Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB; Abgrenzung materiellrechtlicher Fehler/Verfahrensmangel; Rügeverzicht
Leitsatz (NV)
- Die Behauptung, durch das angefochtene Urteil werde Bundesrecht verletzt, ist nicht geeignet, eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen.
- Angebliche Verstöße gegen die Logik bzw. gegen die Denkgesetze begründen ebensowenig einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wie Einwände gegen die Beweiswürdigung.
- Beschränkt sich ein ―sachkundig vertretener― Prozeßbeteiligter darauf, in der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag zu stellen, so ist das regelmäßig als Rügeverzicht hinsichtlich aller bis dahin erkennbaren Verfahrensmängel zu werten.
- Die Erkenntnis des FG, der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten verletzt (und damit eine entsprechende Begrenzung der Sachaufklärungspflicht herbeigeführt), für sich allein bietet keinen Anhalt für die Annahme eines Verfahrensmangels.
Normenkette
AO 1977 § 90 Abs. 2; FGO §§ 76, 96, 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO §§ 85, 295
Gründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, weil ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gegeben ist bzw. nicht in der erforderlichen Weise (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargetan wurde.
1. Von vornherein unbeachtlich ist das Beschwerdevorbringen, soweit es sich in Einwänden gegen die Richtigkeit der dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Rechtsauffassung erschöpft (vgl. z.B. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1998 X B 155/97, BFH/NV 1998, 1331; vom 19. August 1998 X B 111/97, BFH/NV 1999, 210; vom 25. August 1998 IX B 70/98, BFH/NV 1999, 213, und vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510, 511; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62 f., jeweils m.w.N.). Die auf § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO zielende Behauptung der Verletzung von Bundesrecht ist, für sich genommen ungeeignet, gemäß § 115 Abs. 2 und Abs. 3 FGO den Zugang zum BFH zu eröffnen. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat es insoweit versäumt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) darzulegen, d.h. die Klärungsbedürftigkeit einer konkreten, entscheidungserheblichen, über sein individuelles Interesse am Ausgang der Verfahren hinausreichenden Rechtsfrage aufzuzeigen (s. BFH-Beschlüsse vom 14. April 1998 IV B 3/97, BFH/NV 1998, 1243; vom 16. April 1998 X B 186/97, BFH/NV 1998, 1244; vom 10. November 1998 III B 69/98, BFH/NV 1999, 645, und vom 18. November 1998 VIII B 101/97, BFH/NV 1999, 650; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 61, m.w.N.) oder Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3 FGO zu bezeichnen (dazu Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 63).
2. Auch ein Verfahrensmangel liegt nicht vor bzw. ist nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet worden:
a) Mit dem in der Beschwerdeschrift geltend gemachten Verstoß gegen die Logik bzw. gegen die Denkgesetze ist ein materiell-rechtlicher Fehler umschrieben (s. Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 29, m.w.N.). Dasselbe gilt, soweit der Kläger vorträgt, die vom Finanzgericht (FG) gezogenen Schlußfolgerungen seien von den getroffenen Feststellungen nicht gedeckt (Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 27), Beweise unzutreffend gewürdigt bzw. die Beweislast unrichtig verteilt worden (Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 28).
b) Soweit in der Beschwerdeschrift wirklich Verfahrensmängel angesprochen sind und bis zur mündlichen Verhandlung hätten erkannt und geltend gemacht werden können (wie z.B. evtl. mit der Änderung der angefochtenen Bescheide zusammenhängende Verfahrensfehler), sind sie durch Rügeverzicht (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―) verbraucht, weil der ―sachkundig vertretene― Kläger (zur Wirkung der Vollmacht in diesem Zusammenhang: § 155 FGO i.V.m. § 85 ZPO) sich in der mündlichen Verhandlung darauf beschränkt hat, einen Sachantrag zu stellen (vgl. Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 37). Hiervon betroffen sind vor allem die Einwände, die sich auf die Zurechnung der prozessualen Mitwirkungspflichten beziehen: Jedenfalls, seitdem die streitigen Einkünfte dem Kläger zugerechnet wurden, mußte für ihn (bzw. seinen Prozeßbevollmächtigten) klar sein, daß es für den Ausgang des Verfahrens vor allem auf seine Mitwirkungspflichten und deren Erfüllung ankam.
c) Soweit in der Beschwerdeschrift Verfahrensfehler gerügt werden, die für den Kläger erst aus der Urteilsbegründung zu ersehen waren, fehlt es zunächst an substantiiertem, in sich schlüssigem Vorbringen (dazu: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 33 f. und 65). Im übrigen übersieht der Kläger folgendes:
Maßgeblich sind insoweit nur Verfahrensfehler des Gerichts, nicht der beklagten Behörde (Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 25); es ist also unbeachtlich, wen er von den drei Personen, die nach Aktenlage für eine weitere Sachaufklärung in Betracht gekommen wären, dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) als Zeugen benannt hat, entscheidend vielmehr, daß dies dem FG gegenüber bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in keinem Fall geschehen ist, obwohl die vielfältigen Zweifel hinsichtlich des entscheidungserheblichen Geschehensablaufs seit Erlaß der ersten Änderungsbescheide (auch) dem Kläger bekannt waren, zunächst als (Mit-)Adressat dieser Bescheide, dann als (Mit-)Beteiligter am Einspruchs- und Klageverfahren.
Die das angefochtene Urteil tragende und ausführlich begründete Erkenntnis, der Kläger habe seine ―in diesem Fall gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) verstärkten― Mitwirkungspflichten verletzt, beruht im wesentlichen auf der Beurteilung der Sach- und Rechtslage, die im Rahmen des § 115 FGO auch hinsichtlich der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen ist (s.o. unter 2. a), selbst wenn damit (als Rechtsfolge) notwendigerweise zugleich eine Begrenzung der dem Gericht obliegenden Sachaufklärungspflicht verbunden ist (s. dazu das Senats-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; Gräber, a.a.O., § 76 Rz. 28. ff. und § 96 Rz. 9, m.w.N.). Für die Annahme eines Verfahrensmangels wäre unter den im Streitfall gegebenen Umständen nur Raum, wenn das FG seiner Beurteilung fehlerhafte prozeßrechtliche Kriterien zugrunde gelegt oder wenn es etwa die Grundsätze rechtlichen Gehörs verletzt hätte: Ersteres ist nicht der Fall (s. die zuvor Zitierten), letzteres nicht dargetan (zu den Anforderungen an eine solche Rüge: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 33, 65 und § 120 Rz. 37 ff.).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 302446 |
BFH/NV 1999, 1612 |