Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung eines Verfahrensmangels; Übernahme strafgerichtlicher Feststellungen; Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung
Leitsatz (NV)
- Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre.
- Das Finanzgericht kann sich die Feststellungen aus einem in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteil zu eigen machen, falls nicht die Verfahrensbeteiligten substantiierte Einwendungen vortragen und entsprechende Beweisanträge stellen; ein Zwang zur Übernahme der Feststellungen besteht nicht.
- Die Rüge, das FG hätte wegen erheblichen weiteren Klärungsbedarfs den Termin zur mündlichen Verhandlung verschieben müssen, kann nicht mehr erhoben werden, wenn sich die Klägerin rügelos auf die mündliche Verhandlung eingelassen hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 27.09.2002; Aktenzeichen 11 K 3373/00 E,G) |
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist teils unzulässig, teils unbegründet und damit insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 116 Rz. 48, 49).
Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 FGO) bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das Finanzgericht (FG) ungenutzt ließ, warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung jedoch dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 8. November 2000 XI B 38/00, BFH/NV 2001, 478, und vom 12. Juli 2002 XI B 188/01, juris).
2. Die von der Klägerin eingereichte Begründung entspricht nicht diesen Anforderungen.
Der Einwand, dass der zugrunde gelegte Reingewinnsatz nicht die gewerblichen Verhältnisse der Klägerin berücksichtige, betrifft eine Frage der zutreffenden Anwendung des materiellen Rechts.
Dass das FG die Ermittlungsergebnisse des Amtsgerichts X nicht übernommen hat, stellt keinen Verfahrensmangel dar. Das FG muss sich wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme die Kenntnis der Tatsachen, die es zur Grundlage seiner Entscheidung macht, grundsätzlich selbst verschaffen (BFH-Beschluss vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). Allerdings kann sich das FG die Feststellungen aus einem in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteil zu eigen machen, falls nicht die Verfahrensbeteiligten ―wie im Streitfall das FA― substantiierte Einwendungen vortragen und entsprechende Beweisanträge stellen; ein Zwang zur Übernahme der Feststellungen besteht aber nicht.
Weshalb sich dem FG eine weitere Aufklärung in Bezug auf die seiner Schätzung zugrunde gelegten Umsätze hätte aufdrängen müssen, hat die Klägerin nicht dargetan.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG die Agenturgeschäfte mit der Wäscherei A berücksichtigt und sich mit den Einwendungen der Klägerin auseinander gesetzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Amtsermittlungspflicht liegt nicht vor.
Die Rüge, das FG hätte wegen erheblichen weiteren Klärungsbedarfs den Termin zur mündlichen Verhandlung verschieben müssen, kann nicht mehr erhoben werden, nachdem sich die Klägerin rügelos auf die mündliche Verhandlung eingelassen hat. In der mündlichen Verhandlung ist ausweislich des Sitzungsprotokolls ein etwaiger Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht nicht gerügt worden. Weiter fehlt jede Darlegung, dass die angeblichen Versäumnisse entscheidungserheblich gewesen seien.
3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 116 Abs. 5 FGO ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 1076954 |
BFH/NV 2004, 345 |