Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Geschäftsführers wegen Überwachungsverschuldens bei Beauftragung eines Steuerberaters
Leitsatz (NV)
Mit der bloßen Behauptung, die Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Abgabe einer fehlerhaften Umsatzsteuervoranmeldung sei mangels Verschuldens zu verneinen, weil er keinen Anlass gehabt habe, die steuerliche Korrektheit der Arbeit eines beauftragten Steuerberaters infrage zu stellen, kann die Divergenz zur Rechtsprechung des BFH nicht dargelegt werden, wenn das FG das haftungsbegründende Verschulden des Geschäftsführers wegen Verletzung seiner Pflicht zur Überwachung des Steuerberaters bejaht hat.
Normenkette
AO §§ 69, 34; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Geschäftsführer einer GmbH, die später liquidiert und im Handelsregister gelöscht worden ist. Eine Außenprüfung bei der GmbH ergab, dass mit der Umsatzsteuervoranmeldung für August 1996 und anschließend in der Umsatzsteuerjahreserklärung ein Betrag von ca. einer halben Mio. DM steuerpflichtige Tageseinnahmen als steuerfreie Ausfuhrlieferungen erklärt worden waren. Wegen der daraus resultierenden Abgabenforderungen nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger in Haftung. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger im Wesentlichen ein Fehlverhalten des beauftragten Steuerberaters, für das er nicht einzustehen habe, geltend machte, blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) nahm eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Klägers an, weil er es offensichtlich unterlassen habe, die ihn als Geschäftsführer persönlich treffende Verpflichtung, Angaben in der Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen zu machen, dadurch zu erfüllen, dass er sich über die Richtigkeit der von seinem steuerlichen Berater vorgenommenen Eintragungen vergewisserte. Bei der gebotenen Durchsicht der Jahreserklärung und beim Studium des Jahresabschlusses hätte dem Kläger im Vergleich zum Vorjahr sofort auffallen müssen, dass die als steuerfreie Ausfuhrlieferungen angeführten Umsätze nicht zutreffen konnten. Darauf, ob die fehlerhafte Verbuchung auf einem Fehlverhalten des steuerlichen Beraters beruht, komme es deshalb nicht an.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das FG habe seine Haftung in Abweichung zum Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Mai 2004 VII B 318/03 (BFH/NV 2004, 1363) bejaht. Danach entfalle ein Verschulden des Geschäftsführers, wenn er keinen Anlass gehabt habe, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten Steuererklärung zu überprüfen. So habe es im Streitfall gelegen.
Entscheidungsgründe
II. Ungeachtet der Mängel in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision liegt der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund der die Rechtseinheit gefährdenden Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO jedenfalls nicht vor.
Das FG ist mit seiner Entscheidung, den Kläger könne im Streitfall nicht entlasten, dass er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten einer Steuerkanzlei bedient hat, nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen. In den vom FG in Bezug genommenen Entscheidungen vom 30. August 1994 VII R 101/92 (BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278), vom 20. April 2006 VII B 163/05 (BFH/NV 2006, 1439) und vom 25. Juni 1997 VIII B 35/96 (BFH/NV 1998, 8), aber auch in dem in der Beschwerde zur Begründung der Divergenz genannten Beschluss in BFH/NV 2004, 1363 hat der BFH ausgeführt, dass dem Geschäftsführer einer GmbH als Haftungsschuldner zwar ein Verschulden des steuerlichen Beraters der GmbH bei der Fertigung von Steuererklärungen nicht zugerechnet werden kann. Gleichwohl haftet er für eine persönliche Verletzung der ihm (selbst) obliegenden Pflichten, insbesondere der Auswahl- und Überwachungspflicht bezüglich derjenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm auferlegten steuerlichen Pflichten übertragen hat. Für den Fall der Unterzeichnung einer von einem Steuerberater gefertigten Umsatzsteuererklärung kann eine Haftung des die Unterschrift leistenden Geschäftsführers einer GmbH in Betracht kommen, wenn er selbst nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls Anlass und Möglichkeiten hatte, die Richtigkeit der Steuererklärung zu überprüfen.
Eben diese Konstellation hat das FG im Streitfall bejaht. Es hat eine haftungsbegründende Verletzung der Überwachungspflicht des Klägers darin gesehen, dass er sich bei Leistung der Unterschriften unter die Umsatzsteuererklärungen nicht der Richtigkeit der vom Steuerbüro eingetragenen Angaben vergewissert habe, obwohl ihm die Unrichtigkeit der im Vergleich zum Vorjahr um ein Vielfaches überhöhten Umsätze aus steuerfreien Ausfuhrlieferungen habe auffallen müssen. Dem setzt die Beschwerde allein die Behauptung entgegen, der Kläger habe keinerlei Anlass gehabt, die steuerliche Korrektheit der Arbeit des beauftragten Steuerberaters in Frage zu stellen. Eine von der eigenen abweichenden Würdigung von Tatsachen durch das FG oder dessen ggf. fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls oder bloße Subsumtionsfehler des FG sind aber nach § 115 Abs. 2 FGO keine Gründe, die zur Zulassung der Revision führen. Insbesondere reichen sie nicht aus, eine Divergenz geltend zu machen (BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2002 IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495).
Fundstellen
Haufe-Index 2059338 |
BFH/NV 2008, 1983 |