Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe; Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Prozeßkostenhilfe kann nicht bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
2. Auch bei der Einlegung einer Beschwerde muß sich der Beteiligtedurch einen Rechtsanwalt, Steuerberateroder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Sätze 1-2
Tatbestand
Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte am 16. April 1985 beim Finanzgericht (FG), ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen für die von ihm 1982 erhobene
a) Anfechtungsklage wegen Festsetzung von 6 300 DM Grunderwerbsteuer,
b) Verpflichtungsklage wegen Erlasses von 189 DM Säumniszuschlägen.
Er sei 1939 geboren, unverheiratet und beziehe seit 1985 vom Sozialamt der Stadt A Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG -).
Das Streitverhältnis ist jeweils folgendes:
a) Der Kläger hatte am 31. März 1982 ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück für 300 000 DM gekauft. Dem Kaufvertrag beigefügt war eine nicht notariell beurkundete Vereinbarung, wonach der Kläger an den Verkäufer weitere 90 000 DM zu zahlen hatte für die Beteiligung des Verkäufers an der erheblichen Wertsteigerung, die das Grundstück durch die vom Kläger auszuführenden Instandsetzungsarbeiten erfahren würde. Das Finanzamt (FA) hatte durch Bescheid vom 2. Juni 1982 die Grunderwerbsteuer - ausgehend von einem Wert der Gegenleistung von 300 000 DM + 90 000 DM = 390 000 DM und unter Berücksichtigung des Freibetrags von 300 000 DM gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 des damals geltenden Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) - auf 7 v. H. aus 90 000 DM = 6 300 DM festgesetzt, den Einspruch zurückgewiesen.
b) Das FA hatte den Kläger durch Bescheid vom 17. September 1982 aufgefordert, die rückständige Grunderwerbsteuer einschließlich 189 DM Säumniszuschläge zu entrichten.
Das FG hat es durch Beschluß vom 24. April 1985 III 2/85 S abgelehnt, dem Kläger PKH zu bewilligen für die Klageverfahren wegen Grunderwerbsteuer (FG III 552/82) und wegen Säumniszuschlägen (FG III 553/82). Die Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Am gleichen Tage hat es die Anfechtungsklage als unbegründet, die Verpflichtungsklage als unzulässig abgewiesen.
a) Der angefochtene Steuerbescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe die 90 000 DM dafür gezahlt, daß der Verkäufer ihm die Möglichkeit eingeräumt habe, durch die Aufwendung von Renovierungskosten den Wert des Grundstücks zu erhöhen. Diese Möglichkeit habe der Kläger auf Grund des Kaufvertrags erhalten. Demzufolge sei die Zahlung der 90 000 DM eine vom Käufer übernommene sonstige Leistung und gehöre gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 des damals in Niedersachen geltenden Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zur Gegenleistung, von deren Wert die Grunderwerbsteuer zu berechnen sei.
b) Die Verpflichtungsklage sei unzulässig, weil ihr kein Vorverfahren vorangegangen sei.
Mit seiner Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluß des FG (PKH) - BFH II B 40/85 - macht der Kläger geltend, sein mit der Anfechtsungsklage verfolgtes Begehren biete hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das ergebe sich aus der Klagebegründung und aus folgendem Sachverhalt: Auf dem von ihm erworbenen Grundstück habe die seit dem 1. Februar 1981 ,,bestehende und sich seither gut entwickelt habende A-Verkaufsleitung" eingerichtet werden sollen. Das sei jedoch daran gescheitert, daß die A-Versicherung sich hinter seinem (des Klägers) Rücken mit der B-Versicherung verständigt habe, die an seinem wirtschaftlichen Mißerfolg interessiert gewesen und die Vernichtung seiner Existenz verfolgt habe. Er sei einem Wirtschaftsbetrug zum Opfer gefallen.
Am 25. Oktober 1982 sei die Zwangsversteigerung des Grundstücks eingeleitet worden. Mit seinen Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend,
a) das Urteil FG III 552/82 könne auf einem Verfahrensmangel beruhen, nämlich auf dem Mangel unzureichender Erforschung des Sachverhalts. Infolge dieses Mangels sei das FG davon ausgegangen, daß ,,der Betrag von 90 000 DM gezahlt" worden sei, in Wahrheit sei er aber nicht gezahlt worden,
b) das Urteil FG III 553/82 berücksichtige nicht hinreichend, daß er infolge der angedrohten Zwangsvollstreckung sofort Klage habe erheben müssen.
Entscheidungsgründe
Der Senat würdigt den Vortrag des Klägers dahingehend, daß er nicht nur Beschwerde gegen den Beschluß des FG vom 24. April 1985 III 2/85 S einlegen, sondern auch um Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren und um Beiordnung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters für dieses Verfahren nachsuchen wollte (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499).
Die Verfahren werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden (§§ 121, 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH ist nicht begründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung des Antrags auf PKH durch das FG) bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Zwar fehlt die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht schon deshalb, weil der Kläger bei Einlegung der Beschwerde - entgegen der Vorschrift des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) - nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten war und demzufolge die Beschwerde unzulässig ist. Denn dem Kläger könnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist gewährt werden (§§ 56, 129 FGO), falls er (durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten) erneut Beschwerde einlegte und gleichzeitig den entsprechenden Wiedereinsetzungsantrag stellte, so daß im Hinblick auf diese dann zulässig eingelegte Beschwerde die bisher vom Kläger (ohne Prozeßbevollmächtigten) eingelegte Beschwerde unbeachtlich wäre. Aber die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt deshalb, weil selbst eine zulässige Beschwerde des Klägers unbegründet wäre.
Denn das FG hat zutreffend dargelegt, daß die Anfechtungsklage (FG III 552/82) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Der vom FG festgestellte Sachverhalt und seine rechtliche Würdigung lassen keine Rechtsverletzung erkennen. Ob die in § 17 des damals geltenden GrEStG bezeichneten Voraussetzungen gegeben waren mit der Folge, daß die Grunderwerbsteuer nicht zu erheben oder zu erstatten war, hatte das FG in dem bei ihm anhängigen Verfahren FG III 552/82 nicht zu prüfen. Hinzu kommt, daß der Kläger noch im November 1982, also mehrere Monate nach Bekanntgabe des Steuerbescheids, ,,die Vertragserfüllung . . . mit allem Nachdruck weiterhin gefordert" hat, so daß der Sachverhalt nicht jenem gleicht, über den der Senat in seinem Urteil vom 26. Februar 1975 II R 173/71 (BFHE 116, 50, BStBl II 1975, 675) entschieden hat. Aus dem gleichen Grunde brauchte das FG in dem Verfahren FG III 552/82 nicht der Behauptung des Klägers nachzugehen, er sei einem Wirtschaftsbetrug zum Opfer gefallen (vgl. in diesem Zusammenhang BFH-Urteil vom 27. Januar 1982 II R 119/80, BFHE 135, 224, BStBl II 1982, 425).
Auch hinsichtlich der Verpflichtungsklage (FG III 553/82) hat das FG zutreffend dargelegt, daß die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das Vorbringen des Klägers im Beschwerdeverfahren führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
2. Die Beschwerde gegen den Beschluß des FG, dem Kläger PKH nicht zu bewilligen (BFH II B 40/85), ist unzulässig, weil der Kläger bei ihrer Einlegung nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten war (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG). Selbst wenn der Kläger sie erneut (vertreten durch einen Prozeßbevollmächtigten) einlegte und auf seinen Antrag wegen schuldloser Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhielte (§ 56 FGO), wäre die Beschwerde unbegründet, und zwar aus den bereits unter 1. dargelegten Gründen.
3. Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision (BFH II B 42/85) im Urteil FG III 552/82 und gegen die Nichtzulassung der Revision (BFH II B 41/85) im Urteil FG III 553/82 sind unzulässig, weil der Kläger bei ihrer Einlegung nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten war (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG).
Fundstellen
Haufe-Index 414165 |
BFH/NV 1986, 355 |