unter den Begriff "Gegenstand". Gründe, weshalb der rechtsgebräuchliche Begriff "Gegenstand" inhaltlich auf den Sachenbegriff nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) reduziert sein sollte, seien nicht zu erkennen.
Das FG hat dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Feuerschutzsteuerbescheides bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung aufgehoben. Es lägen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vor. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 FeuerschStG unterlägen der Steuer die Entgegennahme eines Versicherungsentgelts aus den folgende Versicherungen wenn die versicherten Gegenstände sich bei der Entgegennahme des Versicherungsentgelts im Geltungsbereich dieses Gesetzes befänden. Unter Nr. 1 der Vorschrift heiße es vor Erlaß des Steueränderungsgesetzes 1991 "Feuerversicherungen", später dann "Feuerversicherungen einschließlich Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherungen". Es müsse sich somit um feuerversicherte Gegenstände handeln. Unter Feuerversicherung werde einhellig eine Sachversicherung verstanden, die Schäden durch Brand, Explosion, Blitzschlag, Aufprall u.ä. abdecke. Im Gesetz sei von Feuerversicherungen die Rede, d.h. also im Plural. Die FBUV sei entgegen der Beschwerdeentscheidung keine Sachversicherung, sondern eine allerdings einen Brand, eine Explosion, einen Blitzschlag, Aufprall etc. voraussetzende, mittelbar bedingte Betriebsschäden ausgleichende Folgeversicherung. Schon von der Systematik her habe das FG Bedenken, diese mittelbare Schäden abdeckende Folgeversicherung als in den Begriff Feuerversicherungen einbezogen zu sehen. Auch aus der Entstehungsgeschichte der unterschiedlichen Versicherungen ergäbe sich Zweifel, die FBUV als Feuerversicherung rückwirkend für steuerpflichtig zu halten. Die FBUV sei seit etwa 1955 erstmals mit genaueren Bedingungen versehen worden und werde seitdem praktiziert. Während der Gesetzesreform 1979 sei mit keinem Wort die FBUV erwähnt worden.
Mit der Beschwerde beantragt das FA, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung als unbegründet zurückzuweisen. /++
Entscheidungsgründe
II. /++ Die Beschwerde des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
Das FG hat zu Recht die Vollziehung des angefochtenen Feuerschutzsteuerbescheids aufgehoben, da ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen (§ 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei einer summarischen Überprüfung des Bescheids neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen, gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 FeuerschStG in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung unterlag der Feuerschutzsteuer die entgegennahme des Versicherungsentgelts aus Feuerversicherungen, wenn die versicherten Gegenständen sich bei Entgegennahme des Versicherungsentgelts im Geltungsbereich dieses Gesetzes befanden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es zweifelhaft, ob die FBUV von dem Steuertatbestand erfaßt wird. Die FBUV bietet Versicherungsschutz für den Fall, daß dem versicherten Betrieb infolge eines Sachschadens (Brand, Explosion, Blitzschlag, Aufprall) Unterbrechungsschaden (Ertragsausfall) entsteht. Der im Steuertatbestand verwendete Begriff "Feuerversicherungen" kann allerdings für sich gesehen dahin verstanden werden, daß damit alle Versicherungen erfaßt werden sollen, bei denen die Versicherung gegen Feuergefahr den Hauptgegenstand bildet. Danach könnte als Feuerversicherung jede Versicherung angesehen werden, die gegen Schäden jedweder Art Schutz bietet, sofern diese nur durch Feuer entstanden sind, ohne daß es darauf ankäme, ob es sich um durch Feuer unmittelbar an Sachen eingetretene Schäden oder um lediglich mittelbar durch Feuer verursachte Vermögensschäden (z.B. durch Betriebsunterbrechung) handelt. Diese Überlegung spricht für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids.
Andererseits gibt es aber auch plausible Gründe dafür, die FBUV nicht als vom Steuertatbestand erfaßt anzusehen. Die Beschränkung des Steuertatbestands auf Gegenstände, die sich im Geltungsbereich des Gesetzes befinden, läßt möglicherweise den Schluß zu, daß nur die Versicherung körperlicher Gegenstände (Sachen) gemeint sein kann. Für diese Auslegung spricht auch die Tatsache, daß die seit Jahrzehnten bekannte FBUV in den Gesetzesmaterialien zum FeuerschStG nicht erwähnt wird.
Der Senat braucht im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, ob auch die versicherungstechnisch isolierte Versicherung mittelbarer Schäden gegen Feuer der Feuerschutzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 FeuerschStG a.F. unterliegt. Für eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung ist es ausreichend, wenn --wie dargelegt-- gewichtige Gründe vorliegen, die zu einer Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfrage führen. Vom Bestehen einer derartigen Unsicherheit ist offensichtlich auch der Gesetzgeber ausgegangen, wenn er inzwischen "klarstellend" die FBUV ausdrücklich in den Steuertatbestand miteinbezogen hat. /++
Fundstellen
Haufe-Index 64999 |
BFH/NV 1994, 44 |
BStBl II 1994, 401 |
BFHE 173, 573 |
BFHE 1994, 573 |
BB 1994, 927 (L) |
DB 1994, 1172 (L) |
DStR 1994, 752 (K) |
DStZ 1994, 411 (K) |
HFR 1994, 402 (L) |
StE 1994, 264 (K) |