Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aussetzung des Verfahrens bei Änderung eines Haftungsbescheids
Leitsatz (NV)
1. Wird gegen den Bescheid Einspruch eingelegt, durch den ein mit Klage angefochtener Haftungsbescheid geändert worden ist, und verweigert der Kläger den Antrag, den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens wegen des Haftungsbescheids zu machen, so rechtfertigt das nicht die Aussetzung des Klageverfahrens bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids.
2. Die Beschwerdeentscheidung, durch die die Aussetzung des Klageverfahrens durch das FG aufgehoben wird, bedarf keiner Kostenentscheidung.
Normenkette
FGO §§ 68, 74, 143 Abs. 1; AO 1977 § 130 Abs. 1, § 191 Abs. 1
Tatbestand
Beim Finanzgericht (FG) ist ein Verfahren wegen Haftung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) für Mineralölsteuer anhängig, das die gegen die Beschwerdeführerin erlassenen Haftungsbescheide des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt - HZA -) vom 2. und 7. Januar 1976 zum Gegenstand hat. Durch Beschluß vom 27. Februar 1987 XI K 58/85 Z hat das FG das Verfahren bis zu Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Änderungsbescheide vom 21. November 1983 ausgesetzt.
Zur Begründung führte das FG aus: Das HZA habe die in den Haftungsbescheiden in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1982 festgesetzten Haftungsbeträge durch Änderungsbescheide vom 21. November 1983 herabgesetzt. Die Beschwerdeführerin habe gegen die Änderungsbescheide Einspruch eingelegt. Einen Antrag auf deren Einbeziehung in das Klageverfahren nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) habe die Beschwerdeführerin ausdrücklich nicht gestellt. Dem Klageverfahren sei durch den Erlaß der Änderungsbescheide die Grundlage entzogen. Es sei daher zweckmäßig, das Klageverfahren in entsprechender Anwendung des § 74 FGO auszusetzen, bis über den Bestand der Änderungsbescheide unanfechtbar entschieden sei.
Die Beschwerdeführerin legte gegen den Beschluß des FG Beschwerde ein.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses, da dessen Gründe nicht geeignet sind, die Aussetzung des Klageverfahrens zu rechtfertigen.
Der Auffassung des FG, dem Klageverfahren sei durch den Erlaß der Änderungsbescheide die Grundlage entzogen worden, kann nicht gefolgt werden. Die Herabsetzung der Haftungsbeträge durch die Änderungsbescheide hat lediglich eine Teilrücknahme der Haftungsbescheide vom 2. und 7. Januar 1976 nach § 130 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. Art. 97 §§ 1, 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung bewirkt und nicht eine Änderung oder Ersetzung der genannten Haftungsbescheide i.S. des § 68 FGO (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 28. Januar 1982 V R 100/80, BFHE 135, 27, BStBl II 1982, 292, und vom 11. Dezember 1984 VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354). Das hat zur Folge, daß das Klageverfahren gegen die Haftungsbescheide vom 2. und 7. Januar 1976 fortgeführt werden kann (vgl. BFHE 135, 27, BStBl II 1982, 292).
Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, da durch die Beschwerdeentscheidung nicht ein Verfahren i.S. des § 143 Abs. 1 FGO beendet worden ist. Daran fehlt es schon deshalb, weil die Beschwerde sich gegen eine Entscheidung des FG richtet, die - im Rahmen des durch Klage eingeleiteten Hauptverfahrens - von Amts wegen getroffen und folglich nicht durch Rechtsbehelf eines Verfahrensbeteiligten veranlaßt worden ist (vgl. Ziemer / Lohse / Haarmann / Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 10623 ff.).
Fundstellen
Haufe-Index 423928 |
BFH/NV 1988, 387 |