Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nur gegeben, wenn das Urteil des Finanzgerichts von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung von einer Entscheidung des Reichsfinanzhofs reicht zur Begründung der Beschwerde nicht aus.
2. Die Aufteilung größerer unbebauter Grundstücksflächen in Vorder- und Hinterland ist nach ständiger Rechtsprechung nicht zwingend vorzunehmen. Die Aufteilung hängt vielmehr davon ab, ob sie ortsüblich oder durch behördliche Anordnung bedingt ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; BewG 1965 § 72; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 53
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (= Steuerpflichtiger) ist Eigentümer eines aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks in Größe von 7 272 qm. Das früher als landwirtschaftlich genutzte Fläche bewertete Grundstück wurde vom FA (Beschwerdegegner) im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 1961 als unbebautes und baureifes Grundstück bewertet und der Einheitswert auf 7 200 DM festgestellt. Gleichzeitig wurde der Grundsteuermeßbetrag nach den Meßzahlen der Baulandsteuer festgesetzt. Die Feststellung als baureifes Grundstück wurde zum 1. Januar 1963 wieder aufgehoben. Der Einspruch, mit dem der Steuerpflichtige bestritt, daß die Voraussetzungen zur Bewertung des Grundstücks als unbebautes Grundstück gegeben seien und daß das Grundstück auch nicht baureif im Sinne des Baulandsteuergesetzes sei, wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG verneinte zwar die Baureife des Grundstücks und änderte den ergangenen Bescheid insoweit ab, bestätigte jedoch die Bewertung als unbebautes Grundstück und auch die Höhe des festgestellten Einheitswerts. Das FG hatte eine Auskunft der Gemeindeverwaltung über den Bebauungszustand des an das Grundstück des Steuerpflichtigen angrenzenden Geländes eingeholt und durch den Berichterstatter eine örtliche Besichtigung des Grundstücks durchführen lassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Steuerpflichtigen wegen Nichtzulassung der Revision. Die Beschwerde wird darauf gestützt, daß die angefochtene Entscheidung von dem Urteil des RFH III A 696, 697/31 vom 10. März 1932 (RStBl 1932, 432) abweiche. Der RFH habe in diesem Urteil ausgeführt, daß bei einem Bauland von großer Tiefe die Fläche in zwei Zonen zu zerlegen sei, und zwar in Vorder- und Hinterland. Obwohl er bereits in einem Schriftsatz an das FG auf dieses Urteil hingewiesen habe, habe sich die angefochtene Entscheidung mit dieser Frage nicht befaßt. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß das Grundstück als Ganzes zu bewerten sei, als wenn es an baureifen Straßen läge. In einem weiteren, nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eingegangenen Schriftsatz macht der Steuerpflichtige noch geltend, daß die Frage der Aufteilung der Gesamtfläche auch in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert worden sei. Hierin liege ein Verfahrensverstoß, der die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO rechtfertige. Die Bewertung der Gesamtfläche als Bauland sei auch sachlich nicht gerechtfertigt. Schließlich sei das FG auch bei der Bemessung des Wertes des Grundstücks zu Unrecht davon ausgegangen, daß sein Grundstück zwar etwa 1m tiefer liege als die angrenzende Fläche, daß aber "die erforderliche Aufschüttung zum Teil bei der Ausschachtung der zu errichtenden Bauwerke gewonnen werden" könnte. Im Falle einer eventuellen Bebauung brauchten bei seinem Grundstück überhaupt keine Ausschachtungsarbeiten durchgeführt zu werden und selbst wenn dies überflüssigerweise gemacht werden sollte, so ergäbe sich für die Auffüllung der übrigen Fläche nur etwa 1/70 der erforderlichen Menge. Die Folgerung des FG, daß der Höhenunterschied von 1m durch Ausschachtung ausgeglichen werden könne, sei daher ein Verstoß gegen die Denkgesetze. Bei zutreffender Bewertung hätten auch die Kosten berücksichtigt werden müssen, die zur Auffüllung des Geländes notwendig seien. Der Einheitswert könne daher höchstens auf 1 500 DM festgestellt werden.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das FA hält die Nichtzulassungsbeschwerde für nicht begründet. Die von dem Steuerpflichtigen behauptete Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des RFH III A 696, 697/31 (a. a. O.) liege nicht vor.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Revision kann gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur zugelassen werden, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. das Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann.
Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden.
Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß in der Beschwerdeschrift selbst die in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision dargelegt sein müssen. Soweit es nicht in der Beschwerdeschrift selbst geschieht, muß die Darlegung mindestens innerhalb der Beschwerdefrist erfolgen. Innerhalb der Beschwerdefrist hat jedoch der Steuerpflichtige im Streitfall in seiner Beschwerdeschrift nur gerügt, daß die angefochtene Entscheidung gegen das Urteil des RFH III A 696, 697/31 (a. a. O.) verstoße. Soweit der Steuerpflichtige längere Zeit nach Ablauf der Frist zur Erhebung der Beschwerde weitere Ausführungen gemacht hat und darin Verstöße gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO rügte, ist dieses Vorbringen verspätet und kann deshalb vom BFH nicht berücksichigt werden.
Der Steuerpflichtige kann seine Beschwerde aber auch nicht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO stützen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nur zulässig, wenn geltend gemacht wird, daß das Urteil des FG von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kann schon nach seinem Wortlaut nicht dahin ausgelegt werden, daß die Nichtzulassungsbeschwerde auch bei einer Abweichung von einer Entscheidung des RFH gegeben wäre (so auch der VI. Senat des BFH in dem nicht veröffentlichten Beschluß VI B 61/69 vom 16. Januar 1970). Entgegen der Meinung des Steuerpflichtigen ist die Rüge einer Divergenz von einer Entscheidung des RFH nicht deshalb begründet, weil der RFH Rechtsvorgänger des BFH sei. Der BFH kann institutionell schon deshalb nicht Rechtsnachfolger des RFH sein, weil er ein Gericht der Bundesrepublik Deutschland ist, während der RFH ein Gericht des Deutschen Reiches war.
Im übrigen liegt die von dem Steuerpflichtigen geltend gemachte Abweichung der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung des RFH nicht vor. Bereits in den von dem Steuerpflichtigen schon früher herangezogenen Richtlinien für die Finanzämter zur Ermittlung der Bodenwerte - Bodenwert-Richtlinien - (BStBl II 1957, 28) ist in Tz. 15 Abs. 2 ausgeführt, daß die Aufteilung des Grund und Bodens in Vorderland und Hinterland nur vorzunehmen ist, wenn sie ortsüblich oder durch behördliche Anordnungen bedingt ist. Daß eine dieser Voraussetzungen im Streitfall vorläge, ist dem finanzgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen war das FA auch nicht verpflichtet, von sich aus hierzu Feststellungen zu treffen. Es entspricht vielmehr allgemeinen Erfahrungssätzen bei der Bewertung unbebauter Grundstücke, daß in Gegenden mit offener Bauweise bei Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern eine solche Aufteilung in Vorder- und Hinterland nicht üblich ist. Eine gegenteilige Auffassung hat auch der RFH in dem vom Steuerpflichtigen genannten Urteil nicht vertreten. Insbesondere hat der RFH in dieser Entscheidung nicht, wie es der Steuerpflichtige in seiner Beschwerdeschrift ausgeführt hat, gesagt, daß ein Bauland mit großer Tiefe in zwei Zonen zu zerlegen sei, und zwar in Vorder- und Hinterland. Der RFH hatte in dem angeführten Urteil darüber zu entscheiden, ob eine Fläche von 25 460 qm zulässigerweise in Vorderund Hinterland aufgeteilt worden ist, wobei eine Fläche von rd. 7 000 qm als sogenanntes Vorderland bewertet worden war. Der RFH führte sodann wörtlich aus: "Die gesamte Fläche in 2 Zonen, Vorder- und Hinterland, zu zerlegen, ist damit durchaus vereinbar und ein für die Bewertung zweckmäßiger Schritt ..,". Damit hat der RFH lediglich zum Ausdruck bringen wollen, daß in dem von ihm entschiedenen Fall eine Aufteilung zulässig sei. Aus dieser Entscheidung kann nicht abgeleitet werden, daß eine Aufteilung größerer Grundstücke in Vorder- und Hinterland zwingend ist. Wenn das FG aufgrund der von dem Berichterstatter durchgeführten Ortsbesichtigung und aufgrund einer Auskunft der Gemeinde zu dem Ergebnis kam, daß eine Bewertung zu einem Durchschnittspreis für das ganze Grundstück zutreffend sei, so lag hierin keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, weil die Entscheidung des RFH zu einem Einzelfall ergangen ist und auf die besonderen Verhältnisse dieses Einzelfalles abgestellt ist.
Da somit in keinem Falle die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vorliegen, ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet. Zu den übrigen Ausführungen des Steuerpflichtigen zur materiellen Rechtslage kann im Rahmen dieses Verfahrens nicht Stellung genommen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 69177 |
BStBl II 1971, 4 |
BFHE 1971, 184 |