Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die ordnungsgemäße Rüge eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten und an die Darlegung einer Divergenz (hier: Zugehörigkeit von Grundstücken, die erst nach einem Zeitraum von mehr als fünf Jahren seit ihrer Anschaffung weiterveräußert worden sind, zum Anlage- oder Umlaufvermögen)
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3, § 96 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.
a) Mit ihrem Vorbringen, das Finanzgericht (FG) habe gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, rügt die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Nach dieser Vorschrift hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist verletzt, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt geblieben ist.
Für eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO muß der Beschwerdeführer darlegen, welches Vorbringen tatsächlicher Art das FG in dem angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt hat oder welchen nicht dem Vorbringen der Beteiligten entsprechenden Sachverhalt es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. September 1995 V B 35/95, BFH/NV 1996, 412).
Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, das Urteil des FG beruhe auf der unzutreffenden Annahme, zwischen den Beteiligten bestehe kein Streit darüber, daß der Grundbesitz der Klägerin in X ursprünglich zu ihrem Umlaufvermögen gehört habe. Das Gegenteil ergebe sich aus der vom FG festgestellten Tatsache, daß die Klägerin die Grundstücke in ihren Bilanzen stets als Anlagevermögen ausgewiesen habe. Diese Verfahrensrüge ist nicht begründet, weil sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt, daß das FG den Bilanzausweis der Grundstücke beim Anlagevermögen durchaus zur Kenntnis genommen hat. Das FG hat diesen Umstand nicht nur im Tatbestand seines Urteils, sondern auch in den Entscheidungsgründen ausdrücklich erwähnt. Es hat jedoch aus den Erläuterungen zu dieser Bilanzposition den Schluß gezogen, daß die Grundstücke in X von der Klägerin zunächst zum Verkauf im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels bestimmt waren und folglich bei zutreffender Bilanzierung als Umlaufvermögen hätten ausgewiesen werden müssen. Die von der Auffassung der Klägerin abweichende Würdigung des vollständig wahrgenommenen Akteninhalts durch das FG rechtfertigt jedoch keine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Tz. 65 ff.; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 28).
b) Die als Verfahrensmangel geltend gemachte Rüge, das FG-Urteil beruhe auf einer Verkennung der Grundsätze über die Beweislastverteilung, ist nicht schlüssig erhoben. Die Grundsätze über die Verteilung der Beweislast sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (BFH-Beschluß vom 4. November 1996 I B 24/95, BFH/NV 1997, 491).
c) Mit der Rüge, das FG habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen verletzt, weil es keinen Beweis darüber erhoben habe, ob im Wirtschaftsleben üblicherweise Grundpfandrechte an Grundstücken des Umlaufvermögens als Sicherheiten für langfristige betriebliche Bankkredite akzeptiert werden, wendet sich die Klägerin der Sache nach gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Das FG hat den Einsatz von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zur Besicherung von Bankkrediten als üblich angesehen. Die Klägerin ist der Ansicht, diese Würdigung widerspreche den Erfahrungen des Wirtschaftslebens. Die Tatsachenwürdigung des FG ist der Nachprüfung durch den BFH im Revisionsverfahren weitgehend entzogen (§ 118 Abs. 2 FGO). Sie kann grundsätzlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie mit den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen vereinbar ist. Die Rüge, die Beweiswürdigung des FG widerspreche allgemeinen Erfahrungssätzen, gehört revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht an (BFH-Beschluß vom 20. August 1997 I B 128/96, BFH/NV 1998, 353).
2. Soweit mit der Beschwerde die Zulassung der Revision wegen Abweichung von der Rechtsprechung des BFH begehrt wird, ist der Zulassungsgrund nicht ausreichend bezeichnet i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Hierfür muß die Beschwerde neben dem genauen Zitat der angeblichen Divergenzentscheidung dartun, daß das FG mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des BFH aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im Urteil des FG und in der Entscheidung des BFH einander so gegenüber gestellt werden, daß die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschluß vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 891, m.w.N.). Es genügt nicht zu behaupten, das FG habe die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze unzutreffend auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt angewendet.
Zwar brauchen die gegenüberzustellenden Rechtssätze in den jeweiligen Entscheidungen nicht ausdrücklich nach Art von Leitsätzen ausgesprochen zu sein, sie müssen sich jedoch aus ihnen hinreichend deutlich ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, 672; vom 24. Oktober 1990 II B 31/90, BFHE 162, 483, BStBl II 1991, 106, 107). Die Beschwerde legt demgegenüber nicht schlüssig dar, welchen von der erwähnten BFH-Rechtsprechung abweichenden tragenden abstrakten Rechtssatz das angefochtene Urteil enthalten soll, sondern behauptet insoweit lediglich einen Widerspruch des angefochtenen Urteils zur Rechtsprechung des BFH.
Tatsächlich liegt eine Abweichung von den genannten BFH-Urteilen nicht vor. Insbesondere kann der Entscheidung des BFH vom 26. März 1993 III B 98/91 (BFH/NV 1994, 739) nicht der Rechtssatz entnommen werden, bei Grundstücken, die erst nach einem Zeitraum von mehr als fünf Jahren seit ihrer Anschaffung weiterveräußert worden seien, spreche ein Beweisanzeichen für ihre Zugehörigkeit zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen. Der BFH hat in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, daß der Zeitraum von fünf Jahren zwischen Erwerb und Weiterveräußerung eines Grundstücks keine absolute Grenze bedeutet. Im Einzelfall kann auch ein längerer Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung verstreichen, ohne daß dadurch die Absicht, das betreffende Grundstück mit Gewinn weiterzuveräußern, in Frage gestellt wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135; vom 14. November 1995 VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466). Bei einem längeren zeitlichen Abstand zwischen Erwerb und Veräußerung eines Grundstücks tritt das Beweisanzeichen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Veräußerung für eine von vornherein bestehende Verkaufsabsicht in den Hintergrund; es kann jedoch durch andere Beweisanzeichen für eine von Gewinnerzielungsabsicht getragene Betätigung am Grundstücksmarkt kompensiert werden (BFH-Urteil vom 14. November 1995 VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466).
3. Da die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich erachtete Rechtsfrage, ob in dem Überschreiten der Fünf-Jahresgrenze zwischen An- und Verkauf eines Grundstücks ein Beweisanzeichen für dessen Zugehörigkeit zum Anlagevermögen zu sehen ist, durch die oben genannte Rechtsprechung des BFH bereits ausreichend geklärt ist, kann die Revision auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden.
Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen