Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge mangelnder Beiziehung und Einsicht in Akten eines Strafverfahrens
Leitsatz (NV)
Eine Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs setzt den Vortrag voraus, dass das FG dem Beschwerdeführer entgegen § 78 Abs. 1 FGO die Einsicht in Gerichtsakten oder dem Gericht vorliegende Akten verweigert hat.
Mit der Beschwerde unterbliebener Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist vorzutragen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich aus der Ausschöpfung des Inhalts beizuziehender Akten für die Vorentscheidung noch ergeben hätten oder hätten ergeben können.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, §§ 74, 78 Abs. 1, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die vor dem 1. Januar 2001 zugestellte Vorentscheidung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757). Sie ist zu verneinen, die Beschwerde war zu verwerfen.
Die Beschwerdeschrift entspricht nicht den Erfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat weder die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör noch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das Finanzgericht (FG) ordnungsgemäß gerügt. Gleiches gilt für die Rüge, das FG habe das Verfahren zu Unrecht nicht ausgesetzt. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) ist nicht schlüssig erhoben. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass das FG ihr entgegen § 78 Abs. 1 FGO die Einsicht in Gerichtsakten oder dem Gericht vorliegende Akten verweigert hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. Mai 1998 II B 109/97, BFH/NV 1998, 1498).
Auch die Verletzung der Verpflichtung des FG zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß gerügt. Zwar hat das FG ihrem schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, die von ihr genannten Straf- und Steuerfahndungsakten sowie die beschlagnahmten Gegenstände zum Verfahren beizuziehen, nicht entsprochen. Mit ihrer Beschwerde hat die Klägerin jedoch nicht wie erforderlich vorgetragen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich aus der Ausschöpfung dieser Beweismittel für die Vorentscheidung noch ergeben hätten (BFH-Beschlüsse vom 27. April 1999 III B 118/98, BFH/NV 1999, 1478; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Anm. 40) oder zumindest hätten ergeben können (BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1998 I B 29/98, BFH/NV 1999, 627, m.w.N.). Die Behauptung, dass das FG auf der Grundlage der beizuziehenden Akten nicht von der Schlüssigkeit der Feststellungen der Steuerfahndung hätte ausgehen können und demzufolge anders entschieden hätte, ist nicht ausreichend. Dies gilt umso mehr, als das FG die Vorgreiflichkeit des Strafverfahrens für das vorliegende Verfahren mit ausführlicher Begründung verneint hat.
Soweit die Klägerin rügt, das FG sei den von ihr vorgetragenen Einwendungen gegen den Bericht der Steuerfahndung nicht gefolgt, rügt sie im Ergebnis die Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und damit die Anwendung materiellen Rechts durch das FG. Dies gilt auch für dessen Beurteilung der Festsetzungsverjährung und der ungeklärten Geldzuflüsse.
Letztlich hat die Klägerin auch die Rüge, das FG habe das Verfahren zu Unrecht nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt, nicht schlüssig erhoben. Dazu wäre jedenfalls erforderlich gewesen, darzulegen, warum das FG ―trotz der dahin gehenden ausführlichen Begründung in der Vorentscheidung― das ihm insoweit zukommende Ermessen nicht zutreffend ausgeübt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 1996 V B 81/95, BFH/NV 1996, 571).
Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 635843 |
BFH/NV 2001, 1583 |