Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweisanforderungen für den Behinderten-Pauschbetrag
Leitsatz (NV)
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pauschbetrages für Körperbehinderte sind durch einen Schwerbehindertenausweis nachzuweisen. Dieser beruht auf den zuvor vom Versorgungsamt getroffenen Feststellungen, an die die Finanzbehörden gebunden sind. Den Finanzbehörden fehlt die Sachkunde zur eigenständigen Prüfung der medizinischen Sachverhalte.
Normenkette
AO 1977 § 171 Abs. 10; EStG §§ 33, 33b Abs. 6; EStDV § 65; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§132 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Sie hat innerhalb der Beschwerdefrist keine Zulassungsgründe entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hinreichend substantiiert geltend gemacht (§115 Abs. 2 Nr. 1 und 3, Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 892, ständige Rechtsprechung). Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt dann, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat. In diesem Fall hat die Beschwerde allerdings in der Begründung substantiiert darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser (bereits entschiedenen) Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist. Dazu ist es erforderlich, daß der Kläger, ausgehend von der Entscheidung des BFH im einzelnen in der Beschwerdeschrift konkret darlegt, welche neuen gewichtigen rechtlichen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage in welcher Entscheidung der Finanzgerichte und/oder dem Schrifttum vorgetragen werden, die der BFH bisher noch nicht geprüft hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406, 407, und vom 20. Dezember 1995 VIII B 83/95, BFH/NV 1996, 468, m.w.N.). Es genügt auch nicht die bloße Behauptung, die betreffende Rechtsfrage sei bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt. Auch in einem solchen Fall ist eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten, im Schrifttum und der Rechtsprechung der Finanzgerichte dazu vertretenen Auffassungen notwendig (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 892).
b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der BFH hat wiederholt erkannt, daß nach §33b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. §65 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Pauschbetrages für Körperbehinderte nach §33b EStG aufgrund des Schwerbehindertenausweises nachzuweisen sei. Die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises beruhe auf den vom Versorgungsamt dafür zuvor getroffenen Feststellungen, an die die Finanzbehörden gebunden seien, da ihnen die Beurteilung medizinischer Sachverhalte zugrunde liege, die diese mangels eigener Sachkunde nicht selbst prüfen könnten. Die Feststellungsbescheide des Versorgungsamtes stellten insoweit Grundlagenbescheide i.S. des §171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977) dar (vgl. BFH-Urteile vom 22. September 1989 III R 167/86, BFHE 158, 375, BStBl II 1990, 60, zu §33b Abs. 3 EStG; vom 5. Februar 1988 III R 244/83, BFHE 152, 488, BStBl II 1988, 436, zu §33b Abs. 3 Satz 3 EStG und zum Merkmal der "Hilflosigkeit", wonach Bescheide anderer Behörden, z.B. amtsärztliche Gutachten, zum Nachweis der gesundheitlichen Merkmale, von denen die Gewährung des erhöhten Pauschbetrages abhänge, nicht geeignet seien; vom 13. Dezember 1985 III R 204/81, BFHE 145, 545, BStBl II 1986, 245, m.w.N.).§
33b EStG eröffne dem Steuerpflichtigen lediglich ein Wahlrecht, anstelle der ebenfalls möglichen Berücksichtigung höherer nachgewiesener oder glaubhaft gemachter Einzelaufwendungen nach §33 EStG, für die ihm durch die Behinderung erwachsenden Aufwendungen einen Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen. Die Pauschbetragsregelung des §33b EStG diene damit vor allem der Verwaltungsvereinfachung. Sie bedeute gleichzeitig eine Erleichterung für den Steuerpflichtigen, der die entsprechenden Aufwendungen nicht nachzuweisen brauche, und erübrige regelmäßig die Entscheidung schwieriger Abgrenzungsfragen darüber, welche Aufwendungen infolge der Behinderung erwachsen seien (vgl. BFH- Urteil in BFHE 158, 375, BStBl II 1990, 60, unter Ziff. II. 1. b bb der Gründe). Im Schrifttum werden gegen diese Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gleichfalls keine Bedenken erhoben (vgl. Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., §33 b Rz. 10 -- 1 -- und -- 4 --; Blümich/Oepen, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., §33b Rz. 19 und 22; Schmieszek in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, §33b Rz. 45, 92 und 95).
Die Beschwerde setzt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Fachschrifttum nicht auseinander. Sie legt damit auch nicht klar, daß und warum die bereits geklärte Rechtsfrage erneut klärungsbedürftig geworden sein soll. Vielmehr trägt der Kläger nach der Art einer Revisionsbegründung vor, weshalb er die von der gesetzlichen Regelung ausgehende Beurteilung des Streitfalls durch das FG für sachlich unzutreffend und eine abweichende Auslegung für geboten erachtet. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird indessen nicht bereits mit der Behauptung einer sachlichen Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils dargetan (vgl. BFH- Beschluß vom 14. Oktober 1992 III B 16/92, BFH/NV 1993, 546, ständige Rechtsprechung).
2. Die Beschwerde hat auch keinen Verfahrensmangel in Form einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das FG entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet.
Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung von dem materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen, soweit nicht in bezug auf diesen zulässige und begründete Rügen erhoben worden sind (vgl. BFH-Beschluß vom 22. September 1993 VIII B 38/93, BFH/NV 1994, 387; ferner zu den weiteren Anforderungen an eine Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §76 Abs. 1 Satz 1 FGO BFH-Beschluß vom 9. Februar 1996 X B 199/95, BFH/NV 1996, 620).
Die Beschwerde räumt bereits selbst ein, das FG sei mit Rücksicht auf dessen Auffassung den Beweisanträgen des Klägers nicht nachgegangen. Der Senat kann unter diesen Umständen offenlassen, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Verfahrensrüge hinreichend dargetan wären, vor allem ein fehlender Rügeverzicht nach §295 der Zivilprozeßordnung i.V.m. §155 FGO durch die Nichtteilnahme des Klägers an der mündlichen Verhandlung (vgl. dazu BFH- Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, m.w.N.; ferner Sitzungsniederschrift vom 11. Dezember 1997 und Aktenvermerk der Einzelrichterin vom 5. Dezember 1997).
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.
Fundstellen