Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatnutzung eines Firmenwagens durch Geschäftsführer einer GmbH; Dienstreise
Leitsatz (NV)
- In der Rechtsprechung des BFH ist bereits grundsätzlich geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen die Überlassung eines PKW durch eine GmbH an den Gesellschafter-Geschäftsführer zur Privatnutzung als übliche Vergütungsleistung neben der Barvergütung für die Arbeitsleistung beurteilt werden kann.
- Ein häusliches Arbeitszimmer kann nicht als Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG qualifiziert werden. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind deshalb umsatzsteuerrechtlich keine Dienstreisen.
Normenkette
UStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH mit Sitz in A. Ihr alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer X wohnte in B in einer 98,45 qm großen Wohnung, in der sich ein ca. 13 qm großes Arbeitszimmer befand. X war im Rahmen der Geschäftsführung zuständig für die Bereiche Verwaltung, Buchhaltung, Außendienst und Verkauf sowie Anwendungstechnik. Ihm stand nach dem Geschäftsführervertrag der für Geschäftszwecke benötigte PKW auch für gelegentliche Privatfahrten unentgeltlich zur Verfügung.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) setzte im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung in den Umsatzsteuerbescheiden 1992 bis 1994 (Streitjahre) u.a. für die private Nutzung des von X benutzten firmeneigenen PKW, für dessen Erwerb die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, Umsatzsteuer (mit einem Privatanteil von 30 %) an. Außerdem berücksichtigte das FA bei der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage Fahrten zwischen der Wohnung des X und dem Sitz der Klägerin als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin im Wesentlichen ab. Es führte zur Begründung u.a. aus: Die Beteiligten hätten sich in der mündlichen Verhandlung im Wege einer tatsächlichen Verständigung darauf geeinigt, dass der Privatanteil für die Nutzung des PKW der Klägerin durch X für die Streitjahre auf jeweils 15 % zu schätzen sei. Der Senat sehe diese Privatnutzung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und insbesondere der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen zum Zustandekommen des Arbeitsvertrages zwischen ihr und X als unentgeltliche Leistungsabgabe der Klägerin an X gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) an.
Die Fahrten des X von B nach A und zurück seien als Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht als Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten (gleich Dienstreisen) anzusehen. Das häusliche Arbeitszimmer des X stelle nämlich keine Betriebsstätte der Klägerin dar.
Mit der dagegen eingelegten Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil eine Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Diese Voraussetzungen müssen gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 2. August 1999 VII B 20/99, BFH/NV 2000, 436, m.w.N.).
2. Die Klägerin meint, soweit das FG von einer unentgeltlichen Überlassung des Firmenwagens an X ausgegangen sei, sei "grundsätzlich die Rechtsfrage zu klären, unter welchen Bedingungen und bei welchem Sachverhalt eine Ausnahme von der Rechtsprechung des BFH und der herrschenden Meinung anzunehmen ist, dass die Überlassung eines Firmenwagens zur Privatnutzung regelmäßig als Bestandteil der Vergütung von Führungskräften anzusehen sei mit der Folge, dass ein tauschähnlicher Umsatz, mithin eine Leistung gegen Entgelt, anzunehmen sei".
In der Rechtsprechung des BFH ist hingegen bereits grundsätzlich geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen die Überlassung eines PKW durch eine GmbH an den Gesellschafter-Geschäftsführer zur Privatnutzung als übliche Vergütungsleistung neben der Barvergütung für die Arbeitsleistung beurteilt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 1999 V R 87/98, BFHE 189, 196, BStBl II 1999, 580). Die Klägerin hat sich weder mit dieser Rechtsprechung auseinander gesetzt noch dargelegt, ob und in welchem Umfang die von ihr als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage im Schrifttum umstritten ist (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 1996 VIII B 100/95, BFH/NV 1997, 356; vom 14. Oktober 1999 V B 56/99, BFH/NV 2000, 459). Sie beschränkt sich vielmehr im Kern auf die bloße Behauptung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und wendet sich letztlich gegen die Einzelfallwürdigung des FG.
Im Übrigen könnte eine ―zugelassene― Revision in diesem Streitpunkt zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen. Denn wenn die PKW-Überlassung nicht als unentgeltlich, sondern als Leistung gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu beurteilen wäre, müsste dieser Umsatz der Klägerin an X ebenfalls versteuert werden, und zwar mit einer für die Klägerin ungünstigeren Bemessungsgrundlage (vgl. dazu das bezeichnete BFH-Urteil in BFHE 189, 196, BStBl II 1999, 580).
3. Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die Ausführungen des FG begehrt, dass die Fahrten des X von B nach A als Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht als Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten ―und damit als Dienstreisen― anzusehen seien, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision ebenfalls nicht vor.
Nach der ―vom FG wiedergegebenen― Rechtsprechung des BFH können Räumlichkeiten, die ―wie üblicherweise ein häusliches Arbeitszimmer― nur einen Teil der Wohnung oder des Wohnbereichs bilden, also in den Wohnbereich und damit in die private Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden bleiben, nicht als Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes qualifiziert werden, und zwar ungeachtet der Art und des Umfangs ihrer beruflichen oder betrieblichen Nutzung (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41, m.w.N.).
Hierzu hat die Klägerin dargelegt, diese Rechtsprechung bedürfe der Fortentwicklung; sie werde dem konkreten Sachverhalt ―Fahrten eines von mehreren Geschäftsführern einer mittelständischen Unternehmung, der im Wesentlichen den Außendienst des Unternehmens erledige― nicht gerecht. Die Beschwerdebegründung lässt indes nicht erkennen, weshalb die Klärung der von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich angesehenen Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt. Allein aus dem Hinweis, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt sei und dass eine Revisionsentscheidung für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung sei, ergibt sich nicht, dass eine Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1994 V B 34/94, BFH/NV 1995, 530; vom 29. September 1999 II B 8/99, BFH/NV 2000, 340).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 507926 |
BFH/NV 2001, 350 |