Entscheidungsstichwort (Thema)
1-Prozent-Regelung für Privatnutzung betrieblich erworbener Gebrauchtfahrzeuge verfassungsgemäß
Leitsatz (NV)
Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die pauschale Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch insoweit nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt, als die Nutzungsentnahme sowohl bei Neu- als auch bei Gebrauchtfahrzeugen nach dem Listenpreis bei der Erstzulassung bemessen wird. Der so ermittelte Wert der Nutzungsentnahme ist auch bei Gebrauchtfahrzeugen das Ergebnis einer zulässigen typisierenden Schätzung, die infolge der Deckelung auf den als Betriebsausgabe erfassten Betrag nicht zu einer erdrosselnden Besteuerung führen kann.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde zulässig ist, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) es versäumt hat, einen oder mehrere Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genau zu bezeichnen. Diese Frage kann aber dahinstehen, weil als Zulassungsgründe allenfalls die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht kommen können, deren Voraussetzungen aber jeweils nicht erfüllt sind.
2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn über Rechtsfragen zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und die klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sind (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH―, vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628, und vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Hat der BFH eine Rechtsfrage bereits entschieden, besteht in der Regel kein Bedarf für eine erneute Entscheidung derselben Frage. Eine Ausnahme davon gilt nur dann, wenn Finanzgerichte der Rechtsprechung des BFH nicht gefolgt sind bzw. im Fachschrifttum oder auch mit der Nichtzulassungsbeschwerde selbst neue gewichtige Argumente gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragen werden, die der BFH bisher nicht erwogen hat (BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1977 IV B 16-17/77, BFHE 123, 48, BStBl II 1977, 760; vom 3. Juni 1980 VII B 40/79, BFHE 131, 149, und vom 12. Juni 1996 IV B 133/95, BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82).
Mit dem Senatsurteil vom 1. März 2001 IV R 27/00 (BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403) ist danach geklärt, dass die pauschale Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch insoweit nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt, als die Nutzungsentnahme sowohl bei Neu- als auch bei Gebrauchtfahrzeugen nach dem Listenpreis bei der Erstzulassung bemessen wird. Zugleich ist durch diese Entscheidung geklärt, dass der so ermittelte Wert der Nutzungsentnahme nicht nur bei Neuwagen (dazu BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273), sondern auch bei Gebrauchtwagen das Ergebnis einer zulässigen typisierenden Schätzung ist. Neue und gewichtige Argumente, mit denen sich der Senat bisher nicht auseinander gesetzt hat, werden vom Kläger nicht vorgetragen. Die Rechtsprechung ist auch nicht ―wie der Kläger vorträgt― von der gesamten Fachwelt mit Unverständnis aufgenommen worden (vgl. z.B. Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl. 2002, § 6 Rz. 421; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 6 Rn. 740).
Inwieweit die Anknüpfung an den Listenpreis bei einem Gebrauchtwagen zu einem Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG) führen könnte, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Ein Besteuerungstatbestand kann die Eigentumsgarantie nur ausnahmsweise dann berühren, wenn er den Steuerpflichtigen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt (Urteil des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 24. Juli 1962 2 BvL 15, 16/61, BVerfGE 14, 221, 241; BVerfG-Beschluss vom 3. Juli 1985 1 BvL 55/81, BVerfGE 70, 219, 230). Davon ist nur auszugehen, wenn die Belastung über jedes Maß ansteigt und damit zu einer Existenzgefährdung führen würde (BVerfG-Beschlüsse vom 31. Mai 1988 1 BvL 22/85, BVerfGE 78, 232, 243; vom 31. Mai 1990 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159, 190; BFH-Urteil vom 11. August 1999 XI R 77/97, BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771). Zu einer solchen "erdrosselnden" Besteuerung kann die Bewertung einer Nutzungsentnahme mit einem ―infolge der "Deckelung" durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. Mai 1997 (BStBl I 1997, 562, Tz. 13)― höchstens den Betriebsausgaben entsprechenden Betrag naturgemäß nicht führen.
3. Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Fortbildung des Rechts ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere dann, wenn der Einzelfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken aufzufüllen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 147; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 41). Ungeklärte Rechtsfragen in diesem Sinn sind hier nicht zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 887188 |
BFH/NV 2003, 466 |