Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Liebhaberei; Tatsachenwürdigung
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, nach welchen Kriterien zu entscheiden ist, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht handelt oder eine steuerrechtlich unbeachtliche Tätigkeit (sog. Liebhaberei) betreibt, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen obliegen allein dem FG.
2. Dessen Tatsachen- und Beweiswürdigung kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind.
3. Die Frage, ob der anzustrebende Totalgewinn eines Unternehmens alle Perioden von der Gründung bis zum Untergang erfassen muss oder ob einzelne Zeitabschnitte außer Betracht gelassen werden dürfen, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der BFH hat mehrfach darauf hingewiesen, dass das Merkmal der Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht veranlagungszeitraumbezogen zu prüfen ist; die Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht kann daher von Anfang an fehlen oder erst später wegfallen oder erst fehlen und dann einsetzen.
4. Die Rüge, das FG verstoße gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung, bezeichnet keinen Verfahrensfehler sondern falsche materielle Rechtsanwendung, die nicht zur Zulassung der Revision führt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 15
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 18.02.2008; Aktenzeichen 10 K 2714/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht gegeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Auch ist dem Finanzgericht (FG) kein Verfahrensfehler unterlaufen.
1. Die Frage, nach welchen Kriterien zu entscheiden ist, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht handelt oder eine steuerrechtlich unbeachtliche Tätigkeit (sog. Liebhaberei) betreibt, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt und hat keine grundsätzliche Bedeutung. Seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) ist der Liebhabereibegriff subjektiv zu verstehen, d.h. entscheidend sind stets die individuellen Verhältnisse des einzelnen Steuerpflichtigen. Hiernach ist es --jedenfalls bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise in der Nähe eines Hobbybereichs anzusiedeln sind-- für die Verneinung der Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreichend, dass der Steuerpflichtige mit seiner Tätigkeit langjährige Verluste erzielt. Vielmehr muss für die Annahme der Liebhaberei hinzukommen, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (vgl. u.a. Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; BFH-Urteile vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455; vom 21. Juli 2004 X R 33/03, BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063, und vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, jeweils m.w.N.).
Dabei obliegen die entsprechenden Feststellungen, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat oder nicht, allein dem FG. Dessen Tatsachen- und Beweiswürdigung kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (BFH-Urteile vom 22. April 1997 IX R 17/96, BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650, m.w.N.; vom 26. Januar 2000 IX R 77/98, BFH/NV 2000, 1081).
a) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Das gilt insbesondere für die von ihr als grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob der anzustrebende Totalgewinn eines Unternehmens alle Perioden von der Gründung bis zum Untergang erfassen muss oder ob einzelne Zeitabschnitte außer Betracht gelassen werden dürfen. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) darauf hingewiesen, dass das Merkmal der Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht veranlagungszeitraumbezogen zu prüfen ist; die Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht kann daher von Anfang an fehlen oder erst später wegfallen oder erst fehlen und dann einsetzen. Von diesen Grundsätzen ist ersichtlich auch das FG ausgegangen.
b) Unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung ist das FG auch davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten in wesentlichen Bereichen Kosten betreffen, die enge Beziehungen zum Privaten aufweisen und die nebenberufliche Tätigkeit der Klägerin damit die Möglichkeit eröffnet, Kosten der privaten Lebensführung in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern. Die Wertung des FG, für die Ausübung der freiberuflichen "Nebentätigkeit" der Klägerin seien daher auch persönliche Gründe ausschlaggebend, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und weicht nicht von der Rechtsprechung des BFH ab.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Entscheidung des BFH weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Das FG hat seiner Entscheidung die ständige BFH-Rechtsprechung zur sog. Liebhaberei zugrunde gelegt und ist nach gründlicher Abwägung der Umstände des Einzelfalles zu dem Schluss gekommen, die Klägerin habe nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Diese Schlussfolgerungen verstoßen nicht gegen die Denkgesetze; sie sind --selbst wenn sie nicht zwingend sein sollten-- jedenfalls möglich und binden daher das Revisionsgericht (vgl. die vorstehenden Ausführungen zu 1.). Es könnte deshalb allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des Streitfalles vorliegen. Das reicht aber grundsätzlich für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 6. April 1995 VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137, m.w.N.; vom 25. November 1999 I B 34/99, BFH/NV 2000, 677, unter 2.b der Gründe).
Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Klägerin, das FG habe zu Unrecht den hohen Gewinn des Jahres 1996 für die Totalgewinnprognose außer Acht gelassen, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des BFH ist nämlich geklärt, dass der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose nur bei neu eröffneten Betrieben mit Anlaufverlusten die gesamte Lebensdauer des Unternehmens von der Gründung bis zur voraussehbaren Aufgabe oder Veräußerung umfassen kann, während er sich bei Betrieben, die erst nach Jahren in die Verlustzone geraten, ausschließlich auf die verbleibenden Jahre beschränken muss. Daher sind die in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinne für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht in späteren Jahren und die notwendigerweise in die Zukunft gerichtete Totalgewinnprognose ohne Bedeutung (BFH-Urteil in BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455).
Mit dieser Rechtsprechung steht die Würdigung des FG in Einklang, die durch hauptberufliche Tätigkeit erzielten Gewinne früherer Jahre seien für die Beurteilung der späteren verlustbehafteten nebenberuflichen Tätigkeit außer Betracht zu lassen, zumal das FG konkrete Bemühungen, künftig positive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu erzielen, nicht feststellen konnte.
Soweit die Klägerin erstmals mit der Nichtzulassungsbeschwerde vortragen lässt, sie sei ab 2007 wieder hauptberuflich selbstständig tätig, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann.
Die Vorinstanz weicht auch nicht von den Urteilen des FG München vom 25. November 2003 2 K 4831/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 802) und des FG Düsseldorf vom 4. Juni 2002 3 K 3044/98 (EFG 2002, 1227) ab. Denn weder hat das FG einen Rechtssatz aufgestellt, der von dem behaupteten Rechtssatz des FG München abweicht, wonach ein objektiv bestehender Totalgewinn regelmäßig die Annahme einer Liebhaberei ausschließt noch hat es einen Rechtssatz aufgestellt, der den Ausführungen des FG Düsseldorf widerspricht.
Im Übrigen erfüllt die Beschwerdeschrift insoweit die Darlegungsanforderungen auch nicht. Denn für den Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hätte die Klägerin in der Beschwerdebegründung die tragenden Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der (angeblichen) Divergenzentscheidungen so herausarbeiten und gegenüberstellen müssen, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. September 2002 V B 51/02, BFH/NV 2003, 212; vom 7. Juli 2003 VIII B 228/02, BFH/NV 2003, 1440; vom 21. Oktober 2005 VIII B 295/04, BFH/NV 2006, 339). Daran fehlt es.
3. Das angefochtene Urteil leidet auch nicht unter Verfahrensfehlern.
a) Die Rüge, das Urteil der Vorinstanz beruhe auf einem unzutreffenden Tatsachenbild, weil das FG die in den Steuerbescheiden zu Tage getretene Rechtsauffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), die Tätigkeit der Klägerin sei wegen Ansatzes eines Betriebsergebnisses aus selbstständiger Tätigkeit mit 0 DM den steuerlich erheblichen Einkünften und nicht der Sphäre der Liebhaberei zuzuordnen, außer Acht gelassen und damit gegen die Denkgesetze verstoßen habe, ist unbegründet. Die Klägerin unterstellt damit einen Sachverhalt, von dem das FG gerade nicht ausgegangen ist. Das zeigt bereits die Formulierung im FG- Urteil: "Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob … bei der Einkommensteuerveranlagung der Klägerin Verluste aus einer nebenberuflichen Tätigkeit … steuerlich anzuerkennen sind". Überdies lässt die Klägerin den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 19. September 2005 außer Betracht. Darin sind Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nicht enthalten.
b) Der von der Klägerin gerügte Verstoß des FG gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung kann die Zulassung der Revision ebenfalls nicht rechtfertigen. Darin liegt nämlich nicht die Geltendmachung eines Verfahrensfehlers, sondern falscher materieller Rechtsanwendung, die nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom 4. August 1999 IV B 96/98, BFH/NV 2000,70). Denn sowohl die Sachverhalts- und Beweiswürdigung als auch die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Beweislastverteilung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).
c) Nicht begründet ist auch die Rüge der Klägerin, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Das betreffe insbesondere ihre Gespräche mit Agenturen, der Verlagsgruppe X, Y und Z. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass das FG "auf das Ergebnis schielend" unaufgeklärt gebliebene Tatsachen zum Nachteil der Klägerin verwendet hat. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Urteils (Bl. 10, 11 FG-Urteil) ergibt, hat sich das FG mit dieser Problematik ausdrücklich befasst und darauf hingewiesen, die Klägerin habe bereits im Vorverfahren entsprechende Fragen zu ihren Betriebsausgaben nur allgemein und ohne jegliche Konkretisierung bzw. gar nicht beantwortet; auch im Klageverfahren habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Aufgrund dieser und anderer Umstände (fehlendes Unternehmenskonzept, Anführung privater Gründe) sowie nicht zuletzt aufgrund der ausdrücklichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, aus Rechtsgründen bestehe keine Notwendigkeit, entsprechende Fragen des FA zu beantworten, ist das FG dann in Verbindung mit weiteren Gesichtspunkten zu dem Schluss gekommen, die Klägerin habe nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist das nicht zu beanstanden. Wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich gehalten hätte, so hätte er im Übrigen die Möglichkeit gehabt, entsprechende Beweisanträge zu stellen. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ist das aber nicht geschehen.
d) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung des FG hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Das FG ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht verpflichtet, die für seine Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten, vielmehr müssen die Beteiligten alle vertretbaren Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Das gilt umso mehr, wenn diese durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder --wie hier-- durch einen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht vertreten sind.
Fundstellen