Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Keine Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Wiederaufnahme des Verfahrens keine Aussicht auf Erfolg bietet.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 114

 

Tatbestand

Der Antragsteller hatte gegen die drei seine Klagen abweisenden Urteile des Finanzgerichts (FG) - ergangen wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1980 bis 1982, Einkommensteuervorauszahlungen für 1983 und I. Kalendervierteljahr 1984, wegen Einleitung von Disziplinarverfahren gegen Finanzbeamte - persönlich Revision eingelegt und ferner gegen einen Beschluß des FG, mit dem die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheids vom 26. Januar 1983 abgelehnt worden war - ebenfalls persönlich - Beschwerde erhoben. Die Revisionen wurden mit Beschlüssen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Oktober 1984 VIII R 235/84, VIII R 236/84 und VIII R 237/84 mit der Begründung als unzulässig verworfen, die Revisionen seien nicht, wie es Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanhofs (BFHEntlG) erfordere, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eingelegt worden. Die Beschwerde wurde mit Beschluß vom selben Tage VIII B 52/84, ebenfalls unter Hinweis auf den Vertretungszwang vor dem BFH und weiterhin auch deshalb als unzulässig verworfen, weil das FG die Beschwerde gegen den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß nicht zugelassen hatte.

Nach Zugang der Kostenrechnungen hat der Antragsteller unmittelbar beim BFH in den oben angeführten Sachen die Wiederaufnahme des Verfahrens und ,,die Gestellung eines Anwalts im Zuge der Prozeßkostenhilfe" beantragt. Er sei nicht darauf hingewiesen worden, daß er sich vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten lassen müsse. Er hätte sonst Antrag auf Prozeßkostenhilfe gestellt. Er sei Alleinernährer einer vierköpfigen Familie, dem nach Abzug von Steuern und sonstigen Belastungen nicht einmal das gesetzlich garantierte Existenzminimum verbleibe.

 

Entscheidungsgründe

Der erkennende Senat, der für die Sachen zuständig geworden ist, legt das Begehren des Antragstellers dahin aus, daß dieser die Fortsetzung der Verfahren vor dem BFH betreiben will und hierfür Prozeßkostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Die Anträge sind zurückzuweisen.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers besteht in der Wiederaufnahme von Verfahren, die durch die angeführten Beschlüsse des BFH abgeschlossen worden sind.

Nach § 134 FGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Zu den rechtskräftig beendeten Verfahren können auch Beschlüsse rechnen, durch die eine Revision als unzulässig verworfen worden ist (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1967 VI K 1/67, BFHE 90, 454, BStBl II 1968, 119). Denn mit der Verwerfung einer Revision als unzulässig ist ein Verfahren abgeschlossen worden, in dem Rechtskraft eintreten konnte (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 134 Anm. 2).

Hingegen kann ein Beschluß, der in einem Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ergangen ist, nicht Gegenstand eines Wiederaufnahmeverfahrens sein. Ein solcher Beschluß kann zwar unanfechtbar werden, nicht aber in Rechtskraft wegen der nachträglichen Änderungsmöglichkeiten erwachsen (BFH-Beschluß vom 29. April 1970 I B 2/70, BFHE 99, 178, BStBl II 1970, 597). Schon hieraus folgt, daß eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den in der Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluß des BFH nicht in Betracht kommt und die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Diese Erfolgsaussichten fehlen aber auch in den anderen beabsichtigten Wiederaufnahmeverfahren. In den §§ 579, 580 ZPO - Vorschriften, die im Vierten Buch der ZPO stehen, auf das § 134 FGO verweist - sind die Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens - geltend zu machen in einer Nichtigkeitsklage oder Restitutionsklage - im einzelnen aufgestellt. In diesen Aufstellungen fehlt aber der Wiederaufnahmegrund, daß dem betreffenden Verfahrensbeteiligten unbekannt gewesen sei, vor dem BFH herrsche Vertretungszwang. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist er in den Rechtsmittelbelehrungen der finanzgerichtlichen Entscheidungen ausdrücklich auf den Vertretungszwang vor dem BFH hingewiesen worden.

Kann daher mangels hinreichender Erfolgsaussichten den Anträgen des Antragstellers auf Prozeßkostenhilfe einschließlich der Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht stattgegeben werden, so fehlt es noch an der weiteren Voraussetzung, daß der Antragsteller, wie es § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO verlangt, eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck eingereicht hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413935

BFH/NV 1986, 233

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