Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Aussetzung des Verfahrens
Leitsatz (NV)
1. Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO ist allein über die Frage zu entscheiden, ob das FG das Verfahren wegen vorgreiflicher Rechtsverhältnisse, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bilden, hätte aussetzen müssen.
2. Ein Streit über die Erhebung der festgesetzten Steuer im Abrechnungsverfahren kann nicht für das Verfahren über die Steuerfestsetzung vorgreiflich sein.
Normenkette
FGO §§ 74, 115 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) klagte im Verfahren II 93/2005 vor dem Finanzgericht (FG) Nürnberg gegen den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 4. Dezember 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. März 2005.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2006 lehnte das FG die von der Klägerin beantragte Aussetzung des Verfahrens ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, es sei nicht erkennbar, inwieweit eine Klage des ehemaligen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt G, in dem es um die ordnungsgemäße Verrechnung von Tilgungsbeträgen auf die Steuerschuld der Klägerin gehe, oder deren Klage gegen das gegen sie eingeleitete Gewerbeuntersagungsverfahren für das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2000 vorgreiflich sei.
Mit der Beschwerde gegen den Beschluss des FG vom 28. Februar 2006 (gemeint ist wohl der Beschluss vom 21. Februar 2006) macht die Klägerin geltend, die Rechtsnormen in Gesetzen wie der Gewerbeordnung und dem Umsatzsteuergesetz (UStG) müssten sich dem Grundgesetz unterordnen. Auch sei eine ordnungsgemäße Verrechnung von Tilgungsbeträgen auf ihre, der Klägerin, Steuerschuld nicht erfolgt. Außerdem stütze sich das Urteil des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen darauf, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar bis Dezember 2001 nicht eingereicht worden seien. Das aber sei unzutreffend.
Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, die Anhörung eines Sachverständigen sowie
"festzustellen, ob
1. eine ordnungsgemäße Verrechnung von Tilgungsbeträgen gemäß § 225 Abs. 1 AO vorliegt,
2. einer Pflicht gemäß § 149 Satz 1 AO i.V.m. §§ 18 Abs. 2, 22 UStG nachgekommen wurde,
3. die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Angabe vor Gericht verletzt wurde."
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgelehnt, weil kein vorgreifliches Rechtsverhältnis erkennbar ist, das Gegenstand eines anderen Rechtsstreits ist.
Gemäß § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist.
a) Es ist nicht erkennbar, von welchem Rechtsverhältnis, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet, die Entscheidung des FG im Verfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid 2000 abhängen soll. Die Ordnungsmäßigkeit der Verrechnung von Tilgungsbeträgen, um die es der Klägerin anscheinend geht, kann schon deshalb für das Verfahren vor dem FG nicht vorgreiflich sein, weil schon nicht erkennbar ist, dass es um die Abrechnung (Tilgung) der hier streitigen festgesetzten Umsatzsteuer für 2000 geht. Im Übrigen kann der Streit über die Erhebung der festgesetzten Steuer (Abrechnungsverfahren) für die Steuerfestsetzung nicht vorgreiflich sein.
b) Der Vortrag der Klägerin ist auch insofern nicht nachvollziehbar, als sie mit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens beantragt, über die Ordnungsmäßigkeit von Tilgungsbeträgen zu entscheiden.
c) Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) kann auch nicht, wie von der Klägerin beantragt, über die Erfüllung der sich aus §§ 18 Abs. 3, 22 UStG ergebenden Pflichten oder über die Frage, ob Verpflichtungen zum wahrheitsgemäßen Vortrag vor Gericht verletzt wurden, entschieden werden. Zu entscheiden ist allein über die Frage, ob das FG das Verfahren wegen vorgreiflicher Rechtsverhältnisse, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bilden, hätte aussetzen müssen. Dafür aber bieten weder der Akteninhalt noch der Vortrag der Klägerin irgendwelche Anhaltspunkte.
d) Soweit die Klägerin die Frage der rechtzeitigen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar bis Dezember 2001 für vorgreiflich hält, ist diese Frage für das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2000 schon deshalb ohne Bedeutung, weil es sich um unterschiedliche Streitjahre handelt.
Fundstellen
Haufe-Index 1770495 |
BFH/NV 2007, 1688 |