Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Fehler des FG bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts oder bei der Beweiswürdigung führen nicht zur Zulassung der Revision.
2. Ein Richterspruch ist erst dann willkürlich, wenn die Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, er beruhe auf sachfremden Erwägungen.
Normenkette
FGO §§ 76, 115 Abs. 2, § 155; GG Art. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt im Wesentlichen, das Finanzgericht (FG) habe § 12 des Umsatzsteuergesetzes unzutreffend angewendet und falsche Schlussfolgerungen gezogen. Das reicht nicht aus, weil Fehler des FG bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts (BFH-Beschluss vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461) oder bei der Beweiswürdigung (BFH-Beschluss vom 11. November 2004 V B 82/04, BFH/NV 2005, 568) nicht zur Zulassung der Revision führen.
2. Zwar ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen, wenn die Anwendung oder Auslegung des revisiblen Rechts objektiv willkürlich ist und den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 des Grundgesetzes verletzt (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2005 VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457). Ein Richterspruch ist aber nicht schon dann willkürlich, wenn er (offensichtlich) fehlerhaft ist (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059). Das ist erst der Fall, wenn die Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, und sich der Schluss aufdrängt, er beruhe auf sachfremden Erwägungen (Bundesverfassungsgericht --BVerfG--, Urteil vom 19. Februar 2002 2 BvG 2/00, BVerfGE 104, 249, mit Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung des BVerfG; BFH-Beschluss in BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457). Für einen derartigen krassen Verstoß hat der Kläger weder etwas vorgetragen noch ist ein solcher aus den Akten ersichtlich. Die Frage, ob die Entscheidung des FG materiell-rechtlich richtig ist, hat der Senat im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen.
3. Der Kläger hat auch keine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) in zulässiger Weise geltend gemacht. Dazu hätte er tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen müssen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2006 V B 159/05, BFH/NV 2006, 1892; vom 24. August 2006 V B 36/05, BFH/NV 2007, 69). Hieran fehlt es schon deshalb, weil der Kläger keine BFH-Entscheidung konkret benennt, von der das Urteil des FG seiner Ansicht nach abweicht. Soweit sein Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass eine Abweichung zu dem Urteil des BFH vom 24. September 1987 V R 152/78, BFHE 151, 90, BStBl II 1988, 29, auf das im Urteil des FG Bezug genommen wird, fehlt es an einer Herausarbeitung von Rechtssätzen. Ob die Tatsachen in der Entscheidung des FG anders gewürdigt sind, als in dem genannten Urteil des BFH, ist ohne Belang, weil eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen nicht genügt (BFH-Beschlüsse vom 20. Juli 2007 XI B 193/06, BFH/NV 2007, 1887; vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718).
4. Schließlich führt auch der Vortrag des Klägers, das FG habe weitere Sachaufklärung (§ 76 FGO) betreiben müssen, nicht zur Zulassung der Revision. Der damit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nicht in zulässiger Form dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so ist vorzutragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt oder welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei weiterer Aufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sich daraus auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Gerichts eine andere Entscheidung hätte ergeben können (BFH-Urteil vom 23. Mai 1990 V R 167/84, BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095; BFH-Beschluss vom 26. Juni 2003 IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437). Hieran fehlt es.
Im Übrigen handelt es sich bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht um einen verzichtbaren Verfahrensmangel (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), bei dem das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge. Wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, auf deren Beachtung der Betroffene verzichten kann, so muss der Beschwerdeführer vortragen, dass er den Verstoß in der Vorinstanz gerügt habe oder aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer solchen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sei (BFH-Beschlüsse vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125; vom 25. November 1992 II B 169/91, BFH/NV 1993, 258, und in BFH/NV 2007, 69). Auch hierzu fehlt ein Vortrag des Klägers.
Fundstellen