Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeitsvoraussetzungen der PKH-Beschwerde
Leitsatz (NV)
Hat das FG der Klage stattgegeben, die Kosten jedoch nach § 137 FGO dem Kläger auferlegt, ist eine PKH-Beschwerde unstatthaft, wenn die Hauptsache nicht mehr zum BFH gelangen kann. Ohne Bedeutung ist, daß der Kläger selbst an einer Anfechtung des FG-Urteils allein deshalb gehindert ist, weil die Kostenentscheidung nicht isoliert anfechtbar ist.
Normenkette
FGO §§ 142, 145
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Antragstellers auf Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Klageverfahrens wegen Umsatzsteuer-Voranmeldung III/92 und Umsatzsteuervoranmeldung IV/92 und des entsprechenden Vollziehungsaussetzungsverfahrens mit Beschluß vom 21. Juni 1993 abgelehnt. Mit Urteil vom selben Tage gab es der Klage statt; die Kosten des Klageverfahrens hat es gemäß § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Antragsteller auferlegt. Mit Beschluß vom selben Tag wies es den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück. Weder der Antragsteller noch das Finanzamt (FA) haben gegen die Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt.
Gegen den Beschluß über die Versagung der PKH richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, die unter dem Az. X B 181/93 beim erkennenden Senat anhängig ist. Für die Durchführung dieses Beschwerdeverfahrens beantragt der Antragsteller, ihm PKH zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist.
1. Die Beschwerde in der PKH-Sache hat nicht bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil der Antragsteller sich bei der Einlegung des Rechtsmittels nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des FG durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten hat vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).
Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bei der Einlegung eines Rechtsmittels, so besteht - nachdem ihm PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt oder Steuerberater beigeordnet ist - die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch nach Ablauf der Beschwerdefrist. Voraussetzung ist allerdings, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
Um das erreichen zu können, muß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nur den Antrag auf PKH stellen, sondern u.a. auch unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 ZPO vorlegen. Die Erklärung ist auf dem amtlichen Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO). Wird PKH für die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens beantragt, muß grundsätzlich bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erneut eine Erklärung nach § 117 ZPO abgegeben werden. Allerdings reicht eine Bezugnahme auf eine im Verfahren vor dem FG vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus, wenn der Rechtsmittelführer innerhalb der Beschwerdefrist unter Bezugnahme auf diese Erklärung versichert, daß die Verhältnisse unverändert sind (z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 142 Rz. 16 m.w.N.). Geschieht das nicht, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631, mit Hinweisen auf die - einhellige - Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe und Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -) vom 14. Juni 1983 I BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).
Der Antragsteller hat innerhalb der Beschwerdefrist für das vorliegende Verfahren weder eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO abgegeben, noch auf eine früher abgegebene Erklärung verwiesen. Unabhängig davon hätte auch eine formgerecht eingelegte Beschwerde gegen die Versagung von PKH keine Aussicht auf Erfolg.
2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschwerde in einer PKH-Sache nicht statthaft, wenn die zugehörige Hauptsache nicht bzw. nicht mehr an den BFH gelangen kann (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Mai 1982 VIII B 1/82, BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600; vom 24. Juli 1992 VI B 6/92, BFH/NV 1992, 835; vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., 3. Aufl., § 142 Rz. 28 m.w.N.).
So liegt es im Streitfall.
a) Das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung kann schon deshalb nicht zum BFH gelangen, weil das FG die Beschwerde nicht in der Entscheidung zugelassen hat (§ 128 Abs. 3 FGO).
b) Hinsichtlich des Klageverfahrens bestand zwar grundsätzlich die Möglichkeit, daß es - nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde eines Beteiligten - an den BFH hätte gelangen können. Nachdem keiner der Beteiligten Nichtzulassungsbeschwerde erhoben hat, ist das Urteil des FG rechtskräftig geworden. Das hat zur Folge, daß auch eine formgerecht eingelegte PKH-Beschwerde unstatthaft geworden wäre (vgl. BFHE 144, 407, 409, BStBl II 1986, 71). Ohne Bedeutung ist insoweit, daß der Antragsteller selbst die Entscheidung des FG in der Hauptsache weder mit der Nichtzulassungsbeschwerde noch mit der Revision hätte anfechten können, weil das FG seiner Klage stattgegeben hat und er nur durch die nicht isoliert anfechtbare (§ 145 FGO) Kostenentscheidung nach § 137 FGO beschwert ist (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Oktober 1988, I R 210/84, BFHE 154, 489, 490, BStBl II 1989, 110 m.w.N.). Entscheidend ist allein, daß die Hauptsache nicht mehr zum BFH gelangen kann, nicht, aus welchem Grund sie nicht bzw. nicht mehr anfechtbar ist.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Es entstehen keine Gerichtsgebühren (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4, 5 ZPO, § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 419622 |
BFH/NV 1994, 734 |