Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter
Leitsatz (NV)
- Gegen § 6 FGO bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (st. Rspr.).
- Bei der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter ist eine vorherige Anhörung der Beteiligten nicht vorgesehen.
- Ausführungen zur Übertragung der Sache auf den Einzelrichter sind Teil des Übertragungsbeschlusses, der nicht begründet zu werden braucht.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 S. 1; FGO § 6 Abs. 1, 3, § 113 Abs. 2, § 116 Abs. 1 Nrn. 1, 5
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat wegen Einkommensteuer 1993 Klage erhoben. Er wendet sich gegen die Vorläufigkeit des Bescheides, hilfsweise begehrt er die Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe und die Gewährung zusätzlicher Freibeträge bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Entscheidung des Einzelrichters ab. Mangels Beschwer sei sie unzulässig, auch hinsichtlich des Hilfsbegehrens sei die Klage zum Teil unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung von Bundesrecht, insbesondere der Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie des § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Er, der Kläger, habe schriftsätzlich der Entscheidung durch einen Einzelrichter widersprochen. Darauf sei das FG in seinem Urteil nicht eingegangen. Dadurch habe es seinen Anspruch auf den gesetzlichen Richter und auf rechtliches Gehör ohne Angabe von Gründen verletzt. Zudem habe das FG seinen Beschluss, einen Einzelrichter zu bestellen, nicht, wie erforderlich, begründet.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§§ 124 Abs. 1, 126 Abs. 1 FGO).
1. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die vom Kläger erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage als unzulässig verworfen.
Der Fall einer zulassungsfreien Revision nach § 116 Abs. 1 FGO, insbesondere nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 und 5 FGO, liegt nicht vor.
Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass das FG bei der Vorentscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Es war berechtigt, den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zu übertragen (§ 6 Abs. 1 FGO). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat wiederholt entschieden, dass gegen § 6 FGO keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. März 1998 X B 161/96, BFH/NV 1998, 1487 und X R 105/96, BFH/NV 1998, 1488; eine entsprechende Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. August 1997 2 BvR 1272/97 nicht zur Entscheidung angenommen). Eine Verweigerung des gesetzlichen Richters (Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist daher vorliegend nicht erkennbar. Bei der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 FGO ist eine vorherige Anhörung der Beteiligten ―anders als in § 6 Abs. 3 FGO― nicht vorgesehen. Mangelnde Ausführungen im Urteil zu den schriftsätzlichen Einwendungen des Klägers können daher nicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen. Im Übrigen würde dies nicht die zulassungsfreie Revision gemäß § 116 Abs. 1 FGO eröffnen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1488).
Mängel der Begründung der Vorentscheidung (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) sind nicht erkennbar. Ausführungen zur Übertragung der Sache auf den Einzelrichter sind nicht Teil der Vorentscheidung, sondern des Übertragungsbeschlusses, der als unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 Satz 1 FGO) nicht begründet zu werden braucht (§ 113 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 424786 |
BFH/NV 2000, 585 |