Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung des § 62 Abs. 1 und 2 FGO.
Das Gericht kann zwar die Bestellung eines Bevollmächtigten, nicht aber die Bestellung eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten als Bevollmächtigten anordnen.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1, § 62/2
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) stellte mit seinem Schreiben vom 10. Juni 1966 eine Reihe von Anträgen beim Finanzgericht (FG). Auf Grund eingehender Erwägungen nahm das FG an, daß der Stpfl. wohl auf die Wiederaufnahme eines früheren Verfahrens (Nichtigkeitsklage oder Restitutionsklage) hinaus wolle, daß aber die sachgerechte Bearbeitung der Klage erfordere, daß sich der Stpfl. der Hilfe eines Steuerfachmanns bediene. Das FG gab daher dem Stpfl. auf, gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO einen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen.
Mit seiner Beschwerde macht der Stpfl. vor allem geltend, daß die angesprochenen Steuerbevollmächtigten die Vertretung ablehnten, "wahrscheinlich um nicht großen Schwierigkeiten ausgesetzt zu werden". Mit seiner Beschwerde verbindet er den Antrag "einer weiteren, sofortigen, einstweiligen Verfügung gegen die Kostenforderung, zum Schutz von Eigentum, Besitz und Vermögen".
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist, weil die angefochtene Anordnung aus § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht bloß eine prozeßleitende Verfügung ist (vgl. Eyermann-Fröhler, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 67, S. 385), zulässig. Sie kann aber sachlich keinen Erfolg haben.
Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß ein Bevollmächtigter bestellt oder ein Beistand hinzugezogen werden muß. Wie sich aus dem "kann" ergibt, liegt es im Ermessen des FG, ob es von der Möglichkeit des § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO Gebrauch macht. Die Anordnung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO kann jedenfalls ergehen, wenn der Stpfl. zum sachgemäßen Vortrag seines Streitfalls und zur Stellung sachdienlicher Anträge nicht in der Lage ist. Daß diese Voraussetzungen beim Stpfl. erfüllt sind, hat das FG eingehend dargelegt. Seine Feststellungen und Rechtsausführungen geben keinen Anlaß zu Beanstandungen. Auch die Ausführungen des Stpfl. in der Beschwerdeinstanz sind verworren und lassen nicht erkennen, was er will.
Unter diesen Umständen konnte das FG ohne Rechtsverstoß von der Möglichkeit des § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO Gebrauch machen.
Der Senat ist im übrigen der Auffassung, daß das Gericht, das zur Entscheidung berufen ist, in erster Linie selbst beurteilen muß, ob es das Verfahren nur bei Zuziehung eines steuerlich gewandten Vertreters glaubt einwandfrei abwickeln zu können. Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO ist jedoch nur die Anordnung zulässig, daß "ein Bevollmächtigter bestellt oder ein Beistand hinzugezogen werden muß". Es kann also nicht, wie es das FG getan hat, die Bestellung eines "Steuerberaters oder eines Steuerbevollmächtigten" angeordnet werden. Der Stpfl. kann auch einen anderen Bevollmächtigten zuziehen, z. B. einen Rechtsanwalt. Er kann sich ferner eines Bevollmächtigten bedienen, der nicht beruflich als Vertreter in Steuersachen auftritt. Einen solchen Vertreter kann allerdings das Gericht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO zurückweisen, wenn ihm die Fähigkeit zur geeigneten schriftlichen oder mündlichen Vertretung fehlt.
Danach war die Beschwerde mit der Massgabe als unbegründet zurückzuweisen, daß die Anordnung auf die Bestellung eines Bevollmächtigten zu beschränken war.
Fundstellen
Haufe-Index 412442 |
BStBl III 1967, 289 |
BFHE 1967, 72 |
BFHE 88, 72 |